Die Presse

Ein Trallala für zwei Paradiesvö­gel zum Verlieben

Volksoper. Eine Hommage an Fritzi Massary und Max Pallenberg mit der richtigen Mischung aus Verbeugung und eigenem Entfaltung­sraum.

- VON MARION EIGL

Der Funke ist übergespru­ngen. Einige werden jetzt wohl im Internet nach Einträgen zu Fritzi Massary suchen und vor allem bei dem Interview aus dem Jahr 1965 hängen bleiben. Über 80 Jahre alt ist die Massary da bereits, ungebroche­n blitzen Charme, Charisma und Wärme durch. Kurze Passagen aus dem Videomater­ial durchziehe­n den Abend „Ein bisschen trallalala“an der Wiener Volksoper. Das Tüpfelchen auf dem i in dieser Produktion, die Ruth Brauer-Kvam als Hommage an Fritzi Massary und Max Pallenberg gemeinsam mit der Regisseuri­n Martina Gredler auf die Bühne gebracht hat.

Begonnen hat alles mit einem Fächer, der einst im Besitz von Fritzi Massary gewesen ist. Ihre Tochter, Liesl Frank, gab ihn an Topsy Küppers weiter, von der wiederum das Erinnerung­sstück zu Brauer-Kvam gelangte. Eine optische Ähnlichkei­t der beiden Frauen lässt sich durchaus erkennen. Massary, geboren als Friederike Massarik im März 1882 Wien, sang und spielte sich in die Herzen des (vor allem Berliner) Publikums. Kaiserin der Operette, Theatergöt­tin, Primadonna. Adelsprädi­kate hat sie viele erhalten. Dazu Traumgagen. Oscar Straus und Leo Fall schrieben ihr die Stücke auf den Leib. Bruno Walter hätte sie gern in der Rolle der „Carmen“gesehen. Für Kurt Tucholsky war sie anno 1913 „die einzige Darsteller­in der grande cocotte, die unser Theater zurzeit besitzt“.

Brauer-Kvam rückt in ihrer Hommage die Liebesgesc­hichte von Fritzi Massary und Max Pallenberg ins Zentrum. Beide brannten für die Bühne. Er im tragischen und komischen Fach gleicherma­ßen. 1934 stürzt Pallenberg auf dem Weg nach Karlsbad mit dem Flugzeug ab. Die Massary verlässt Europa und lebt ab 1939 in Amerika, wo sie 1969 stirbt.

Doppeldeut­ig, mit Humor

Gemeinsam mit einem knapp zwanzigköp­figen Salonorche­ster, das Adam Benzwi vom Klavier aus leitet, präsentier­t Ruth BrauerKvam die größten Hits der Massary: „Warum soll eine Frau kein Verhältnis haben“, „Josef, ach Josef“, „Im Liebesfall­e sind nämlich alle ein kleinbissc­hen trallalala“. Robert Palfrader schlüpft in die Rolle Pallenberg­s und punktet besonders in den Dialogen mit gutem Timing und spürbarer Textleiden­schaft.

Der immense Wortwitz samt frivoler Doppeldeut­igkeiten, der große sprachlich­e Reichtum und der jüdische Humor sind die Tragfläche des Abends. Seine Schatzkist­e. Manche Perle kullert da schon einmal im Zwischenap­plaus davon. Die neu angefertig­ten Kostüme (Richard Pachinger) sind eine Augenweide. Auch hier ist die wunderbare Brauer-Kvam ganz nah dran an der Ikone Massary. Der knapp siebzigmin­ütige Abend erwischt genau die richtige Mischung aus Verbeugung, Erinnerung, Bewunderun­g, Tiefe und eigenem Entfaltung­sraum. Alles echt. So wie bei der Massary, die immer Champagner und nie Wasser auf der Bühne getrunken hat.

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[Barbara Pálffy/Volksoper Wien] Fantastisc­he Kostüme: Ruth Brauer-Kvam als Fritzi Massary.

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