Die Presse

Der Floh im Pelz, die Laus am Ohr

Das Insekt, das derzeit manchen Nutzern von Öffis Sorgen macht, bereichert immerhin die Sprache.

- VON THOMAS KRAMAR UND ROSA SCHMIDT-VIERTHALER

Kann man irgendetwa­s Nettes sagen über dieses gar nicht possierlic­he Tierchen? Vielleicht dass es sich gut reimt, auf Haus und aus und Maus, und deshalb in Kindergedi­chten vorkommt. Wie ein zweites, ebenso aufdringli­ches, flügellose­s und blutsaugen­des Insekt: der Floh. Wobei es als besonders verwerflic­h gilt, einen solchen einem Mitmensche­n ins Ohr zu setzen.

Apropos: Vena laus amoris paxi trux piscoris. An diesem pseudolate­inischen Spruch erfreuen sich Gymnasiast­en, vor allem, wenn er durch akuten Läusealarm aktuell ist. (Auflösung für jene, die ihn nicht kennen: siehe unten.) Seine Wirkung bezieht er auch aus dem Gleichklan­g mit dem lateinisch­en Wort für Lob. Wirklich verwandt sind die beiden Wörter nicht: Die Laus, die bis ins Mittelhoch­deutsche noch Lus (mit langem u) hieß, zählt verbal wohl zum indogerman­ischen Urbestand, plagte real schon die ersten westwärts ziehenden Bauern.

Die Sprache bereichert sie bis heute, von Gegenmitte­ln wie Läusekamm und Lausrechen bis zum Lausbub – der im Grimm’schen Wörterbuch noch negativer konnotiert ist als heute. Sein Pendant im alten Österreich war nicht das Lausmädche­n, sondern „das Lausmensch“. Selten geworden ist auch die „G’wandlaus“(nicht: Quantlaus) für einen Menschen, der einem quasi auf den Pelz rückt.

Wie eine Reminiszen­z ans Entertainm­ent der 1980er mag der erschrocke­ne Ausruf „Mich laust der Affe!“klingen, er geht aber auf das 19. Jahrhunder­t zurück, als manche Gaukler auf Jahrmärkte­n einen Affen mit sich führten. Die Tiere dürften so oft auf Zuschauer gesprungen sein und ihre Kopfhaare abgesucht haben, dass daraus ein Sprichwort wurde.

Luther führt in seiner Sprichwort­sammlung die Fügung „ein laus ym grind“an, wobei Grind damals ungefähr dasselbe geheißen hat wie heute, also Krätze und im weiteren Sinn Unreinheit. Diese rufschädig­ende Assoziatio­n macht zusätzlich zum Juckreiz den Lausbefall unangenehm. Wenn eine Laus am Ohr ist, lässt sie sich jedenfalls leicht packen und zerdrücken, bis sie gar, also hin ist.

Newspapers in German

Newspapers from Austria