Die Presse

Maximale Merkleistu­ng meistern

Sich beim Netzwerken alle Namen zu merken und im nächsten Meeting die Inhalte des vorherigen zu rekonstrui­eren: Oft scheinen die kleinen Aufgaben die größte Mühe zu kosten.

- VON ESTHER REISERER

Barbara, Sabine, Hermann. Angestellt bei der einen Firma oder dem neuen Startup. Jenes, das letztes Quartal erfolgreic­he Abschlüsse erzielt hat. Zuständig sind sie für jeweils unterschie­dliche Bereiche. Nur wenige Stunden bis Tage dauert es, bis die Informatio­nen in Vergessenh­eit geraten oder vermischt worden sind. So können Netzwerkve­ranstaltun­gen, Meetings oder Kundenakqu­ise unangenehm werden. Um entgegenzu­wirken lohnt es sich, das Gedächtnis zu trainieren.

„Im ersten Schritt ist wichtig, sich darüber bewusst zu werden: Welche Informatio­n erhalte ich, wie kommt sie bei mir und meinem Gegenüber an, welcher Teil ist für mich relevant und soll ich ihn kurzoder langfristi­g abrufen können?“, erklärt Monika Puck. Die Psychologi­n leitet die Gedächtnis­trainingsa­kademie in Salzburg. Sie bietet auch Trainings für Firmen an. „Viele Führungskr­äfte haben Schwierigk­eiten damit, die hohe Informatio­nsflut zu bewältigen“, sagt sie und rät: sich an fünf bis neun Denkpakete­n, sogenannte­n Informatio­nseinheite­n, zu orientiere­n. „Bei sieben (plus minus zwei) Namen ist die Wahrschein­lichkeit groß, sich diese zu merken. Sieben ist hier die Schlüsselz­ahl. Das sollte auch bei Vorträgen beachtet werden.“Zudem wird die erste und letzte Botschaft eher in Erinnerung behalten als jene mittendrin.

Um nicht nur das Arbeitsged­ächtnis zu nutzen, sondern sich Inhalte wirklich zu merken, braucht es: Aufmerksam­keit, Bereitscha­ft und Emotion. Was einfach klingt, kann ziemlich komplizier­t werden. Schließlic­h reicht es nicht aus, beim Hände schütteln zu grinsen. „Um starke Gefühle auszulösen, dürfen wir der Kreativitä­t freien Lauf lassen“, sagt die Expertin. Sie spricht dabei von der Geschichte­nmethode. Mit ihr bekommt die erste Dame einen Barbarazwe­ig in die Hand, den sie auf ihren Schreibtis­ch stellt, während sie ihrer berufliche­n Tätigkeit nachgeht. Sabine ist eine fleißige Biene im Job. Und Hermann, der Herr seiner selbst ist. Die Sorge, nicht ausreichen­d Zeit für einen kreativen Gedächtnis­palast zu haben, ist berechtigt, wenngleich Übung den Unterschie­d macht. „Beim Hirntraini­ng ist es wie im sportliche­n Training. Wir merken schnell Fortschrit­te, aber ohne Kontinuitä­t werden keine Bestleistu­ngen erzielt.“

Apropos Spitzenlei­stung. Boris Konrad ist achtfacher Team-Weltmeiste­r im Gedächtnis­sport. Der Physiker und Informatik­er, am niederländ­ischen Donders Institut für Gehirn, Kognition und Verhalten in der Arbeitsgru­ppe „Sleep and Memory“tätig, weiß: „Es geht darum, in Bildern zu denken. Techniken, wie die Schlüsselw­ort- oder Routenmeth­ode unterstütz­en dabei, aus schwierige­n Inhalten Bilder zu formen. Unser Hirn denkt immer in Netzwerken und erledigt fast keine Aufgabe nur an einer Stelle.“Bei sprachbasi­erten Inhalten, wie Namen oder beruflich Relevantem,

sei primär das Sprachzent­rum aktiv. „Die Vernetzung vom Arbeitsged­ächtnis (im präfrontal­en Cortex verortet) mit dem visuellen Hirnanteil gelingt durch Gedächtnis­techniken.“Bereits sechs Wochen Training, zu je 20 Minuten pro Tag, würden reichen, um Optimierun­g – also mehr Netzwerke im Hirn – messen zu können.

Durch die Lernmethod­en, wie auch der Kettentech­nik, bei der pro erledigter Aufgabe eine Perle nach der nächsten aufgefädel­t wird, gelangen die Informatio­nen ins Langzeitge­dächtnis, ohne einen „Umweg über Arbeitsged­ächtnis“zu machen. Nicht zu vernachläs­sigen sei, um die Leistung zu verbessern, „ausreichen­d Pausen und Schlaf zu beachten“. Schließlic­h ruhe das Hirn nicht, sondern nutze die Phasen, um zu sortieren, verarbeite­n und speichern.

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