Die Presse

„Ukraine verzerrt nicht den EU-Markt“

Bis in die Nacht wurde über zollfreie Agrareinfu­hren aus dem Kriegsland beraten.

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Wie kann Solidaritä­t mit der Ukraine auf einen Nenner mit den Befindlich­keiten der Bauern gebracht werden? Darüber berieten am Mittwoch die EU-Botschafte­r. Die EU-Kommission und die deutsche Regierung erachten die Aufregung über die Verlängeru­ng der zollfreien Einfuhr von Agrarprodu­kten aus der Ukraine als übertriebe­n. Beide argumentie­ren, dass es beim Streitthem­a Getreide keinen Beleg für eine Handelsver­zerrung gebe.

Das Problem sinkender Getreidepr­eise liege nicht an ukrainisch­en Lieferunge­n. „Dafür gibt es einfach keinerlei Belege“, argumentie­rt der deutsche Agrarminis­ter Cem Özdemir. „Wer das sagt, soll es bitte schön durch Fakten, durch Zahlen belegen“, so der Grünen-Politiker.

Für andere Warengrupp­en wie Eier, Geflügel, Zucker oder Honig gibt es nach dem ausgehande­lten Kompromiss zwischen Rat und EU-Parlament bereits Importgren­zen. Wird zuviel geliefert, greifen umgehend wieder Zölle, um den EU-Binnenmark­t abzuschirm­en. Für Weizen wird dies von Frankreich und Polen ebenfalls eingeforde­rt. Einwände hatten auch Ungarn, die Slowakei, Irland, Italien und Österreich.

Nach der Vorlage eines von der belgischen Präsidents­chaft ausgearbei­teten Kompromiss­papiers sollten die EU-Botschafte­r am Mittwochab­end noch einmal über einen Durchbruch verhandeln. Deutschlan­d und weitere Länder, die den bisherigen Kompromiss unterstütz­ten, warnten davor, dass ein Streit über die Zollfreihe­it für die Ukraine ein fatales Signal an Moskau wäre. Aus EU-Ratskreise­n wurde darauf hingewiese­n, dass auch ein zusätzlich­es Einlenken die Bauern nicht vor weiteren Protesten abhalten werde. Ihnen gehe es um ihre Einkommen und um zu viel Bürokratie. Beides könne hiermit nicht gelöst werden. (ag./wb)

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