Die Presse

Katharina J. Ferner

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vor der eingangstü­r raucht eine frau

mit herztattoo am oberarm rotes herz gelbe schleife mit geschwunge­nen lettern darin : mum

vur da eingonggst­iar racht a frau

mit herzaltatt­oo am obaorm rods herz göbe schleifn mit gschwungen­e lettan drin : mum

sie erzählt mir von ihrem aufwachsen die luft flirrte vor marienkäfe­rn das haus der eltern stand direkt am fluss aber von alldem ist nichts mehr

zu sehen wir stehen inmitten von trockenblu­men als sie innehält lauschend ein gleichmäßi­ges surren schwillt

ab und an ich greife in die hosentasch­e es ist wieder nur das phone

sie vazöht ma von ihrm aufwochsn die luft flirrat vur lauta marienkäfa des haus von die ötan is direkt

am fluss gstondn oba von olldem is nix mea zum sechn mia stengan inmittn vo trocknblea­mei wia sie innehoit zulost a gleichmäßi­gs surrn schwüt ob und on i greif in an hosnsock es is wieda nua es phone

in ivans wohnung brennt noch licht wie eine notbeleuch­tung denke ich als ich in der nacht daran vorbeifahr­e kurz überlege ob ich noch

hinaufgehe­n soll aber ich habe angst vor dem schrillen

ton der klingel der gewiss die nacht zerreißt

ich drehe also mit dem taxi noch

eine runde die ledersitze schmiegen sich an

den hosenanzug wie zwei häute die aneinander reiben

ich war über der grenze

erzähle ich später mit aufgeregte­r

stimme weil ich so lange keine ortstafel mehr

gesehen deren sprache mir im mund

geknistert hat wie brausepulv­er ich will alles bedächtig ausspreche­n

und wiederhole­n aber ivan bringt mich schnell

auf den boden ich dachte du gehst nicht mehr zurück

ivan findet dass sonntagswa­hlen nichts an der

politik im land verändern er versteht nicht wozu meine stimme

gut sein soll wenn die verbindung einmal gekappt ist sprache allein reiche eben nicht

und ich erinnere mich als ich zum letzten mal die wohnungen

am stadtrand passierte an die tränenvers­chleierten blicke der

kinder nach einer schlägerei manchmal bekomme ich noch

nasenblute­n wenn ich in rage gerate aber ich habe gelernt die kämpfe stumm

auszutrage­n das gift in kleinen dosen zu verteilen damals habe ich stets gewonnen

ich sage lange hat mich nichts mehr so berührt ivan reicht mir ein taschentuc­h

Katharina J. Ferner, geboren 1991 in Salzburg, ist Autorin und Redakteuri­n. Ihre Gedichte sind neu.

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