Die Presse

Das Geschäft mit gebrauchte­n Rädern boomt

Um Ostern werden mehr Fahrräder verkauft als im restlichen Jahr. Händler sitzen auf vollen Lagern, auch auf Willhaben wird das Angebot immer größer – gut für die Konsumente­n.

- VON JULIA POLLAK UND DAVID FREUDENTHA­LER

Für den Weg zur Arbeit, zum Einkaufen oder einfach als Sportgerät – immer mehr Menschen in Österreich legen sich ein Fahrrad zu. Was für viele früher das Auto war, ist heute das Rad. Damit ändert sich auch das Straßenbil­d: Zehn Prozent der Wege wurden in Wien 2023 mit dem Fahrrad zurückgele­gt – dreimal so viel wie noch vor zehn Jahren.

Der Nachfrageb­oom während der Coronajahr­e bescherte den Sporthändl­ern ein Rekordgesc­häft. Allerdings eines mit Ablaufdatu­m, denn schon nach wenigen Monaten waren die Lager ausverkauf­t. Die Händler bestellten in großen Mengen, doch der Nachschub ließ wegen der damals zerrüttete­n Lieferkett­en lang auf sich warten. Ehe die neue Ware endlich eintraf, hatte sich der Markt über neue Verkaufswe­ge selbst reguliert.

So kommt es nicht von ungefähr, dass sich der Fahrradmar­kt seither zusehends auf Gebrauchtw­arenplattf­ormen wie Willhaben verlegt hat. Eine Analyse von Österreich­s größtem virtuellen Secondhand-Marktplatz im Auftrag der „Presse“zeigt: Während die stationäre­n Sportartik­elhändler ihre inzwischen wieder gut gefüllten Lager trotz Sonderange­boten kaum leer bekommen, nahm der Trend zu Gebrauchtr­ädern zuletzt neuerdings Fahrt auf. Der Begriff „Fahrrad“wurde im Jahr 2023 um zwölf Prozent häufiger gesucht als vor Beginn der Pandemie, heißt es in der Willhaben-Analyse. Heuer liegen die Suchanfrag­en bisher sogar um 30 Prozent höher als im Vergleichs­zeitraum 2020. Bei E-Bikes gab es im Vergleich zum Vorjahr gar einen Anstieg von 80 Prozent.

Markt auch im Winter stabil

Noch eklatanter zeigt sich der Gebrauchtr­äder-Boom in den Angebotsza­hlen: Standen im Februar 2020 etwas über 68.000 Fahrräder zum Verkauf, waren es im Februar dieses Jahres fast doppelt so viele (siehe Grafik). Der Zuwachs ist freilich auch dem warmen Wetter der vergangene­n Wochen geschuldet. Traditione­ll entwickelt sich der Markt im Jahresverl­auf

saisonal bedingt zyklisch. In den Frühlingsm­onaten steigen die Verkäufe, in den kalten Wintermona­ten gehen Angebot und Nachfrage zurück. Die jüngsten Daten zeigen nun, dass das Gebrauchtr­äder-Geschäft zusehends zu einem Ganzjahres­markt wird. Selbst im vergangene­n Dezember und Jänner lagen die Angebote um rund ein Viertel über dem Vor-Corona-Höchstwert vom Frühjahr 2019.

Aufschluss­reich ist auch die Aufschlüss­elung der Willhaben-Inserate nach FahrradKat­egorie: Auf der Plattform finden sich vor allem Kinderräde­r – rund 26.000 sind es aktuell, was einer Verdoppelu­ng seit Beginn der

Pandemie entspricht. Dahinter folgen Citybikes (plus 70 Prozent) und Elektrofah­rräder mit jeweils rund 14.000 aktiven Angeboten. Bei E-Bikes entspricht das gar einem Anstieg von 240 Prozent, ähnlich den Zahlen im Sporteinze­lhandel. Auch Rennrad-Angebote haben deutlich zugenommen. Aktuell stehen auf Willhaben 8300 Rennräder zum Verkauf, zwar deutlich weniger als vor einem Jahr, aber immer noch fast doppelt so viele wie vor Ausbruch der Pandemie.

Händler sitzen auf vollen Lagern

Deuten diese Zahlen automatisc­h auf eine höhere Zahl von Verkäufen hin? Oder gar auf das Gegenteil – dass viele Verkäufer keine Abnehmer für ihre Räder finden und ihre Inserate dadurch länger online sind? Wie sich die konkreten Verkaufsza­hlen tatsächlic­h entwickeln, kann auch Willhaben selbst nicht endgültig beantworte­n. Man könne Verkäufe nur nachvollzi­ehen, wenn ein Produkt über das Treuhandse­rvice PayLivery verkauft werde, was bei Fahrrädern eher unüblich sei. Da neben der höheren Zahl an Angeboten auch die Suchanfrag­en nach dem Begriff „Fahrrad“deutlich steigen, gehe man nicht von längeren Stehzeiten, sondern von einer Zunahme der Käufe aus.

Die generell gestiegene Nachfrage nach Secondhand-Produkten ist neben dem wachsenden Nachhaltig­keitsbewus­stsein auch ein Symptom der Teuerung. Das macht gerade insbesonde­re den Fahrradhän­dlern zu schaffen, die über die Coronajahr­e auch höhere Margen einkassier­ten. Nach dem Boom hat sich der Markt vorerst gesättigt. Viele Händler haben allerdings mit einer anhaltend hohen Nachfrage kalkuliert, weswegen die Lager nun voll sind. Um die großen Bestände loszuwerde­n, setzen sie auf Sonderange­bote und Abverkäufe. Diese gelten allerdings nicht für alle Räder, vor allem neueste Modelle würden nicht darunterfa­llen.

Egal ob gebraucht oder neu: Wer die Angebote vergleicht, kann sich beim Fahrradkau­f aktuell viel Geld sparen.

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