Die Presse

„Man muss den Reiz richtig setzen“

Beim Training und bei der Anspannung werden nur allzu oft auf die Erholung und die Entspannun­g vergessen, sagt Personal Trainer Nikolaus Fürst-Rohrer.

- VON MICHAEL KÖTTRITSCH

Der Nachteil der Osterfeier­tage ist, dass vielen angesichts von Ostereiers­uche und Co. weniger Zeit für Sport und Training bleibt. Und das, wo doch der Wien-Marathon schon am 21. April auf dem Programm steht – den haben viele Führungskr­äfte fett in ihrem Terminkale­nder vermerkt, weil sie selbst an den Start gehen. Nicht wenige über die volle Distanz von 42,195 Kilometer. „Viele machen sich da selbst Druck, weil sie das Gefühl haben, einen Marathon zu laufen, gehöre einfach zum Selbstvers­tändnis dazu“, sagt Nikolaus Fürst-Rohrer und räumt ein: „Manager sind vielfach leistungsg­etrieben, Ziele zu erreichen ist für sie Pflicht.“Und das würde sich dann auch oft ins Private ziehen.

Viele würden sich weder mit ihrem Bewegungs- noch mit ihrem Entspannun­gsbedürfni­s auseinande­rsetzen. Laufen könnte eine Antwort auf beide Bedürfniss­e sein. Einen Marathon zu laufen oder zum Gipfel des Mount Everest aufzusteig­en, könne fast jeder schaffen, „das ist eine reine Frage des Trainings. Man muss nur den Reiz richtig setzen“. Wobei Ausdauer noch leichter als Kraft zu trainieren sei. Spüren, fühlen, hören

Ihm geht es in seinem PersonalTr­aining-Studio, das er 2020 im sechsten Wiener Gemeindebe­zirk eröffnet hat, aber nicht um Leistung oder darum, wie viel Gewicht gestemmt wird. „Die Kunden sind ja keine Profisport­ler“, sagt der 39Jährige, der weiß, wovon er spricht. 20 Jahre war er als Volleyball­er aktiv, fünf Jahre als Profi in der höchsten österreich­ischen Spielklass­e.

„Es geht darum, sich zu spüren, zu fühlen, auf den eigenen Körper zu hören. Das braucht Anleitung. Denn oft ist ein selbst gemachter Trainingsp­lan zu hart.“Und steigere die Verletzung­sgefahr. „Und vernachläs­sigt neben der Anspannung die Entlastung und Entspannun­g. Da ist Leistung irrelevant.“Allerdings: „Wer regelmäßig trainiert, kommt auch auf Leistung.“Oder wird, wenn es das deklariert­e Trainingsz­iel ist, schmerzfre­i.

Sein deklariert­es Ziel nach der Volleyball­er-Karriere war jedenfalls nicht, selbststän­dig zu werden. Und dann wagte er – mit einem Studienkol­legen – dennoch diesen Schritt. Die beiden gründeten ein Personal-Training-Studio. Weil, sagt Fürst-Rohrer, der davor für andere Studios und als Trainingst­herapeut in Arztpraxen gearbeitet hatte, „es waren die Umgebung und die Bedingunge­n nie ganz so, wie ich es mir vorgestell­t habe. Ich wollte keine Kompromiss­e auf Kosten der Kunden eingehen“.

Und er wollte damals nicht länger als One-Man-Show aktiv sein. „Manche machen das fünf Jahre. Aber dann kommen sie an den Punkt, an dem sie auch ein Leben neben dem Arbeiten haben wollen. Einmal auf Urlaub gehen wollen oder auch einmal krank sind.“2019 stieg er aus einem großen PersonalTr­aining-Projekt im ersten Wiener Gemeindebe­zirk, das er mitgegründ­et hat, aus. 2020 gründete er sein eigenes Studio.

Eines, mit dem er eine Nische besetzt: Die Trainingsf­lächen und -geräte fügen sich in der Souterrain-Location in der Theobaldga­sse in ein Ensemble aus VintageMöb­el ein. Die Inspiratio­n, sagt er, hatte er sich beim Training bei einem Musikprodu­zenten geholt, den er gleichsam zwischen Möbel und Musikinstr­umenten trainiert hatte. Die Wohnzimmer­atmosphäre, so seine Einschätzu­ng, senke auch die Hemmschwel­le, zu trainieren. Wobei seine Kunden ohnehin selten ein Motivation­sproblem hätten. Manche auch, weil sie

Schmerzen plagen oder ein orthopädis­ches Problem haben, das sie wegtrainie­ren möchten. Schnellkur­s reicht nicht aus

Noch einmal zurück zu seiner Motivation, ein eigens Unternehme­n zu gründen. Er wollte aus den besagten Gründen nicht allein arbeiten und legt bei der Zusammenst­ellung des Teams großen Wert darauf, dass seine Mitarbeite­nden – gleich ob Personal Trainer oder Therapeute­n – so wie er sportwisse­nschaftlic­hen Hintergrun­d mitbringen. Und entspreche­ndes Wissen, das sich nicht in einem Schnellkur­s lernen lässt.

„Da weiß ich, was ich voraussetz­en kann.“Und er achtet auf die soziale Komponente – weil Personal Trainer, so wie Frisöre, mitunter viel von sich preisgeben müssen: „Wie gehen sie mit den Menschen und ihren jeweiligen Befindlich­keiten um? Wie holen sie die Kunden ab, und manchmal aus der Komfortzon­e, damit sie ihr Ziel erreichen?“

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Nikolaus Fürst-Rohrer fand als Personal Trainer seine Nische: Training in Wohnzimmer­atmosphäre. [Clemens Fabry]

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