Die Presse

ORF-Gehälter: Die Angst vor der Neiddebatt­e

Die Namen der ORF-Topverdien­er werden veröffentl­icht. Die FPÖ wird das für einen Angriff nützen.

- VON ISABELLA WALLNÖFER

Bis Ende März muss der ORF jene Topverdien­er namentlich nennen, die mehr als 170.000 Euro im Jahr verdienen. Erst am Ostersonnt­ag, auf den letzten Drücker, will der ORF die Liste an das Bundeskanz­leramt übermittel­n. Veröffentl­icht wird sie am Dienstag. Die FPÖ will sich schon früher darum bemühen. Gut möglich, dass die Namen vorab geleakt werden. Die FPÖ poltert ja seit Monaten gegen die „Zwangsgebü­hr“und will die ORF-Redaktion an die Kandare nehmen. Sie wird die Liste als Waffe gegen den ORF einsetzen. Aber auch andere werden die Neiddebatt­e schüren.

Dennoch: Was ist so schlimm daran, Spitzengeh­älter zu veröffentl­ichen? Die ARD tut es. Die BBC seit 2017. In beiden Fällen liegt die Grenze ebenfalls bei 170.000 Euro im Jahr. Bei der BBC zeigte sich 2017, dass zwei Drittel der Topverdien­er Männer waren. Der bestverdie­nende Mann kam auf 2,5 Millionen Euro im Jahr – bei den Frauen waren es nur 550.000 Euro. Mittlerwei­le haben sich die Gehälter angegliche­n: Im Sommer 2023 lag das Verhältnis bei 1,59 zu 1,16 Mio. Euro.

Von solchen Gehältern kann man im ORF freilich nur träumen. Etwa 60 Personen werden auf der Liste stehen – überwiegen­d Männer. Anzunehmen ist, dass sich auch der ORF in Richtung finanziell­e Gleichstel­lung bewegen wird (müssen). Bestverdie­ner soll übrigens der langjährig­e Unternehme­nssprecher Pius Strobl sein, der zuletzt den Um- und Neubau des ORF-Campus gemanagt hat und deutlich mehr verdient als ORF-Generaldir­ektor Roland Weißmann. Mehr als dieser bekommt auch Ö3-Moderator Robert Kratky. Auch „ZiB 2“-Anchor Armin Wolf wird auf der Liste stehen. Im ORF gilt die Faustregel: je älter der Vertrag, desto teurer. Mittlerwei­le wurden die Gehälter abgespeckt.

Jetzt fürchten Topverdien­er, „an den Pranger gestellt“zu werden, und sorgen sich wegen der zu erwartende­n Neiddebatt­e. Sie könnten sich aber auch hinstellen und sagen: Ich bin es wert. In Österreich fehlen solche Rolemodels. Die Regelung ergibt jedenfalls Sinn. Nicht nur im Sinne der Gleichstel­lung, sondern auch im Sinne der Beitragsza­hler. Sie haben ein Recht zu erfahren, was mit ihrem Geld passiert. Und wenn man Gehälter öffentlich diskutiere­n muss, werden hoffentlic­h nur jene ein Topgehalt bekommen, die es auch verdienen.

Newspapers in German

Newspapers from Austria