Was wurde aus den Meme-Aktien?
2021 hatten Kleinanleger die Gamestop-Aktie gepusht. Das Phänomen „Meme-Aktien“war geboren und wurde gar verfilmt. Wo stehen sie heute?
Washington/Wien. Die Berichtssaison der Unternehmen für das erste Quartal neigt sich dem Ende zu, alle großen Konzerne waren bereits an der Reihe. Ihre Zahlen sind überwiegend gut angekommen, und was in den letzten Märztagen noch ansteht, hat kaum maßgeblichen Einfluss auf die allgemeine Börsenstimmung. Eine Präsentation aber fand dennoch Beachtung: Am Dienstagabend nach US-Börsenschluss gab Gamestop seine Quartalszahlen bekannt. Der angeschlagene Videospiele-Händler aus Texas meldet einen Umsatz von 1,79 Milliarden Dollar verglichen mit 2,23 Mrd. Dollar ein Jahr zuvor. Das Unternehmen bekommt angesichts der hohen Inflation die Zurückhaltung der Verbraucher sowie die Konkurrenz von Online-Händlern wie Amazon und Ebay zu spüren. Zudem kündigt das US-Unternehmen den Ausstieg aus seinen Geschäften in Irland, der Schweiz sowie Österreich und einen Stellenabbau an, um Kosten zu senken.
Die Anleger reagierten enttäuscht. Die Gamestop-Aktie, vor Börsenschluss am Dienstag noch erwartungsvoll gestiegen, stürzte nachbörslich um 16 Prozent ab.
Investition als Statement
Doch das Interessante an Gamestop sind nicht die Geschäftszahlen. Die Aktie ist vielmehr der Inbegriff eines Börsenphänomens, das als „Meme-Aktie“in die Geschichte einging. Ein Meme ist ein Internetphänomen mit Wiedererkennungswert. Das kann ein Bild sein, ein kurzer Filmausschnitt oder ein Zitat, das jemand verwendet, um bestimmte Assoziationen zu erwecken. Ein Meme kann auch eine Aktie sein, die von Kleinanlegern im Internet gehypt wird. Solche Aktien zu halten, ist dann weniger ein Investment als ein Statement.
Anfang 2021 ging es Gamestop nicht gut, der Lockdown machte dem Einzelhändler zu schaffen, auch hatte man den Fehler begangen, zu spät auf das Onlinegeschäft
zu setzen. Eine Gamestop-Aktie kostete (bereinigt um einen späteren Aktiensplit) 4,7 Dollar. Hedgefonds wetteten auf fallende Kurse.
„Dumb Money“
Doch da entdeckten Kleinanleger, die sich auf der Plattform Reddit trafen, die Gamestop-Aktie. Der Finanz-Influencer Keith Gill (bekannt als „DeepFuckingValue“oder „Roaring Kitty“) fand sie unterbewertet, und seine Follower kauften sie. Der Gamestop-Kurs kletterte binnen weniger Wochen auf 87 Dollar. Kleinanleger, die rechtzeitig ausstiegen, wurden reich, Hedgefonds gerieten in die Bredouille. Die Geschichte wurde zum Kampf von David gegen Goliath hochstilisiert und auch verfilmt („Dumb Money“). Gamestop-Aktien zu haben galt plötzlich nicht mehr als Investment in eine erholungsbedürftige Einzelhandelskette, sondern als Protest gegen die Großen an der Wall Street. Doch haben auch viele Kleinanleger Geld verloren. Am Mittwochnachmittag kostete die Aktie von Gamestop 13,2 Dollar.
Seit dem damaligen Hype befindet sich die Aktie im steten Abwärtstrend, obwohl der Kurs
zu starken Ausschlägen nach oben und unten neigt. Ein ähnliches Schicksal erlitten andere damals hochgetriebene Meme-Aktien: die Kinokette AMC, das SmartphoneUnternehmen Blackberry oder der Autovermieter Hertz.
Robinhood in Ungnade
Und da ist noch Robinhood, eine Trading-Plattform, auf der viele Kleinanleger ihre Meme-Aktien handelten. Die Anleger liebten das Unternehmen, das sich damit rühmte, mit Teilaktien und anderen an Privatanleger gerichteten Angeboten jedem den Zugang zur Börse zu ermöglichen, und das kostenlos.
Doch im Zuge der GamestopAffäre zeigte sich, dass Robinhood letztlich doch mehr seinen zahlenden Kunden verpflichtet war als den Nutzern, die nur mit ihren Daten bezahlt hatten: Robinhood verdiente dadurch Geld, dass es die Aufträge der Nutzer vor der Ausführung an große Finanzfirmen – darunter Hedgefonds – weitergab, die diesen Informationsvorsprung nutzen konnten. Als Robinhood zeitweise den Handel mit GamestopAktien einschränkte, fiel das Unternehmen bei den Kleinanlegern in Ungnade. Robinhood wurde keine
Meme-Aktie. Der Börsengang im Juli 2021 floppte. Obwohl die jüngsten Zahlen gut ankamen, liegt der Kurs noch immer unter dem Ausgabepreis.
Höhenflug bei Reddit
Am 21. März nun ist Reddit, das Unternehmen hinter der Plattform, auf der sich Anleger über Memes austauschen, selbst an die Börse gegangen. Allen Unkenrufen zum Trotz hat der Kurs am ersten Tag um 48 Prozent auf 50,44 Dollar zugelegt und steht jetzt bei 65 Dollar.
Memes gibt es übrigens auch bei Kryptowerten: So bei Dogecoin (Kryptowährung mit Hundelogo), die bei ihrem Start als reine Spaßwährung galt und zeitweise von Tesla-Chef Elon Musk in die Höhe getrieben wurde. Noch immer ist Dogecoin mit einem Marktwert von 26 Mrd. Dollar die achtgrößte Kryptowährung.
Überraschend stark zeigt sich auch Pepe, ein Krypto-Token mit einem Froschlogo. Vor einem Jahr lanciert, erlebte der Token zunächst einen steilen Anstieg sowie einen Absturz. Wer dachte, das Strohfeuer wäre damit erloschen, lag falsch. Heuer erfuhr der Kurs plötzlich einen neuen Schub.