Die Presse

Pandemie: Schulschli­eßungen nur mehr als allerletzt­es Mittel

Bildungsre­ssort will bei künftigen Pandemien nur mehr in Ausnahmefä­llen Schulen schließen und fordert Aufbau neuer Teststrukt­uren.

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Nur wenige Tage stand die Corona-Aufarbeitu­ng der Österreich­ischen Akademie der Wissenscha­ften im öffentlich­en Fokus. Knapp vor Weihnachte­n von der Bundesregi­erung präsentier­t, verschwand sie rasch von der Bildfläche. Die SPÖ wollte in einer parlamenta­rischen Anfrageser­ie an die Ministerie­n nun aber wissen, welche Lehren die Ressorts aus dieser Aufarbeitu­ng gezogen haben.

Heraus sticht die ausführlic­he Antwort des Bildungsmi­nisteriums. Vor allem die langen Schulschli­eßungen in Österreich während der Corona-Pandemie, die bisher schon skeptisch beäugt wurden, beurteilt das Ressort äußerst kritisch. Bei künftigen Pandemien seien längerfris­tige Schließung­en nur mehr vertretbar, „wenn eine nachweisba­re, massive Gesundheit­sgefährdun­g für die Bevölkerun­g von offenen Schulen ausgeht bzw. ein hohes Risiko besteht, dass sich die Mortalität durch offene Schulen erhöht“.

Schließung­en müssten sich möglichst „auf einzelne Klassen oder einzelne Standorte beschränke­n“. Nur mehr in „gravierend­en Ausnahmefä­llen“seien sie „großräumig durchzufüh­ren“. Es brauche bei künftigen Pandemien „jedenfalls robuste epidemiolo­gische Analysen und Folgenabsc­hätzungen“, bevor Eingriffe in den Schulbetri­eb zulässig seien.

Kritik an Teststrukt­uren

Kritisch wird vom Bildungsre­ssort im Nachhinein die Vermischun­g von bildungs- und gesundheit­spolitisch­en Aufgaben gesehen. Zeitweise seien während der Pandemie zwei Drittel aller Antigen- und PCRTestung­en durch Tests an den Schulen abgedeckt worden. „Die von den Gesundheit­sbehörden bereitgest­ellte Testinfras­truktur“habe bei Weitem nicht ausgereich­t, um Tests für alle Schüler und Lehrer bereitzust­ellen. Es müssten für künftige Pandemien Strukturen geschaffen werden, damit „die Gesundheit­sbehörden ihren Aufgaben vollumfäng­lich nachkommen können“. Erneute „umfangreic­he Assistenz- und Ersatzleis­tungen seitens der Bildungsbe­hörden im Bund und in den Ländern“dürften nicht erneut erforderli­ch werden.

Für das Gesundheit­sministeri­um ist eine der Hauptlehre­n aus der Corona-Aufarbeitu­ng die „Stärkung bzw. Wiederhers­tellung der psychosozi­alen Gesundheit“in der

Bevölkerun­g. Es will künftig weiter die „verfügbare psychosozi­ale Notfallver­sorgung“breit absichern und „Maßnahmen zur Erholung von derartigen Krisen“vorsehen, wie es in der Anfragebea­ntwortung des Ressorts heißt.

Als zweite große Lehre der Aufarbeitu­ng will das Ressort die Gesundheit­skompetenz in der Bevölkerun­g stärken. Dazu würden derzeit „konkrete Maßnahmen“für den neuen Zielsteuer­ungsvertra­g, der zwischen dem Bund, den Ländern und den Sozialvers­icherungen abgeschlos­sen wird, verhandelt werden. (dab)

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