Die Presse

Kauft Raiffeisen Moskau nun Strabag-Anteile?

Der sanktionie­rte Oligarch Oleg Deripaska überträgt alle seine Strabag-Anteile an eine russische Gesellscha­ft, deren Eigentümer geheim bleiben. Nun ist der Weg für Raiffeisen frei, um die Gewinne aus Russland zu holen.

- VON MADLEN STOTTMEYER Der Deripaska-Deal

Wien. Es wäre der Coup schlechthi­n. Seit Ausbruch des UkraineKri­eges kommt die Raiffeisen Bank Internatio­nal (RBI) nicht an ihre Gewinne in Russland – bis jetzt. Denn mit einem über die Bande gespielten Mega-Deal sollen mehr als 1,5 Milliarden Euro von Moskau nach Wien ausgeschüt­tet werden. Bereits Anfang März berichtete die „Presse“über die Skepsis der USFinanzun­d Sanktionsb­ehörden und die jeweiligen Treffen mit Raiffeisen-Vertretern dazu in Washington und Wien. Denn Drehund Angelpunkt des Geschäftes ist der Kreml-nahe Tycoon Oleg Deripaska und seine Beteiligun­g am österreich­ischen Baukonzern Strabag. Er hat nun den Weg für Raiffeisen frei gemacht. Wird die Bank trotz des Vorwurfes der Sanktionsu­mgehung jetzt zugreifen?

Der russische Oligarch Deripaska stand schon vor dem Ausbruch des Ukraine-Krieges auf Sanktionsl­isten. Spätestens seit der Gründer des russischen Aluminiumr­iesen Rusal den Berater und Wahlkampfm­anager des späteren Präsidente­n Donald Trump für Lobbytätig­keiten bezahlt haben soll, rutschte er in den Fokus der Amerikaner, die ihm vorwerfen, an Wahlkampf-Manipulati­onen 2016 mitgewirkt zu haben. 2018 verhängte die US-Regierung Sanktionen gegen sämtliche Unternehme­n, an denen Deripaska beteiligt war. Trump hob sie zwar später auf. Aber inzwischen ist er nicht nur von den USA, sondern auch der EU mit Sanktionen belegt.

Somit sind seine österreich­ischen Vermögensw­erte eingefrore­n, und es ist generell verboten, damit zu handeln. Ihm gehören über seine Gesellscha­ft Rasperia 24,1 Prozent an Strabag. Eine Dividenden­ausschüttu­ng erhält er nicht. Er darf nicht von seinen Aktien profitiere­n.

Doch nun hat er laut einer Aussendung des Baukonzern­s alle seine Strabag-Anteile an eine geheimnisv­olle russische Gesellscha­ft namens Iliadis übertragen. Das ist nur der Auftakt einer weiteren Reihe von Transaktio­nen. Als Nächstes war eigentlich geplant, dass die Raiffeisen-Tochter in Moskau die Strabag-Anteile von Iliadis abkauft und in weiterer Folge als Sachdivide­nde an die Wiener Mutter ausschütte­t. Die Komplexitä­t ist den Sanktionen geschuldet, die Raiffeisen auf keinen Fall brechen will.

Die geheimen Eigentümer

Doch ganz transparen­t ist die Sache nicht. Denn über Iliadis ist wenig bekannt und soll offenbar auch wenig bekannt werden. Nachfragen zur Eigentümer­struktur bleiben unbeantwor­tet. Laut „Presse“-Recherchen handelt es sich bei der Iliadis um eine frisch gegründete und nicht öffentlich­e Aktiengese­llschaft. Das eingelegte Kapital liegt bei 10.000 Rubel (101,97 Euro) – also gerade einmal beim Minimum, das für diese Form der Gesellscha­ft in Russland eingebrach­t werden muss. Ihren Sitz hat die Firma in Moskau, unweit vom Kreml. Geschäftsf­ührerin der Iliadis ist Xenia Nikolajevn­a Potapova. Als Haupteigen­tümerin tut sich eine unscheinba­re GesmbH Titul auf. Die besagte Managerin wurde dort erst Mitte Juni 2023 – also dreieinhal­b Wochen vor Gründung der Iliadis – ebenso als Chefin eingetrage­n. Potapova verbindet die beiden Firmen demnach in Personalun­ion.

Was nun folgt

Wie die „Presse“nun in Erfahrung brachte, gilt es als unwahrsche­inlich, dass die russische Raiffeisen­Tochter sofort zuschlagen und die Strabag-Anteile erwerben wird. Es handelt sich um einer der größten Geschäfte, die seit dem Ausbruch des Krieges getätigt würden. Für 28,5 Millionen Aktien ist die Raiffeisen bereit, 1,5 Milliarden Euro zu bezahlen – also 53 Euro je Aktie. Zwar müssen die US-Sanktionsb­ehörde Ofac und die Oesterreic­hische Nationalba­nk (OeNB) nicht im Vorhinein ihre Zustimmung erteilten. Doch sehen sich die Experten den Deal laut „Presse“-Informatio­nen genau an. Zumal auch ein Feststellu­ngsbeschei­d begehrt werden kann. Insider bezweifeln, dass Deripaska keinen Vorteil aus diesem Geschäft zieht. Unklar ist ebenfalls, inwiefern Kreml-Chef Wladimir Putin mitschneid­et.

Eigentlich hätte Deripaska den anderen Großaktion­ären Raiffeisen Holding, Uniqa und der Haselstein­er Familie ein Vorkaufsre­cht einräumen müssen. So sieht es der Syndikatsv­ertrag vor. Allerdings wurde dieser vor Jahren angesichts der verhängten Sanktionen gegen den Russen aufgekündi­gt. Dieses Vorverkauf­srecht könnte auch über die Kündigung hinaus gelten. Zudem hielt er eine Namensakti­e und konnte somit einen Aufsichtsr­at bestimmen. Der Posten blieb bisher vakant und das Recht müsste nun auf die Raiffeisen Holding übergehen. „Die RBI äußerst sich dazu nicht“, heißt es zur „Presse“von einem Sprecher. Die Bank distanzier­t sich von der nun in Russland erfolgten Transaktio­n.

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