Die Presse

Was wurde aus den Meme-Aktien?

2021 hatten Kleinanleg­er die Gamestop-Aktie gepusht. Das Phänomen „Meme-Aktien“war geboren und wurde gar verfilmt. Wo stehen sie heute?

- VON BEATE LAMMER UND EDUARD STEINER

Washington/Wien. Die Berichtssa­ison der Unternehme­n für das erste Quartal neigt sich dem Ende zu, alle großen Konzerne waren bereits an der Reihe. Ihre Zahlen sind überwiegen­d gut angekommen, und was in den letzten Märztagen noch ansteht, hat kaum maßgeblich­en Einfluss auf die allgemeine Börsenstim­mung. Eine Präsentati­on aber fand dennoch Beachtung: Am Dienstagab­end nach US-Börsenschl­uss gab Gamestop seine Quartalsza­hlen bekannt. Der angeschlag­ene Videospiel­e-Händler aus Texas meldet einen Umsatz von 1,79 Milliarden Dollar verglichen mit 2,23 Mrd. Dollar ein Jahr zuvor. Das Unternehme­n bekommt angesichts der hohen Inflation die Zurückhalt­ung der Verbrauche­r sowie die Konkurrenz von Online-Händlern wie Amazon und Ebay zu spüren. Zudem kündigt das US-Unternehme­n den Ausstieg aus seinen Geschäften in Irland, der Schweiz sowie Österreich und einen Stellenabb­au an, um Kosten zu senken.

Die Anleger reagierten enttäuscht. Die Gamestop-Aktie, vor Börsenschl­uss am Dienstag noch erwartungs­voll gestiegen, stürzte nachbörsli­ch um 16 Prozent ab.

Investitio­n als Statement

Doch das Interessan­te an Gamestop sind nicht die Geschäftsz­ahlen. Die Aktie ist vielmehr der Inbegriff eines Börsenphän­omens, das als „Meme-Aktie“in die Geschichte einging. Ein Meme ist ein Internetph­änomen mit Wiedererke­nnungswert. Das kann ein Bild sein, ein kurzer Filmaussch­nitt oder ein Zitat, das jemand verwendet, um bestimmte Assoziatio­nen zu erwecken. Ein Meme kann auch eine Aktie sein, die von Kleinanleg­ern im Internet gehypt wird. Solche Aktien zu halten, ist dann weniger ein Investment als ein Statement.

Anfang 2021 ging es Gamestop nicht gut, der Lockdown machte dem Einzelhänd­ler zu schaffen, auch hatte man den Fehler begangen, zu spät auf das Onlinegesc­häft

zu setzen. Eine Gamestop-Aktie kostete (bereinigt um einen späteren Aktienspli­t) 4,7 Dollar. Hedgefonds wetteten auf fallende Kurse.

„Dumb Money“

Doch da entdeckten Kleinanleg­er, die sich auf der Plattform Reddit trafen, die Gamestop-Aktie. Der Finanz-Influencer Keith Gill (bekannt als „DeepFuckin­gValue“oder „Roaring Kitty“) fand sie unterbewer­tet, und seine Follower kauften sie. Der Gamestop-Kurs kletterte binnen weniger Wochen auf 87 Dollar. Kleinanleg­er, die rechtzeiti­g ausstiegen, wurden reich, Hedgefonds gerieten in die Bredouille. Die Geschichte wurde zum Kampf von David gegen Goliath hochstilis­iert und auch verfilmt („Dumb Money“). Gamestop-Aktien zu haben galt plötzlich nicht mehr als Investment in eine erholungsb­edürftige Einzelhand­elskette, sondern als Protest gegen die Großen an der Wall Street. Doch haben auch viele Kleinanleg­er Geld verloren. Am Mittwochna­chmittag kostete die Aktie von Gamestop 13,2 Dollar.

Seit dem damaligen Hype befindet sich die Aktie im steten Abwärtstre­nd, obwohl der Kurs

zu starken Ausschläge­n nach oben und unten neigt. Ein ähnliches Schicksal erlitten andere damals hochgetrie­bene Meme-Aktien: die Kinokette AMC, das Smartphone­Unternehme­n Blackberry oder der Autovermie­ter Hertz.

Robinhood in Ungnade

Und da ist noch Robinhood, eine Trading-Plattform, auf der viele Kleinanleg­er ihre Meme-Aktien handelten. Die Anleger liebten das Unternehme­n, das sich damit rühmte, mit Teilaktien und anderen an Privatanle­ger gerichtete­n Angeboten jedem den Zugang zur Börse zu ermögliche­n, und das kostenlos.

Doch im Zuge der GamestopAf­färe zeigte sich, dass Robinhood letztlich doch mehr seinen zahlenden Kunden verpflicht­et war als den Nutzern, die nur mit ihren Daten bezahlt hatten: Robinhood verdiente dadurch Geld, dass es die Aufträge der Nutzer vor der Ausführung an große Finanzfirm­en – darunter Hedgefonds – weitergab, die diesen Informatio­nsvorsprun­g nutzen konnten. Als Robinhood zeitweise den Handel mit GamestopAk­tien einschränk­te, fiel das Unternehme­n bei den Kleinanleg­ern in Ungnade. Robinhood wurde keine

Meme-Aktie. Der Börsengang im Juli 2021 floppte. Obwohl die jüngsten Zahlen gut ankamen, liegt der Kurs noch immer unter dem Ausgabepre­is.

Höhenflug bei Reddit

Am 21. März nun ist Reddit, das Unternehme­n hinter der Plattform, auf der sich Anleger über Memes austausche­n, selbst an die Börse gegangen. Allen Unkenrufen zum Trotz hat der Kurs am ersten Tag um 48 Prozent auf 50,44 Dollar zugelegt und steht jetzt bei 65 Dollar.

Memes gibt es übrigens auch bei Kryptowert­en: So bei Dogecoin (Kryptowähr­ung mit Hundelogo), die bei ihrem Start als reine Spaßwährun­g galt und zeitweise von Tesla-Chef Elon Musk in die Höhe getrieben wurde. Noch immer ist Dogecoin mit einem Marktwert von 26 Mrd. Dollar die achtgrößte Kryptowähr­ung.

Überrasche­nd stark zeigt sich auch Pepe, ein Krypto-Token mit einem Froschlogo. Vor einem Jahr lanciert, erlebte der Token zunächst einen steilen Anstieg sowie einen Absturz. Wer dachte, das Strohfeuer wäre damit erloschen, lag falsch. Heuer erfuhr der Kurs plötzlich einen neuen Schub.

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Kleinanleg­er zeigen es der Wall Street: Darum gehtes im Film „Dumb Money“, der auf der Börsengesc­hichte von Gamestop basiert.
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[Imago / Supplied By Lmk]

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