Lieberman war streitbar bis zuletzt
Fast wäre Joe Lieberman US-Vizepräsident geworden. Nun starb er mit 82.
Am Zenit seiner Karriere war es der Supreme Court, der über Joe Liebermans Zukunft entschied. Der Senator aus Connecticut war zusammen mit Präsidentschaftskandidat Al Gore angetreten, um für die Demokraten im Jahr 2000 das Weiße Haus zu halten. Gore und Lieberman hatten landesweit einen Vorsprung von rund einer halben Million Wählerstimmen. Doch Ungereimtheiten in Florida führten dazu, dass sich das USHöchstgericht einschaltete – und George W. Bush und Dick Cheney die Wahl gewannen.
Lieberman verstarb am Mittwoch in New York nach einem Sturz in seinem Wohnsitz in der Bronx. Bis zu seinem Tod fiel der 82-Jährige damit auf, sich wenig um den eigenen Parteifrieden zu kümmern. Ein Umstand, der Gore dazu bewegt hatte, Lieberman zu seinem Vizepräsidentschaftskandidaten zu machen: Er war der erste Senator gewesen, der Bill Clinton nach dessen Affäre mit einer Praktikantin im Weißen Haus offen kritisiert hatte.
Wahlkampf gegen Biden
24 Jahre nach seinem eigenen Kampf bei der Präsidentschaftswahl mischte Lieberman auch bei der diesjährigen Wahl mit. Er suchte für die „No Labels“Bewegung nach einem dritten, unabhängigen, Präsidentschaftskandidaten. Ein Unterfangen, das er zuletzt als schwierig bezeichnete.
Mit der Demokratischen Partei hatte sich Lieberman bald nach der verlorenen Wahl 2000 zerstritten. Er unterstützte Bushs Irak-Invasion, und nach einer gescheiterten Kandidatur für das Präsidentschaftsticket 2004 verließ er die Parteilinie
immer stärker. Er ließ sich als Unabhängiger zurück in den Senat wählen, und sein Engagement für die US-Intervention im Irak machte ihn zum Freund von John McCain. Er wollte Lieberman 2008 als Vizepräsidenten rekrutieren, doch die Republikanische Partei war von der Idee nicht begeistert. Lieberman kritisierte den demokratischen Kandidaten, Barack Obama, der die Wahl gewann; später unterstützte er jedoch Hillary Clinton und Joe Biden.
Lieberman war der erste jüdische Politiker, der als Vizepräsident kandidierte. Seine Politik war inspiriert von seiner Religion. „Ich habe nicht immer in konventionelle politische Schubladen gepasst“, meinte er selbst. (epos)