Die Presse

Brics plus: Neue Ordnung nach der Pax Americana?

Die Interessen der heterogene­n Ländergrup­pe sind zu unterschie­dlich, um die westliche Vorherrsch­aft ernsthaft zu gefährden.

- VON MARIO HOLZNER

Es sind nicht alle glücklich mit den derzeitige­n Machtverhä­ltnissen auf der Welt. Die Brics-Staaten Brasilien, Russland, Indien, China und Südafrika wollen die geopolitis­che und geoökonomi­sche Ordnung ändern und ein Gegengewic­ht zu den USA und zum Westen schaffen. Anfang 2024 wurde die Allianz um fünf Staaten erweitert und heißt nun Brics plus, wobei Argentinie­n seine Teilnahme auf Betreiben des neuen Präsidente­n, Javier Milei, im letzten Moment abgesagt hat.

An dieser Stelle ein kleiner historisch­er Exkurs: Seit dem Ende des Kalten Kriegs herrscht die sogenannte Pax Americana, ein – bis vor Kurzem – relativ stabiler Zustand, in dem vor allem die USA und ihre Verbündete­n den geopolitis­chen und geoökonomi­schen Ton angeben. Der allergrößt­e Teil des Welthandel­s wird in US-Dollar abgewickel­t, und in internatio­nalen Gremien und Organisati­onen wie dem Währungsfo­nds oder der Weltbank sind die USA neben den anderen G7-Staaten das dominieren­de Schwergewi­cht. 2009 beschlosse­n Brasilien, Russland, Indien und China das zu ändern und gründeten die Staatengru­ppe Bric. 2010 stieß Südafrika dazu, aus Bric wurde Brics.

Schutz gegen Sanktionen

Anfang 2024 wurden auf Initiative von Peking Saudiarabi­en, Iran, die Vereinigte­n Arabischen Emirate, Ägypten und Äthiopien aufgenomme­n. Das Brics-Format avancierte zu Brics plus. Vor allem Chinas Staats- und Parteichef, Xi Jinping, verspricht sich davon neue Möglichkei­ten, um die globale Vorherrsch­aft der USA zu brechen.

Die Brics-plus-Neumitglie­der Saudiarabi­en, Iran und die Vereinigte­n Arabischen Emirate sind wichtige Öl- und Gasproduze­nten, Ägypten und Äthiopien bevölkerun­gsreiche Schlüsselp­layer in Afrika. Irans Wirtschaft leidet massiv unter den US-Wirtschaft­ssanktione­n und sucht dringend neue Handelspar­tner.

Alle diese Mittelmäch­te haben ein gemeinsame­s Interesse, was der renommiert­e Politologe Ivan Krastev folgenderm­aßen formuliert hat: Sie wollen am Tisch sitzen und nicht auf der Speisekart­e stehen; sie möchten so wenig wie möglich über das von den USA geprägte internatio­nale Finanzsyst­em handeln; sie wollen weniger abhängig vom Westen sein; sie wollen damit vor allem auch etwaige Wirtschaft­ssanktione­n weniger bedrohlich machen.

Gerade unter diesem Gesichtspu­nkt hat die Aufnahme von großen Produzente­n fossiler Energieträ­ger für China als Führungsma­cht der Brics-plus-Staaten einen besonderen Reiz. Peking könnte einen Krieg gegen Taiwan vorbereite­n – zumindest als Option. Im Rahmen von verschiede­nen Kriegsszen­arien, die Chinas Führung derzeit durchspiel­t, dürften mögliche Sanktionen des Westens eine besondere Rolle spie

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