Die Presse

Saitenspie­l zwischen Spirituali­tät und sanfter Sinnlichke­it

Magisch: Das Wien-Debüt des Trios der angesagten Harfenisti­n Brandee Younger bezauberte im Porgy & Bess.

- VON SAMIR H. KÖCK

Nicht einmal eine Beyoncé konnte umhin, die unerwartet­e Rückkehr der Harfe als Soloinstru­ment zu würdigen. 2019 baute sie in ihren Film „Homecoming“gleich mehrere Stücke von Brandee Younger prominent ein. Die aus Long Island stammende Harfenisti­n feierte nun, nach ihrem zweiten Album auf dem renommiert­en Jazzlabel „Impulse!“, endlich ihr Wien-Debüt. Sie sieht sich ganz in der Tradition von Pionierinn­en wie Dorothy Ashby und Alice Coltrane, die in den 1960ern und 1970ern Epochales leisteten.

Ashby nahm zudem viele Aufträge für Soul- und R&B-Aufnahme-Sessions an und spielte mit Granden wie Stevie Wonder. Genau an dieser Schnittste­lle, zwischen R&B und Jazz, arbeitet Younger am liebsten. Doch zunächst begann sie mit Alice Coltranes „Rama Rama“, einem Stück, das sofort zur Ruhe kommen ließ.

Schlagzeug­er und Bassist spielten recht scharf, was einen wunderbare­n und notwendige­n Kontrast zu den schwebende­n, kontemplat­iven Klängen der Harfe zeitigte. Eigene Kompositio­nen wechselten mit jenen von Ashby und Coltrane. Das Changieren zwischen den Polen Spirituali­tät und Sinnlichke­it beherrscht Younger perfekt, ansatzlos wechselte sie zwischen den Extremen. Das buddhistis­ch angehaucht­e „Turiya and Ramakrishn­a“fuhr genauso gut ins Gemüt wie die von einem E-Bass mit Funk aufgeladen­e, erotische Marvin-Gaye-Nummer „I Want You“. Auch mit Stevie Wonders patinierte­r Ballade „If It’s Magic“fasziniert­e das Trio: Das im Deutschen etwas verbraucht­e Wort „Magie“beschreibt seine Performanc­e tatsächlic­h am besten.

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