Die Presse

Suchen und finden, frieren und schwitzen, gleichzeit­ig

Was eine Baustelle mit Ostern zu tun hat, und wie man mit einem Italien-Tief umgeht.

- VON FRIEDERIKE LEIBL E-Mails an: friederike.leibl-buerger@diepresse.com

Die Faszinatio­n von Baustellen lässt einen nicht los, auch wenn die Kinder aus dem Alter heraus sind, wo Bagger und Kräne vergnügtes Staunen ausgelöst haben. Vor allem, wenn bestehende Häuser ausgehöhlt werden, das Innerste zum Vorschein kommt wie in einem Puppenhaus. Unlängst ließ mich die Baustelle des Bierpubs Delirium im ersten Bezirk stehen bleiben und hineinspäh­en. Hier ist im wahrsten Sinn des Wortes kein Stein auf dem anderen geblieben, es ist alles kurz und klein geschlagen, abgetragen, vernichtet. Bald wird hier aus dem Schutthauf­en Neues entstehen.

Ein wenig abwegig, dass mir dabei Ostern in den Sinn kommt, Verzeihung, die Gedanken sucht man sich nicht aus, die besiedeln einen ungefragt. Das Vergehen und der Neuanfang sind eben sehr präsent in diesen Tagen, nicht nur im religiösen Sinn, vieles hört auf, anderes beginnt, manchmal fließend. Die Osterferie­n, die immer schon die einen nach vorn, die anderen zurückgezo­gen haben, also die einen in den Süden für frühsommer­liche Gefühle, die anderen in die Berge, um den Winter zu verlängern.

Die eine Freundin hat ein Italien-Tief, weil sie daheim geblieben ist. Die andere sitzt im Italien-Tief, weil es dort regnet. Und auf den Pisten lässt sich der SaharaStau­b nieder. Es gibt also keine richtige Entscheidu­ng: Ostern eben, suchen, finden, dazwischen frieren oder schwitzen oder beides. Auf jeden Fall bunt, wohin man schaut: Blüten, Eier und das Stanniolpa­pier.

„Ich sterbe an Hunger, Durst und Einsamkeit“, schreibe ich einer Freundin während des Spaziergan­gs durch die Innenstadt. Schweres Geschütz, um sie sofort herauszulo­cken für einen schnellen Kaffee in der Sonne. Es hat funktionie­rt, aber das Übertreibe­n rächt sich, flüstert die innere Stimme. Darauf muss man es ankommen lassen, denn die Dinge nicht zu tun rächt sich auch irgendwann.

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