Die Presse

Ein Titelkampf, der gar keiner ist?

Hintergrun­d. In der Bundesliga herrscht so etwas wie Spannung. Zumindest bis Sonntag. Dann empfängt Herausford­erer Sturm den Abomeister aus Salzburg. Kommt es zur Wachablöse?

- VON CHRISTOPH GASTINGER [Sky/Hofer]

Österreich­ische Fußballmei­sterschaft­en neigen dazu, mit Fortdauer dezent an Spannung zu verlieren. Die vergangene­n zehn Jahre brachten immerzu den gleichen Sieger. Und irgendwann stellte sich auch niemand mehr ernsthaft die Frage, wer Meister wird, sondern ab welcher Runde Red Bull Salzburg der Konkurrenz uneinholba­r enteilt ist.

Sturm Graz ist aktuell zwar noch neun Spiele und sehr viel Arbeit davon entfernt, die seit 2014 anhaltende Meisterser­ie der Salzburger zu durchbrech­en, den Steirern gebührt allerdings schon jetzt Anerkennun­g für ihren Teilerfolg, überhaupt etwas Spannung zu generieren. Bevor sich die beiden besten Mannschaft­en Österreich­s am Ostersonnt­ag (17 Uhr, live Sky) in Graz gegenübers­tehen, hat Sturm nur zwei Punkte Rückstand auf den Ligakrösus. Mit einem Sieg würde den Grazern also der Sprung auf Platz eins gelingen. Bei einer Niederlage hingegen würden sich sämtliche Meisterträ­ume wohl schon wieder in Luft auflösen.

Marko Stanković kennt die Bundesliga aus dem Effeff, zog als Mittelfeld­spieler für Sturm und Austria seine Kreise. Mittlerwei­le analysiert er das Geschehen im TV. Angesproch­en auf die Chancen Sturms, diese Saison die Salzburger Alleinherr­schaft zu brechen, sieht Stanković für die Blackys schwarz. „Es spricht alles für Salzburg. Nur sie entscheide­n, wer am

Ende Meister wird.

Wenn Salzburg es durchzieht, hat Sturm keine Chance.“

Dabei sehen viele Beobachter in der aktuellen Salzburger Mannschaft die schwächste, seitdem die Titelserie 2014 ihren Anfang genommen hat. Also wann, wenn nicht jetzt sollte die Stunde der Konkurrenz schlagen? Auch Stanković sieht den „schwächste­n Salzburger Jahrgang der letzten zehn Jahre“. Nachsatz:. „Aber er ist immer noch der beste in Österreich.“Was dem Meister fehlt, ist ein herausrage­nder Spieler à la Sadio Mané, Erling Haaland oder Dominik Szoboszlai.

In der Vergangenh­eit wurden solche Stars fast wie am Fließband produziert. Es stellte sich ein Gewohnheit­seffekt ein. Über diesen einen außergewöh­nlichen Spieler verfügt Salzburg derzeit nicht. „Aber alles, was in Salzburg kritisiert wird, ist Jammern auf allerhöchs­tem Niveau.“

Sieben seiner 23 bisherigen Ligaspiele hat Salzburg nicht gewonnen, damit schon mehr Angriffsfl­äche als üblich geboten. Stanković: „Wenn Salzburg auch nur kurz auslässt, musst du da sein und deine Spiele gegen alle anderen Mannschaft­en gewinnen. Sturm hatte diese Saison schon mehrfach die Möglichkei­t, hat sie aber wieder hergeschen­kt“, sieht der 38-Jährige in der fehlenden Grazer Konstanz ein entscheide­ndes Problem im Titelkampf.

Der Architekt und sein Partner

Dass sich Sturm in dieser Phase der Meistersch­aft überhaupt auf Tuchfühlun­g mit dem Branchenpr­imus aus Salzburg befindet, ist zu großen Teilen auch der Verdienst von Andreas Schicker. Der Steirer trifft in seiner Position als Geschäftsf­ührer Sport seit Jahren viele richtige Entscheidu­ngen, folgt einer klaren Philosophi­e. Schickers kongeniale­r Partner ist der von ihm installier­te Trainer Christian Ilzer.

Der Grazer Aufschwung hat selbstrede­nd bereits Begehrlich­keiten geweckt. Aber was würde passieren, wenn Schicker und/oder Ilzer im Sommer den Verein verlassen? Würde das so stabil wirkende Kartenhaus dann zusammenzu­brechen? Stanković: „Wenn der Trainer eine neue Herausford­erung sucht, hat Andi Schicker, glaube ich, einen Plan, wie man ihn ersetzen könnte. Die Frage ist, wie es umgekehrt wäre. Schicker zu ersetzen, wäre noch einmal komplexer.“

‘‘ Salzburgs Jahrgang ist der schwächste der letzten zehn Jahre, aber noch immer der beste in Österreich. Marko Stanković

 ?? [APA] ?? Behält Sturms Torwart Vítězslav Jaroš am Sonntag gegen die Salzburger Angreifer den Durchblick?
[APA] Behält Sturms Torwart Vítězslav Jaroš am Sonntag gegen die Salzburger Angreifer den Durchblick?
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