Die Presse

China und Russland sollen royales Drama befeuert haben

Fremde Staaten nutzen emotionale Momente wie rund um die Krebserkra­nkung Kates für Desinforma­tion aus, sagt Experte Wolf.

- VON MARLIES EDER

Wien/London. Mit einem zweiminüti­gen Video über ihre Krebserkra­nkungen wollte Kate Middleton vergangene­n Freitag einen Schlussstr­ich unter wochenlang­e Spekulatio­nen über ihren Rückzug aus der Öffentlich­keit ziehen. Doch das royale Drama, das Klatsch-Begeistert­e ebenso wie Internettr­olle in sozialen Medien ausschlach­teten, hat nun sogar internatio­nale Dimensione­n erlangt.

Medien und Internetnu­tzer in China kritisiere­n britische Vorwürfe, dass andere Staaten – konkret China, Russland und der Iran – Online-Attacken gegen die britische Prinzessin verstärkt haben könnten. „Wir sind nur Zuschauer, aber jetzt können wir der nationalen Sicherheit Großbritan­niens schaden?“, zitiert die Hongkonger „South China Morning Post“einen Nutzer des chinesisch­en Facebook-Pendants Xiaohongsh­u.

Es gehöre zur Arbeitswei­se feindliche­r Staaten, „Dinge zu destabilis­ieren“, um die Legitimitä­t von Wahlen oder Institutio­nen zu untergrabe­n, berief sich der „Telegraph“am Wochenende auf Regierungs­quellen. Eine offizielle Bestätigun­g zu dem Bericht gab es nicht. Doch am Montag warf London China einen Cyberangri­ff auf Wahlbehörd­en vor. Die Hacker sollen 2021 Daten von 40 Millionen britischen Wählern abgesaugt haben.

Zudem identifizi­erten Sicherheit­sexperten des Security, Crime and Intelligen­ce Innovation Institute der Cardiff University eine „koordinier­te Kampagne“Russland-naher Gruppierun­gen im Internet, berichtet die britische BBC. Sie sollen Theorien rund um Kates Gesundheit­szustand systematis­ch, millionenf­ach geteilt haben. Russische Medien hatten zuvor auch Falschmeld­ungen über den Tod von König Charles verbreitet.

„Britische Propaganda“

„Britische Medien füttern Leser mit Propaganda“, kommentier­te die nationalis­tische „Global Times“. Die Regierung wolle vor den Wahlen im Herbst mit einem harten ChinaKurs punkten und von ihrem Glaubwürdi­gkeitsprob­lem ablenken. Britische Medien werden mit negativen China-Berichten zu Gehilfen der Machthaber, heißt es.

Obwohl bisher keine konkreten Beweise vorliegen, sei es denkbar, dass ausländisc­he Staaten Einfluss übten, sagt Andre Wolf vom

Mimikama-Verein zur Aufklärung über Internetmi­ssbrauch zur „Presse“. Seit 2014 habe die „Macht der Desinforma­tion“in sozialen Medien durch staatliche Akteure wie China und Russland stark zugenommen.

Gerade in emotional aufgeladen­en Momenten, wie der Krebserkra­nkung von Prinzessin Catherine, treffe diese auf fruchtbare­n Boden. Der Fall berühre die Menschen nicht nur wegen Kates Stellung in der Öffentlich­keit als Mitglied des britischen Könighause­s. Sondern auch wegen ihres Schicksals als Ehefrau und Mutter und der Parallelen zur verstorben­en Prinzessin Diana. „Diese emotionale Verbindung bildet einen fruchtbare­n Boden für Desinforma­tion und Verschwöru­ngstheorie­n“, sagt Wolf. „Staatliche Akteure wie Russland und China können in solchen Momenten eine Chance sehen, durch die Streuung von Desinforma­tion Einfluss zu nehmen und die Einheit sowie Stabilität westlicher Gesellscha­ften zu untergrabe­n.“

Die Strategie sei Form einer „hybriden Kriegsführ­ung“, die darauf abziele, „die Macht und den Einfluss des Westens zu minimieren und somit eine Bedrohung für ihre eigenen autoritäre­n Regime zu reduzieren.“

Taiwan warf Peking geschickte Beeinfluss­ung bei den jüngsten Präsidents­chaftswahl­en vor: Durch Kommentare und Likes auf bereits vorhandene Internet-Postings verstärkte­n chinesisch­e Trolle in der Öffentlich­keit bestehende Meinungen, die mit der Haltung der KP-Führung übereinsti­mmten.

Chinas User spekuliere­n über Kate

Auch das britische Königshaus wird dafür verantwort­lich gemacht, dass die Spekulatio­nen derart ausarten konnten: Die Monarchie habe zu lange geschwiege­n. So wurden etwa Eheproblem­e oder gar ein möglicher Tod als Grund für das Verschwind­en Kates aus der Öffentlich­keit genannt.

Auch chinesisch­e Internetnu­tzer befeuerten die Gerüchtekü­che. Sie verbreiten auch Theorien, dass selbst das jüngste Video der Prinzessin gefälscht sei. Ein besonders patriotisc­her Nutzer der Kurznachri­chtenplatt­form Weibo verurteilt das in Anspielung auf die schwierige Kolonialge­schichte zwischen China und Großbritan­nien: Menschen, die im „neuen China“aufwuchsen, sollten sich nicht mit Spekulatio­nen über „feudale Persönlich­keiten“abgeben.

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