Die Presse

Immer schön mit der Ruhe

Keine E-Revolution: Suzukis neuer Swift bleibt konservati­v angetriebe­n und hält damit ein Vernunftse­gment am Leben.

- VON CHRISTOPH JORDAN

Man muss nicht unbedingt verstehen, warum Suzuki von der fünften Generation des Swift spricht, denn eigentlich sind es derer schon sieben. Die Erklärung dafür ist recht einfach: Die Japaner starten die Aufzählung mit der „Designrevo­lution“aus dem Jahr 2004 und werden nicht müde zu betonen, dass das global angebotene Erfolgsmod­ell quasi eine Submarke innerhalb der Marke darstellt.

Das sieht man schon beim Äußeren: Nummer Fünf ist sofort als neues Modell zu erkennen, gleichzeit­ig sind aber auch eindeutig die Swift-Gene zu sehen. Die weit nach vorn gezogene Dachlinie, die einen wie beim Mini an der Ampel zum Vorbeugen zwingt, ist geblieben, fröhlich dreinschau­ende Scheinwerf­er ebenso, nur die Schnauze ist einem – sagen wir einmal – Fischmaul gewichen. Völlig neu ist eine komplett umlaufende Linie, welche von der leicht aufgesetzt wirkenden Motorhaube ausgeht: Muss so sein, Crashsiche­rheit und Fußgängers­chutz verlangen es.

Hilft: Wenig Gewicht

In Sachen Motorisier­ung macht einem Suzuki die Auswahl einfach: Es gibt nur eine. Große Revolution­en oder Elektroexp­erimente sind in dieser Preisklass­e nicht zu erwarten, stattdesse­n gibt es einen neuen und überrasche­nd soliden Dreizylind­er-Benziner mit Mildhybrid­Unterstütz­ung. Dieser liegt mit seinen 82 PS de facto auf Augenhöhe mit dem Vorgänger, dank langhubige­r Auslegung ist das Drehmoment auf 112 Newtonmete­r gestiegen.

Den Antritt fettet jedoch ein riemengetr­iebener Startgener­ator auf, der dem Verbrenner weitere 60 Nm zukommen lässt. Man kann jetzt durchaus behaupten, dass sich der Swift stärker anfühlt, als er tatsächlic­h ist. Natürlich liegt das auch am geringen Gewicht: Die Basisversi­on wirft gerade einmal schlanke 919 Kilo auf die Waage. Bemerkensw­ert auch: In einem vom Aussterben bedrohten Segment ist der Swift der letzte verblieben­e Mohikaner mit Allradopti­on. Auch ein CVT-Automatikg­etriebe ist zu haben, welches sich aber wiederum nicht mit Allrad kombiniere­n lässt.

Wer an dieser Stelle nach dem beliebten Sport-Modell fragt: Grundsätzl­ich wäre die technische Basis für Turboaufla­dung da, die Wahrschein­lichkeit, dass diese auch umgesetzt wird, ist in CO2sensibl­en Zeiten jedoch eher gering. Schade drum, der Swift Sport war eine harmlose Hetz. Das Interieur ist auf erfrischen­de Art und Weise altbacken. Ein Widerspruc­h? Nicht hier. Das Armaturenb­rett ist eindeutig aus gefällig designten Hartplasti­kteilen zusammenge­setzt. Nörgler werden jetzt etwas von billig murmeln, der Besitzer, der – einmal mit Cockpitpfl­egetuch darübergew­ischt – den Neuzustand herstellt, wird es vermutlich eher pflegeleic­ht nennen.

Auch nicht selbstvers­tändlich in dieser Liga: Hier knarzt nichts. Und mit der zweifarbig­en Ausführung (in der höchsten „flash“-Ausstattun­g) kehrt sogar etwas wie kleiner Luxus ins Gehäuse ein. Die Bedienung ist absolut rätselfrei, statt Drehregler­n gibt es zwar öfters Wippschalt­er, aber immerhin noch analoge Bedienelem­ente, für die man nicht im dritten Untermenü eines Touchscree­ns suchen muss. Einen Touchscree­n gibt es übrigens auch – und das bereits ab der Basisversi­on: Logisch in drei Themenkrei­se aufgeteilt, werden hier Audiofunkt­ionen, Fahrzeug- und Navigation­seinstellu­ngen dargestell­t. Die Smartphone-Integratio­n per Apple CarPlay oder Android Auto ist selbstvers­tändlich.

Wie fährt er sich? Obwohl der Swift - nomen est omen - immer schon bei den flinkeren Zeitgenoss­en zu finden war, hat man die Lenkung noch um einen Tick präziser gemacht. Im Zusammensp­iel mit dem überrasche­nd trocken abgestimmt­en Fahrwerk (Hey, was ist jetzt mit dem Sport?) kann man im kurvigen Hinterland durchaus seine Freude haben. In der Stadt überzeugt der Swift mit seinem kleinen Wendekreis und artigen Manieren. Der Dreizylind­er ist gut weggedämmt, vibrations­arm und – am allerwicht­igsten – maßvoll im Verbrauch.

Zusammenge­fasst stellt der neue Swift zwischen all den modern gewordenen Smartphone­s auf Rädern eine erfrischen­de analoge Abwechslun­g dar. Seine Allradopti­on macht ihn einzigarti­g - und er erdet einen auf sympathisc­he Art und Weise: Genau genommen braucht kein Mensch mehr Auto.

 ?? [Werk] ?? Wohltuend inmitten des aktuellen Elektro-Gewichtsex­zesses: Die Basisversi­on des Swift wiegt unter einer Tonne.
[Werk] Wohltuend inmitten des aktuellen Elektro-Gewichtsex­zesses: Die Basisversi­on des Swift wiegt unter einer Tonne.

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