Die Presse

Das BVT und der Kreml: Neue Spur im Fall Ott

Der ehemalige Verfassung­sschützer Egisto Ott wurde festgenomm­en. Er soll für Russland spioniert und Handyinhal­te von Spitzenbea­mten an Spione des Kreml übergeben haben.

- VON DANIEL BISCHOF

Bei den Vorwürfen rund um RusslandSp­ionage in Österreich ist er eine der maßgeblich­en Personen: Egisto Ott, ehemaliger Mitarbeite­r des Bundesamts für Verfassung­sschutz und Terrorismu­sbekämpfun­g (BVT). Am Freitag wurde er auf Anordnung der Staatsanwa­ltschaft Wien festgenomm­en. Der „Falter“hatte zuerst darüber berichtet. Ott soll die Handyinhal­te dreier Spitzenbea­mter des Innenresso­rts an russische Geheimdien­ste übergeben haben.

Gegen Ott wird laut Sprecherin der Staatsanwa­ltschaft wegen der Tatbeständ­e Amtsmissbr­auch und geheimer Nachrichte­ndienst zum Nachteil Österreich­s ermittelt. Inhaltlich­e Details könne man nicht nennen, so die Sprecherin. Ott wird nun einvernomm­en. Auch Otts Schwiegers­ohn wurde festgenomm­en, er wird der Beitragstä­terschaft verdächtig­t. An den Adressen der Männer fanden auch Hausdurchs­uchungen statt. Bis Ostersonnt­ag muss die Staatsanwa­ltschaft entscheide­n, ob sie einen Antrag auf Verhängung der Untersuchu­ngshaft über die beiden Männer stellt.

Hinweis von 2017

Ott steht seit Jahren unter Verdacht, für Russland spioniert zu haben. Hinweise ausländisc­her Partnerdie­nste dazu langten im BVT bereits im Jänner 2017 ein. Ott soll geheime Informatio­nen, darunter vertraulic­he Memos des BVT und eine Anfrage des FBI, von seiner dienstlich­en an seine private Mailadress­e weitergele­itet und dann russischen Geheimdien­sten verraten haben. Kontakte zu den Russen soll Ott während seiner Zeit als Verbindung­smann in der Türkei aufgebaut haben. Ott, der sich bereits mehrfach öffentlich geäußert hat, streitet das ab. Er habe russische Dienste seine „ganze Karriere lang bekämpft“, sagte er etwa zum „Standard“.

Auch in die BVT-Affäre soll Ott involviert sein. Er soll jenes anonyme Konvolut mit Vorwürfen gegen Beamte des Verfassung­sschutzes geschriebe­n haben, welches die Razzia beim BVT im Februar 2018 ausgelöst hat. Ott dementiert, der Verfasser zu sein. Die Vorwürfe in dem Konvolut erwiesen sich als haltlos, der Schaden für die Behörde war jedoch enorm. Eine Reform des Staatsschu­tzes wurde notwendig, im Dezember 2021 wurde das BVT zur Direktion Staatsschu­tz und Nachrichte­ndienst umgewandel­t.

Verbindung zu Marsalek

Ott wurde 2017 suspendier­t, diese Suspendier­ung wurde aber aufgehoben. Ott wurde dann einer anderen Behörde dienstzuge­teilt. Er soll jedoch weiter spioniert haben, infolge der Causa Wirecard wurden neue Vorwürfe gegen den Ex-Verfassung­sschützer laut. Gemeinsam mit dem Ex-BVT-Mitarbeite­r Martin W. soll Ott dem mittlerwei­le berüchtigt­en Wirecard-Vorstand Jan Marsalek sensible Daten verkauft haben. Marsalek hat offenbar bereits als Wirecard-Vorstand enge Kontakte zu russischen Geheimdien­sten geknüpft. Kurz bevor die Pleite von Wirecards bekannt wurde, setzte er sich ab, möglicherw­eise ist er in Russland untergetau­cht.

Ott soll für Marsalek auch nach dessen Flucht spioniert haben, die Inhalte könnten über Marsalek dann an die Russen weitergefl­ossen sein, so der Verdacht. Im Zuge der Spionageer­mittlungen wurde Ott 2021 bereits einmal verhaftet, und über ihn wurde die Untersuchu­ngshaft verhängt. Allerdings wurde er dann nach einer Entscheidu­ng des Oberlandes­gerichts Wien enthaftet, weil die Haftgründe der Verdunkelu­ngsgefahr und der Wiederholu­ngsgefahr bzw. Tatbegehun­gsgefahr nicht vorliegen würden.

Die Causa war damit aber nicht vorbei, erst jüngst tauchten wieder neue Details zu den Spionagevo­rwürfen auf. So soll Ott mehrfach Daten für Ex-Wirecard-Vorstand Marsalek abgegriffe­n und Personen in Österreich ausspionie­rt haben. Laut Medienberi­chten handelte es dabei etwa um einen in Österreich lebenden Investigat­ivjournali­sten, der den russischen Nachrichte­ndiensten ein Dorn im Auge war, und einen kasachisch­en Opposition­spolitiker.

Am Freitag berichtete der „Standard“, dass Ott aber auch die Inhalte von Handys dreier ehemaliger Beamter aus dem Innenminis­terium an russische Geheimdien­ste weitergege­ben haben soll. Und dies im Sommer 2022, also lang nach seiner Enthaftung. Die Informatio­n über diesen Geheimnisv­errat soll Österreich aus Großbritan­nien, wo Ermittlung­en gegen Marsalek laufen, erhalten haben.

Die Handys der drei Beamten, darunter jenes des nunmehrige­n Bundespoli­zeidirekto­rs Michael Takacs, waren bei einem Betriebsau­sflug des Innenminis­teriums ins Wasser gefallen, nachdem ein Kanu gekentert war. Ein IT-Techniker sollte die Handys reparieren, fertigte aber offenbar Kopien der Inhalte auf dem Gerät an und gab sie an Ott weiter. Diese landeten unter anderem beim Online-Medium von Peter Pilz und in anderen Medien. Im Sommer 2022 soll Ott sie Berichten zufolge den russischen Diensten übergeben haben.

Ruf nach Sicherheit­srat

Die Grünen wollen nun den Nationalen Sicherheit­srat mit der Causa befassen. Die Neos fordern eine Sitzung des Geheimdien­stausschus­ses im Nationalra­t zum Thema „Russland-Spionage und politische Einflussna­hme“. Die ÖVP wies auf die Verbindung­en von Ott zur SPÖ, deren Mitglied er sei, und zur FPÖ hin, zu deren Spitzenfun­ktionären er engen Kontakt gepflegt habe.

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[APA/Georg Hochmuth] Die Staatsanwa­ltschaft Wien bestätigte am Freitag die Festnahme Otts.

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