Klima: Europas Firmen haben Nachholbedarf
Die zu langsam voranschreitende Ökologisierung der Produktionsabläufe wird vor allem mit Geldmangel begründet.
Die europäischen Unternehmen gehen an die notwendige Ökologisierung ihrer Produktionsabläufe immer noch zu zögerlich heran. Dies ist das Fazit einer am gestrigen Dienstag veröffentlichten Studie, die die internationale Nichtregierungsorganisation CDP und das Beratungsunternehmen Oliver Wyman erstellt haben. Die Folge: Der zu langsame Umbau bringt die Wirtschaft der EU zusehends auf Kollisionskurs mit den ambitionierten Klimavorgaben der Union. Zur Erinnerung: Die EU will ab 2050 emissionsfrei wirtschaften, bis 2030 sollen der Ausstoß von Treibhausgasen um 55 Prozent gegenüber dem Referenzwert 1990 sinken.
Es fehlen 285 Mrd. Euro
Die von den Studienautoren untersuchten insgesamt 1600 Betriebe begründen die tiefer werdende Kluft zwischen Anspruch und Wirklichkeit primär mit Geldmangel. Gut die Hälfte der untersuchten Unternehmen, die in Wirtschaftsbranchen mit besonders hoher Emission aktiv sind (etwa Stahlproduktion oder Elektrizitätserzeugung) gaben an, ihr aktueller Zugang zum Kapital reiche nicht aus, um die für die Ökologisierung notwendigen Investitionen zu tätigen. Besonders bei den EU-Stromkonzernen ist der Fehlbetrag hoch: Von den geschätzten 1,9 Bio. Euro, die die gesamte Branche bis 2030 in den Ausstieg aus Kohle, Öl und Gas und den Umstieg auf Wind, Wasser und Sonne investieren muss, fehlen laut CDP und Wyman nach jetzigem Stand 285 Mrd. Euro.
Die Studie zeigt allerdings auch auf, dass die Konzerne zu wenig in Umweltmaßnahmen investieren. Demnach geben 70 Prozent der europäischen Unternehmen weniger als ein Viertel ihrer für Investitionen zur Verfügung stehenden Gelder für die Erreichung der Klimaziele aus. Als negatives Beispiel werden in der Studie die Automobilhersteller angeführt, die nur 59 Prozent ihrer Investitionen in die Entwicklung und Verbesserung von elektrischen Antrieben gewidmet haben, obwohl laut EU-Vorgaben der Ausstieg aus Verbrennungsmotoren in spätestens elf Jahren vollzogen werden muss.
Die Folge: Ohne zusätzliche Anstrengung dürften europäische Firmen nicht imstande sein, die Nachfrage nach ökologisch unbedenklichen Produkten zu erfüllen. So dürfte etwa die Stahlproduktion, die in der EU für fünf Prozent der CO2-Emissionen verantwortlich ist, 2035 nur zwei Drittel der prognostizierten Nachfrage nach „grünem“Stahl erfüllen können, wenn sie nicht mehr investiert.