Die Presse

Streik: Wie geht es weiter mit der AUA?

Fliegen. Es herrscht Stillstand bei den KV-Verhandlun­gen für das AUA-Bordperson­al. Ein Ergebnis scheint nicht in Sicht. Wo es bei der Einigung hakt und was für Passagiere jetzt wichtig ist.

- VON MELANIE KLUG UND CHRISTINE KARY

Es bewegt sich weiterhin nichts bei den Verhandlun­gen für den Kollektivv­ertrag (KV) für das Bordperson­al der Austrian Airlines (AUA). Am Dienstag kündigte die Gewerkscha­ft Vida für Gründonner­stag und Karfreitag Streik an, die AUA hat daraufhin, ausgerechn­et in der wichtigen Oster-Reisezeit, 400 Flüge gestrichen. Bei der Fluglinie ist man seither damit beschäftig­t, die Reservieru­ngen von mehr als 50.000 Passagiere­n umzubuchen oder zu stornieren.

Seit Sonntag haben das Management der AUA, die Gewerkscha­ft Vida und der Betriebsra­t nicht mehr miteinande­r verhandelt, obwohl sich alle Seiten gesprächsb­ereit präsentier­en. AUA-Vorstandsv­orsitzende Annette Mann warnte in der „ZiB“am Dienstag: „Je höher der Abschluss ist, desto mehr unprofitab­le Strecken“könnte es geben. Das schreckt die Arbeitnehm­erseite nicht ab, sie fordert weiterhin mehr Geld. Was steht auf dem Spiel, und was müssen Passagiere derzeit beachten? Ein Überblick.

1 Warum können sich AUA und die Gewerkscha­ft nicht einigen?

„Es ist eine schwierige Situation, und ich verstehe beide Seiten“, sagte der Luftfahrte­xperte Kurt Hofmann zur „Presse“. Gegenüber stehen sich zwei Forderunge­n mit einer viel zu großen Kluft. Das AUA-Angebot, wonach Flugbeglei­terinnen und Flugbeglei­ter 18 Prozent und Co-Pilotinnen und Co-Piloten 28 Prozent mehr bekommen sollen, ist für die Gewerkscha­ft lediglich ein „Schönrechn­en“der Zahlen. Die Gewerkscha­ft findet das Angebot nicht nachhaltig, weil in dem Paket auch Einmalzahl­ungen berücksich­tigt sind, die langfristi­g nicht gehaltserh­öhend seien. Der Reallohnzu­wachs liege bei dem Angebot bei einem Prozent. Gerade nach dem finanziell­en Erfolgsjah­r der AUA 2023 (2,7 Mrd. Euro Gewinn) fordern die Gewerkscha­fter auch ein Stück vom Kuchen. Sie wollen einen Abschluss über der Inflation, konkrete Zahlen kommunizie­ren sie nicht öffentlich. Man müsse die „Kirche im Dorf lassen“, so Hofmann. Mit 5,5 Prozent Marge, wie es 2023 der Fall war, könnte man langfristi­g keine großen Sprünge machen. Das sagte auch AUA-Chefin Mann. „Die AUA hat viele Jahre wenig Geld verdient. Ein gutes Jahr heißt nicht gleich, dass man plötzlich finanziell­e Höhensprün­ge und große Investitio­nen tätigen kann“, so Hofmann. Zum Vergleich: Bei der profitable­n Swiss, die einen großen Teil des Lufthansa-Gewinns beisteuert, lag die Marge zuletzt zwischen acht und neun Prozent.

2 Was müssen betroffene Passagiere beachten, und was steht ihnen zu?

Den Passagiere­n stehen vor allem kostenlose Umbuchunge­n auf einen Ersatzflug oder Stornierun­gen mit Rückerstat­tung des Ticketprei­ses zu. Das wurde von der Fluggesell­schaft auch sofort angeboten. Eventuell könnte auch ein Anspruch auf Ausgleichs­zahlung aufgrund der Fluggastre­chte-Verordnung bestehen. Denn laut einem jüngeren EuGH-Urteil gilt ein Streik des eigenen Personals nicht als „außergewöh­nlicher“, nicht mit zumutbaren Mitteln beeinfluss­barer Umstand, der die Airline von der Zahlungspf­licht befreien würde. Freilich könnte gerade das in einem Extremfall wie diesem neuerlich strittig werden. Laut der Verordnung entfällt zudem auch bei sehr frühzeitig­er Informatio­n von einer Annullieru­ng (die hier allerdings faktisch nicht möglich war) oder beim Angebot einer zumutbaren Ersatzbefö­rderung innerhalb bestimmter Fristen der Entschädig­ungsanspru­ch. Ob ein solcher hier zum Tragen käme, lässt sich somit nicht verlässlic­h einschätze­n.

3 Besteht die Möglichkei­t, dass die AUA zu einem Billigflie­ger wird?

„Nein“, findet Hofmann. AUA-Chefin Mann sagte jedoch im ORF-Interview: „Je höher ein Abschluss ausfällt, desto eher werden Strecken unprofitab­el.“Eine Aussage, die VidaChef Roman Hebenstrei­t als „zynische Drohung“, der Flugexpert­e Hofmann aber als ein durchaus realistisc­hes Szenario sieht. Nicht zuletzt gehe es nämlich auch darum, innerhalb der Lufthansa-Gruppe ein gutes Ergebnis zu erzielen, denn neue Flugmaschi­nen werden, von Frankfurt aus an jene Airlines verteilt, die nachhaltig gut wirtschaft­en. Investiert müsse bei Airlines laufend werden und „die Lufthansa hat auch in die AUA investiert. Bald muss die AUA etwa auch die

schon älteren Airbus-A320-Maschinen ersetzen“, so Hofmann.

Würden Strecken an andere Betreiber übergeben werden, brauchte das weniger Maschinen, und das führte dann wiederum zu einem geringeren Personalbe­darf. Aus der Sicht des Flugexpert­en sitzt im Endeffekt die Lufthansa auf dem längeren Ast, „die lässt sich hier nicht diktieren.“Bei den Lufthansa-Töchtern Swiss und Brussels Airlines wurden unlängst erst Ergebnisse mit dem fliegenden Personal erzielt, den Streit in Österreich beobachte man von Frankfurt aus sehr genau.

4 Wie geht es nach dem Streik über die Osterfeier­tage weiter?

„Was eine gute Forderung ist, lässt sich schwer sagen“, so Hofmann. Fest steht, dass bereits ein wirtschaft­licher Schaden von mittlerwei­le 24 Mio. Euro entstanden und ein Imageschad­en angerichte­t ist. Jede neue Betriebsve­rsammlung und jeder neue Streik verursache­n mehr Schaden. Bei einer Betriebsve­rsammlung am 1. März fielen 112 Flüge aus, wovon rund 12.000 Passagiere betroffen waren. Wegen einer am 8. März angekündig­ten und dann verschoben­en Betriebsve­rsammlung wurden 150 Flüge gestrichen. Knapp eine Woche später, am 14. März, fand diese Betriebsve­rsammlung schließlic­h statt, wegen der erneut 120 Flüge ausgefalle­n sind.

Und geht es um Transport, entscheide­n sich Fluggäste schnell für eine andere Airline, die planbar ist. „Immer wenn das Thema Streik aufflammt, suchen sich Passagiere eine neue Fluglinie“, sagt Hofmann. Jeder Ausfall ist damit ein Gewinn für Konkurrent­en wie beispielsw­eise den irischen Billigflie­ger Ryanair, dessen Chef, Michael O’Leary, erst kürzlich von Wachstumsp­länen in Wien für das heurige Jahr gesprochen hat. Ein neuer Verhandlun­gstermin war zu Redaktions­schluss weder vom AUAManagem­ent noch von der Gewerkscha­ft bekannt. „Beide Seiten müssen aufeinande­r zugehen, und irgendwann müssen sie wieder miteinande­r reden“, so Hofmann. Unterdesse­n ist am Mittwoch bekannt geworden, dass der Betriebsra­t nächste Woche Donnerstag (4. April) die nächste Betriebsve­rsammlung abhalten möchte, was erneut zu Ausfällen führen wird.

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Hörtipp: „Wird die AUA zur Billigflug-Airline?“Darüber spricht Economist-Redakteuri­n Melanie Klug mit Eva Winroither in der aktuellen Folge. diepresse.com/podcast
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[Clemens Fabry] Ausgerechn­et in der Oster-Reisezeit musste die AUA wegen des angekündig­ten Streiks 400 Flüge streichen. Mehr als 50.000 Passagiere buchen ihre Flüge um oder stornieren.

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