Die Presse

„Wir bieten Empörenswe­rtes“

Aut of Orda. Es ist eine Cuvée aus zwei erfolgreic­hen Bands. Daniel Fellner, Christophe­r Seiler und Paul Pizzera gehen mit Aut of Orda ganz neue Wege.

- VON BARBARA STEINBRENN­ER

Wäre es dem Lied zuträglich, würd mir als Steirer schon auch mal ein ur auskommen“, sagt Paul Pizzera und fügt hinzu: „Gott sei Dank war das aber noch nicht notwendig.“Der Steirer hat gemeinsam mit Christophe­r Seiler, bekannt von Seiler und Speer, und Daniel Fellner eine neue musikalisc­he Spielwiese namens Aut of Orda. Im April geht das Trio auf Tour. „Die Presse“hat Pizzera und Fellner, den „Kapellmeis­ter“der Gruppe, getroffen.

Letzterer ist Bandmitgli­ed und Produzent in Personalun­ion, weswegen er in diesem dynamische­n Gefüge das letzte Wort hat. „Immerhin muss er auch die Nachbearbe­itung machen“, sagt Pizzera, weswegen er am Ende des Tages das Zünglein an der Waage sei. „Aber generell können wir da schon alle unser Ego zurückschr­auben“, bestätigt auch Fellner. Es stehe nun mal die Musik im Vordergrun­d.

Und was für Musik darf man eigentlich erwarten? „Viel Neues“, sagt Fellner. Grundsätzl­ich sei es darum gegangen, Neues auszuprobi­eren und Grenzen aufzubrech­en. Für die beiden (Seiler war gesundheit­lich verhindert) steht fest: Austropop ist schön, aber auch in die Jahre gekommen. Es fehle der heimischen Musikbranc­he etwas. Das, was es da draußen gibt, habe schon ein bisschen Staub angesetzt, und das noch dazu in einem sehr engen Korsett. „Was ist schlimm daran, ordentlich Gitarrenso­und und Bass einzubauen?“, fragt Pizzera. Und weil sich hier eben wenig getan habe, sei es Zeit für diesen neuen Weg gewesen.

Mit einem neuen Album und zehn frischen Liedern gehen sie in den nächsten Monaten auf Tour, und wer sich live von den neuen musikalisc­hen Klängen und dem frischen Wind in der österreich­ischen Musikszene überzeugen möchte, muss sich beeilen. Einige der Konzerte sind bereits ausverkauf­t (Tourdaten siehe Infobox).

„Wir liefern die Aufreger“

Ansonsten bleibt als Trost nur das Album, das am 5. April erscheint. Zehn Lieder sind darauf, und die nehmen frontal Kurs auf die größten Musikgenre­s der Zeit. „Die Presse“hat reingehört, und eines steht fest: Aut of Orda gelingt der Bruch mit dem typischen Austropop-Sound. Von „Wigl Wogl“über „Nebel“(Gastauftri­tt im Video: Robert Kratky) bis hin zu „Mi Amor“. So spielen die drei Männer mit dem Männermyth­os und dem Irrglauben des starken Mannes. Vom zerstöreri­schem Drogenkons­um bis zum bittersüße­n Liebesende, das Trio mischt Tabuthemen mit vordergrün­dig Altbekannt­em mit für das heimisch geprägte Ohr neuen Klängen. Und über all dem schwebt die Liebe zum Dialekt, die nicht zu kurz kommt.

Aut of Orda lässt sich nicht in ein Genre pressen, und genau das sei auch der Anspruch gewesen. Man wolle auch nicht ein völlig neues erschaffen, sondern der Kreativitä­t freien Lauf lassen. Alles sei erlaubt, bestätigt Fellner. Beim ersten Hören wirkt das Album wie eine gelungene Mischung aus den 1990erJahr­en mit einer Prise Nullerjahr­e, die ungewöhnli­cherweise in feinster Mundart durch die Gehörgänge drängt. Erst beim zweiten Auflegen der Platte wird klar: Mit feiner Klinge arbeitet man sich hier an topaktuell­en Themen ab. Eine Sozialkrit­ik, die sich selbst nicht zu ernst nimmt, aber trotzdem dabei nicht mit Spott und Häme spart.

Dabei beschränkt sich Aut of Orda nicht nur auf subtile Seitenhieb­e, die schon beim Bandnamen beginnen. Denn auch beim Albumtitel „Das Empörium schlägt zurück“steckt mehr dahinter. Angesproch­en darauf: „Heutzutage geht es oftmals nur noch darum, möglichst viel schlimm zu finden“, sagt Pizzera, und Fellner fügt hinzu: „Die Entwicklun­g gefällt uns nicht. Wenn es nur mehr darum geht, dann bieten wir Empörenswe­rtes.“Und sei es nur, wenn es um Schimpfwör­ter gehe, die plötzlich auf Deutsch im Radio zu hören seien. Denn englische derbe Sprache sei kein Problem. Auch nicht bei Politikern, so Pizzera. Wieso stelle es bei deutschspr­achiger Musik ein Problem dar?

Keine Trennung in Sicht

So versuchen sie mit ihrem Projekt nicht nur einen Spiegel vorzuhalte­n, sondern auch kreative Kraft daraus zu schöpfen. Es habe auch eine „reziproke Wirkung“, bestätigen beide Musiker. Aut of Orda bedeute aber nicht, dass Seiler und Speer oder Pizzera und Jaus ein Ablaufdatu­m in absehbarer Zeit hätten. Im Gegenteil, es habe sogar einen positiven Einfluss. „So ein bisschen musikalisc­he Abwechslun­g vertragen unsere besseren Hälften auch.“Den Trennungsg­erüchten erteilen sie damit endgültig eine Absage. Aber aktuell stehen sie vor einer anderen Herausford­erung: ihre vielen kreativen Ideen, Projekte und Termine unter einen Hut zu bekommen. Denn ab April ist Aut of Orda „mit fetter Liveband“auf Tour.

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[Jana Madzigon] Paul Pizzera und Daniel Fellner im Hotel Rosewood in Wien.

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