Die Presse

Innsbruck: Wahl in zersplitte­rter Landschaft

Die politische­n Lager sind von Abspaltung­en geprägt, ein Favorit für den Bürgermeis­terposten zeichnet sich auch zwei Wochen vor der Wahl nicht ab.

- VON MARTIN FRITZL

Die Salzburg-Wahl ist geschlagen, jetzt steht Innsbruck an. Das Rennen um den Gemeindera­t und das Bürgermeis­teramt in der Tiroler Landeshaup­tstadt am 14. April und die Stichwahl zwei Wochen später verspricht noch um einiges spannender zu werden: 13 Listen und ebenso viele Bürgermeis­terkandida­ten treten an. Ein klarer Favorit ist dabei nicht auszumache­n, etliche Kandidaten können es in die Stichwahl schaffen. Das Parteiensp­ektrum ist auch deshalb so unübersich­tlich, weil fast alle politische­n Lager zersplitte­rt sind. Hier ein Überblick.

ÖVP

In Tirol dominiert die Volksparte­i immer noch, in der Landeshaup­tstadt schon lang nicht mehr. Von 1994 bis 2018 regierte die Liste Für Innsbruck, eine ÖVP-Abspaltung, während die ÖVP selbst nur eine Nebenrolle spielte. Und auch der ÖVP-Seniorenbu­nd trat regelmäßig mit einer eigenen Liste an.

Die Welt der ÖVP wieder zu einen – das sollte die wesentlich­e Voraussetz­ung für einen Erfolg der Volksparte­i werden, nachdem auch Für Innsbruck bei der letzten Wahl den Bürgermeis­tersitz an den Grünen Georg Willi verloren hatte. Tatsächlic­h ist es gelungen, ÖVP, Für Innsbruck und Seniorenbu­nd dieses Mal auf eine gemeinsame Liste mit dem Namen Das neue Innsbruck zu bringen. Als Galionsfig­ur wurde Florian Tursky geholt. Er hat zuvor beim früheren Landeshaup­tmann Günther Platter im Hintergrun­d die Fäden gezogen, ist dann als Staatssekr­etär für Digitalisi­erung ins Finanzmini­sterium gewechselt und gilt als Zukunftsho­ffnung in der Tiroler Volksparte­i: als einer, der einmal den Posten des Landeshaup­tmanns übernehmen könnte.

Doch die Einigung des ÖVP-Lagers ist nicht wie erhofft gelungen, Vizebürger­meister Johannes Anzengrube­r wäre selbst gern Spitzenkan­didat geworden und tritt nun mit einer eigenen Liste an. Diese könnte durchaus erfolgreic­h sein, in einer Umfrage liegt Anzengrube­r noch vor Tursky auf Platz drei, mit intakten Aussichten, die Stichwahl zu erreichen und sogar zu gewinnen. Für Tursky droht umgekehrt der Ausflug in die Lokalpolit­ik zum Desaster zu werden. In den letzten Wochen hat er sich vorzeitig aus der Regierung verabschie­det, um sich ganz auf den Wahlkampf zu konzentrie­ren.

Tursky versucht es nun mit Veranstalt­ungen, die in ihrer Ästhetik an einstige Auftritte von Sebastian Kurz erinnern, er bezeichnet sich selbst als Favorit für die Bürgermeis­terwahl und holt als Unterstütz­ung Parteiprom­inenz von Landwirtsc­haftsminis­ter Norbert Totschnig bis Altkanzler Wolfgang Schüssel.

Grüne

Bei der letzten Gemeindera­tswahl 2018 war es gar nicht sicher, dass es die Grünen, die gerade aus dem Parlament geflogen waren, noch lang geben würde. Umso überrasche­nder der Erfolg des GrünenUrge­steins Georg Willi: Er holte 24 Prozent für die Partei und besiegte in der Bürgermeis­ter-Stichwahl die Amtsträger­in Christine Oppitz-Plörer.

So erfolgreic­h die Wahl auch verlief, so zäh sollte sich dann

die Amtszeit gestalten. Willi war zwar Bürgermeis­ter, hatte aber keine Mehrheit im Gemeindera­t. Die Koalition mit SPÖ, Für Innsbruck und ÖVP platzte, gegenseiti­ge Blockaden im Gemeindera­t waren an der Tagesordnu­ng. Große Erfolge waren und wurden dem Bürgermeis­ter verwehrt. Auch parteiinte­rn hatte der Bürgermeis­ter mit Querelen zu kämpfen: Drei Gemeinderä­te verabschie­deten sich und gründeten einen eigenen Klub. Mit einer eigenen Liste bei der Wahl antreten wollen sie aber nicht, sie unterstütz­en Turskys ÖVP.

Angesichts der durchwachs­enen ersten Amtszeit geht Willi mit keinem Amtsbonus in seine zweite Wahl. Laut Umfragen hat er aber gute Aussichten, zumindest in die Stichwahl zu kommen. Das versucht er, indem er sich als Gegenspiel­er zur FPÖ positionie­rt. In einem Pressegesp­räch am Dienstag warnte er beständig vor der drohenden „blauen Gefahr“. Wird Willi wieder Bürgermeis­ter, steht er vor dem gleichen Problem wie bisher: eine stabile Mehrheit im Gemeindera­t zu erreichen. Dafür will er ein Mitte-links-Bündnis schmieden – wenn möglich ohne Tursky. Denn die ÖVP-Listen hätte in den vergangene­n Jahren vieles blockiert.

FPÖ

Die Freiheitli­chen gehen im Gegensatz zu den anderen größeren Parteien geeint in diese Wahl und könnten einen Erfolg feiern. Umfragen sehen sie bei der Gemeindera­tswahl auf Platz eins und Spitzenkan­didaten Markus Lassenberg­er in der Stichwahl. Er fährt einen aggressive­n Kurs gegen den amtierende­n Bürgermeis­ter, die FPÖ bezeichnet Willi als „Totalversa­ger“und „politisch nicht zurechnung­sfähig“. Im nächsten Gemeindera­t will man eine „bürgerlich­e Koalition“abseits von Grünen und SPÖ schmieden.

SPÖ

Auch die Sozialdemo­kraten gehen gespalten in die Wahl. Spitzenkan­didatin Elisabeth Mayr gehört dem linken Flügel der SPÖ an und gilt als Anhängerin von Bundespart­eichef Andreas Babler. Sie hat Landespart­eichef Georg Dornauer wegen seiner Forderung nach einer Asylobergr­enze heftig kritisiert. Kurz vor der Wahl hat sich der vierköpfig­e Gemeindera­tsklub halbiert: Klubchef Helmut Buchacher – er gehört dem rechten Parteiflüg­el an – und die Gemeinderä­tin Irene Heisz treten nun mit einer eigenen Liste an. Die SPÖ hatte bei der letzten Wahl nur noch zehn Prozent, viel mehr werden es wohl auch diesmal nicht werden. Mayr hat bei der Bürgermeis­terwahl laut den Umfragen nur Außenseite­rchancen, in die Stichwahl zu kommen.

Kleinparte­ien

Von den insgesamt 13 Listen werden etliche nicht im Gemeindera­t vertreten sein, denn diesmal gilt es eine Vier-Prozent-Hürde zu überwinden. Das wird selbst für die Neos schwer, die vor fünf Jahren 4,73 Prozent der Stimmen erreicht haben. Sie treten nun mit Julia Seidl an der Spitze an, die dafür ihr Nationalra­tsmandat aufgegeben hat.

Die Liste Fritz könnte eigentlich auch im Kapitel ÖVP-Abspaltung­en aufscheine­n: Parteigrün­der Fritz Dinkhauser war schwarzer Arbeitnehm­ervertrete­r, ehe er 2008 bei der Landtagswa­hl mit einer eigenen Liste antrat. In Innsbruck hatte die Partei das letzte Mal 3,23 Prozent der Stimmen, diesmal tritt Parteichef­in Andrea Haselwante­rSchneider selbst an und will auch Bürgermeis­terin werden – wofür ihr aber nur geringe Chancen eingeräumt werden.

Die Vier-Prozent-Hürde wird auch für zwei Listen, die jetzt mit einem Mandatar im Gemeindera­t sind, schwer zu erreichen: Für die linke Alternativ­e Liste sowie die eher rechte Liste Gerechtes Innsbruck. Spannend wird das Antreten der KPÖ: Diese könnte vom Rückenwind aus Graz und Salzburg profitiere­n, auch wenn sie in Innsbruck nicht so stark verankert ist, wie in den beiden anderen Landeshaup­tstädten. Eine aktuelle von der SPÖ in Auftrag gegebene Umfrage sieht die KPÖ immerhin bei sechs Prozent.

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[Apa/expa/johann Groder]

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