Streik: Wie geht es weiter mit der AUA?
Fliegen. Es herrscht Stillstand bei den KV-Verhandlungen für das AUA-Bordpersonal. Ein Ergebnis scheint nicht in Sicht. Wo es bei der Einigung hakt und was für Passagiere jetzt wichtig ist.
Es bewegt sich weiterhin nichts bei den Verhandlungen für den Kollektivvertrag (KV) für das Bordpersonal der Austrian Airlines (AUA). Am Dienstag kündigte die Gewerkschaft Vida für Gründonnerstag und Karfreitag Streik an, die AUA hat daraufhin, ausgerechnet in der wichtigen Oster-Reisezeit, 400 Flüge gestrichen. Bei der Fluglinie ist man seither damit beschäftigt, die Reservierungen von mehr als 50.000 Passagieren umzubuchen oder zu stornieren.
Seit Sonntag haben das Management der AUA, die Gewerkschaft Vida und der Betriebsrat nicht mehr miteinander verhandelt, obwohl sich alle Seiten gesprächsbereit präsentieren. AUA-Vorstandsvorsitzende Annette Mann warnte in der „ZiB“am Dienstag: „Je höher der Abschluss ist, desto mehr unprofitable Strecken“könnte es geben. Das schreckt die Arbeitnehmerseite nicht ab, sie fordert weiterhin mehr Geld. Was steht auf dem Spiel, und was müssen Passagiere derzeit beachten? Ein Überblick.
1 Warum können sich AUA und die Gewerkschaft nicht einigen?
„Es ist eine schwierige Situation, und ich verstehe beide Seiten“, sagte der Luftfahrtexperte Kurt Hofmann zur „Presse“. Gegenüber stehen sich zwei Forderungen mit einer viel zu großen Kluft. Das AUA-Angebot, wonach Flugbegleiterinnen und Flugbegleiter 18 Prozent und Co-Pilotinnen und Co-Piloten 28 Prozent mehr bekommen sollen, ist für die Gewerkschaft lediglich ein „Schönrechnen“der Zahlen. Die Gewerkschaft findet das Angebot nicht nachhaltig, weil in dem Paket auch Einmalzahlungen berücksichtigt sind, die langfristig nicht gehaltserhöhend seien. Der Reallohnzuwachs liege bei dem Angebot bei einem Prozent. Gerade nach dem finanziellen Erfolgsjahr der AUA 2023 (2,7 Mrd. Euro Gewinn) fordern die Gewerkschafter auch ein Stück vom Kuchen. Sie wollen einen Abschluss über der Inflation, konkrete Zahlen kommunizieren sie nicht öffentlich. Man müsse die „Kirche im Dorf lassen“, so Hofmann. Mit 5,5 Prozent Marge, wie es 2023 der Fall war, könnte man langfristig keine großen Sprünge machen. Das sagte auch AUA-Chefin Mann. „Die AUA hat viele Jahre wenig Geld verdient. Ein gutes Jahr heißt nicht gleich, dass man plötzlich finanzielle Höhensprünge und große Investitionen tätigen kann“, so Hofmann. Zum Vergleich: Bei der profitablen Swiss, die einen großen Teil des Lufthansa-Gewinns beisteuert, lag die Marge zuletzt zwischen acht und neun Prozent.
2 Was müssen betroffene Passagiere beachten, und was steht ihnen zu?
Den Passagieren stehen vor allem kostenlose Umbuchungen auf einen Ersatzflug oder Stornierungen mit Rückerstattung des Ticketpreises zu. Das wurde von der Fluggesellschaft auch sofort angeboten. Eventuell könnte auch ein Anspruch auf Ausgleichszahlung aufgrund der Fluggastrechte-Verordnung bestehen. Denn laut einem jüngeren EuGH-Urteil gilt ein Streik des eigenen Personals nicht als „außergewöhnlicher“, nicht mit zumutbaren Mitteln beeinflussbarer Umstand, der die Airline von der Zahlungspflicht befreien würde. Freilich könnte gerade das in einem Extremfall wie diesem neuerlich strittig werden. Laut der Verordnung entfällt zudem auch bei sehr frühzeitiger Information von einer Annullierung (die hier allerdings faktisch nicht möglich war) oder beim Angebot einer zumutbaren Ersatzbeförderung innerhalb bestimmter Fristen der Entschädigungsanspruch. Ob ein solcher hier zum Tragen käme, lässt sich somit nicht verlässlich einschätzen.
3 Besteht die Möglichkeit, dass die AUA zu einem Billigflieger wird?
„Nein“, findet Hofmann. AUA-Chefin Mann sagte jedoch im ORF-Interview: „Je höher ein Abschluss ausfällt, desto eher werden Strecken unprofitabel.“Eine Aussage, die VidaChef Roman Hebenstreit als „zynische Drohung“, der Flugexperte Hofmann aber als ein durchaus realistisches Szenario sieht. Nicht zuletzt gehe es nämlich auch darum, innerhalb der Lufthansa-Gruppe ein gutes Ergebnis zu erzielen, denn neue Flugmaschinen werden, von Frankfurt aus an jene Airlines verteilt, die nachhaltig gut wirtschaften. Investiert müsse bei Airlines laufend werden und „die Lufthansa hat auch in die AUA investiert. Bald muss die AUA etwa auch die
schon älteren Airbus-A320-Maschinen ersetzen“, so Hofmann.
Würden Strecken an andere Betreiber übergeben werden, brauchte das weniger Maschinen, und das führte dann wiederum zu einem geringeren Personalbedarf. Aus der Sicht des Flugexperten sitzt im Endeffekt die Lufthansa auf dem längeren Ast, „die lässt sich hier nicht diktieren.“Bei den Lufthansa-Töchtern Swiss und Brussels Airlines wurden unlängst erst Ergebnisse mit dem fliegenden Personal erzielt, den Streit in Österreich beobachte man von Frankfurt aus sehr genau.
4 Wie geht es nach dem Streik über die Osterfeiertage weiter?
„Was eine gute Forderung ist, lässt sich schwer sagen“, so Hofmann. Fest steht, dass bereits ein wirtschaftlicher Schaden von mittlerweile 24 Mio. Euro entstanden und ein Imageschaden angerichtet ist. Jede neue Betriebsversammlung und jeder neue Streik verursachen mehr Schaden. Bei einer Betriebsversammlung am 1. März fielen 112 Flüge aus, wovon rund 12.000 Passagiere betroffen waren. Wegen einer am 8. März angekündigten und dann verschobenen Betriebsversammlung wurden 150 Flüge gestrichen. Knapp eine Woche später, am 14. März, fand diese Betriebsversammlung schließlich statt, wegen der erneut 120 Flüge ausgefallen sind.
Und geht es um Transport, entscheiden sich Fluggäste schnell für eine andere Airline, die planbar ist. „Immer wenn das Thema Streik aufflammt, suchen sich Passagiere eine neue Fluglinie“, sagt Hofmann. Jeder Ausfall ist damit ein Gewinn für Konkurrenten wie beispielsweise den irischen Billigflieger Ryanair, dessen Chef, Michael O’Leary, erst kürzlich von Wachstumsplänen in Wien für das heurige Jahr gesprochen hat. Ein neuer Verhandlungstermin war zu Redaktionsschluss weder vom AUAManagement noch von der Gewerkschaft bekannt. „Beide Seiten müssen aufeinander zugehen, und irgendwann müssen sie wieder miteinander reden“, so Hofmann. Unterdessen ist am Mittwoch bekannt geworden, dass der Betriebsrat nächste Woche Donnerstag (4. April) die nächste Betriebsversammlung abhalten möchte, was erneut zu Ausfällen führen wird.