Klimawandel, Innovation und falsche Angewohnheit
In der Debatte über den Klimawandel wird Scharlatanen in den Medien oft mehr Raum gegeben als evidenzbasierter Wissenschaft. Das hat erhebliche Auswirkungen auf die Qualität des öffentlichen Diskurses.
Es scheint eine chronische Krankheit der Medien zu sein, die Arbeit bestimmter Scharlatane und Ideologen als Teil des wissenschaftlichen Diskurses zu betrachten. Dies zeigt sich in der Debatte über den Klimawandel und die durch die Wirtschaftswissenschaft vorgeschlagenen Lösungen dieser globalen Herausforderung. Positionen, die auf einer Mischung aus ideologischen Prämissen und pseudowissenschaftlicher Sprache basieren, wie die sogenannte Postwachstumstheorie, werden oft als respektable Alternativen behandelt. Die in der wirtschaftswissenschaftlichen Scientific Community vorherrschende Auffassung wird in den Medien häufig verkürzt als „Technologischer Fortschritt wird das Problem des Klimawandels lösen“dargestellt. Diese vereinfachende Fehleinschätzung hat erhebliche Auswirkungen auf die Qualität der öffentlichen Diskussion.
Neueste Forschungsergebnisse in der Wirtschaftswissenschaft haben unser Verständnis der komplexen Wechselwirkungen von Marktmacht, staatlichem Eingriff und (grüner) Innovation vertieft und zu einer Reihe von evidenzbasierten politischen Vorschlägen geführt. Obwohl die theoretischen Ergebnisse gemischt sind, zeigt die empirische Forschung, dass Wettbewerb die Innovation auf Märkten mit oligopolistischen Strukturen stimuliert und umweltfreundliche Einstellungen der Verbraucher entscheidend für innovative Aktivitäten von Unternehmen sind. Ebenso ist bekannt, dass Klimapolitik die Energiepreise beeinflusst und dadurch Investitionen in grüne Technologien sowie deren Verbreitung über Unternehmen fördert. Die effizientesten Innovationspolitik-Instrumente für Regierungen hängen vom Planungshorizont ab: Kurzfristig reagieren Innovationsaktivitäten besonders auf Forschungsund Entwicklungszuschüsse, während langfristig Investitionen in Universitätsbildung als effektiv erscheinen.
Die Vermittlung der wissenschaftlichen Erkenntnisse über das komplexe Zusammenspiel von Marktstruktur, Politik und Innovation ist keine leichte Aufgabe. Darüber hinaus erfordern die angedeuteten Lösungen Koordinierungsbemühungen von Institutionen wie wettbewerbspolitischen Behörden, Steuerpolitik sowie nationalen und supranationalen Forschungsförderungseinrichtungen.
Antiwissenschaftliche Ansätze
In der (Mainstream-)Wirtschaftswissenschaft konzentriert sich die Diskussion um Innovation und Klimawandel auf die Überwindung von Koordinationsproblemen und die Erreichung von Anreizkompatibilität in der Politik. Im Gegensatz dazu ersetzen selbst ernannte „kritische Denker außerhalb des Mainstream-Konsenses“die vorhandenen wissenschaftlichen Erkenntnisse durch Vorurteile und Ideologie. Es ist besonders schmerzlich zu sehen, dass solche antiwissenschaftlichen Ansätze zur Gestaltung der Klimapolitik häufig durch nationale und internationale Fördermittel belohnt werden, ein sehr beunruhigendes Symptom für Ineffizienzen bei der Vergabe von Forschungsmitteln in den Sozialwissenschaften.
Die empirische Literatur hebt hervor, wie die Energieintensität des Sektors und das Ausmaß des Marktwettbewerbs den Effekt von Politikmaßnahmen, einschließlich Informationskampagnen zur Förderung umweltfreundlichen Verhaltens, beeinflussen. Trotz fehlender Einheitslösung für die weltweite Beschleunigung grüner Innovationen bietet die moderne Wirtschaftswissenschaft den politischen Entscheidungsträgern einen zuverlässigen Kompass, um die Folgen ihrer Handlungen bei der Umsetzung von Innovationspolitik vorherzusagen und zu verstehen. Diese vielfältigen Ergebnisse zur Rolle der Politik als Treiber grüner Innovation, basierend auf modernen quantitativen Methoden, stehen im Kontrast zu ideologiebasierten Lösungen der „alternativen Theorien“, die oft aufgrund von falscher Ausgewogenheit medial präsentiert werden. Die Verbesserung der Qualität des öffentlichen Diskurses setzt voraus, dass Wissenschaftler und Wissenschaftlerinnen ihre Forschungsergebnisse klar und präzise kommunizieren, aber auch, dass Journalisten und Journalistinnen in der Lage sind, den Unterschied zwischen wissenschaftlichen Erkenntnissen und Scharlatanerie zu erkennen.
Es liegt außerdem in der Verantwortung der Wissenschaft, die Ungewissheit, mit der unsere empirischen Erkenntnisse behaftet sind, deutlich zu machen. Um Bertrand Russell zu zitieren: Wenn jemand sagt, er wisse die exakte Wahrheit über etwas, dann kann man sicher sein, dass er ein ungenauer Mensch ist.