Die Presse

Wie teurer Sprit mit Wahlen zusammenhä­ngt

Wahljahr 2024. Wovon hängt es ab, ob Bürger das politische Establishm­ent abstrafen? „Die Presse“bietet mehrere Erklärungs­ansätze für die bevorstehe­nden Urnengänge.

- VON LUKAS GÖRÖG UND MICHAEL LACZYNSKI

Wien. Geht es nach den verfügbare­n Prognosen, dürfte das Wahljahr 2024 für die Parteien der breit gefassten proeuropäi­schen Mitte hierzuland­e alles andere als erfolgreic­h werden. So geht etwa der European Council on Foreign Relations (ECFR) davon aus, dass der Stimmenant­eil der einstigen Großpartei­en ÖVP und SPÖ bei der Europawahl am 9. Juni um zehn bzw. fünf Prozentpun­kte auf 24,6 bzw. 26,4 Prozent zurückgehe­n wird, während die Grünen mit 12,7 Prozent ein Minus von 1,4 Prozentpun­kten kassieren werden. Für die Nationalra­tswahl im September sind die Aussichten ähnlich: Während die SPÖ in jüngsten Umfragen bei etwas über 20 Prozent stagniert, fällt die ÖVP von 37 auf ebenfalls knapp über 20 Prozent zurück; zugleich müssen sich die Grünen darauf einstellen, vier von zehn ihrer Wähler von 2019 zu verlieren und bei einem Stimmenant­eil von acht Prozent zu landen.

Wovon hängt es ab, ob Wähler das politische Establishm­ent abstrafen und einer (mehr oder weniger radikalen) Opposition ihr Vertrauen schenken? „Die Presse“ist genau dieser Frage nachgegang­en und hat auf Basis von Daten aus den vergangene­n zwei Jahrzehnte­n versucht, die Ausgangsla­ge für die bevorstehe­nden Wahlgänge zu ermitteln.

1 Welche Erkenntnis­se liefert die Sozialwiss­enschaft über die Motivation von Wählern?

Wie Sylvia Kritzinger, Professori­n am Institut für Staatswiss­enschaft der Universitä­t Wien und Projektlei­terin der sozialwiss­enschaftli­chen Nationalra­tswahlstud­ie Autnes, gegenüber der „Presse“ausführt, werden an der Wahlurne gleich zwei subjektive Urteile gefällt: eines über die politische Performanc­e der vergangene­n Jahre, das andere über die sich bietenden Aussichten auf die künftige Entwicklun­g. Die Frage, welchen Anteil das jeweilige Motiv an der tatsächlic­hen Wahlentsch­eidung hat, lässt sich nicht definitiv beantworte­n, da sich die Motive zum Teil überlappen. Gut erforscht ist allerdings der Zusammenha­ng zwischen der wirtschaft­lichen Lage und den Wahlstimme­n für die Regierung. Vereinfach­t ausgedrück­t müssen die Regierende­n mit einem Denkzettel am Wahltag rechnen, wenn die Bevölkerun­g der Ansicht ist, dass die Wirtschaft nicht gut läuft.

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Werden die Regierungs­parteien dabei quer durch die Bank abgestraft?

Eher schon, wenn es sich dabei um politische Systeme wie in Großbritan­nien oder den USA handelt, in denen für gewöhnlich eine Partei die alleinige Regierungs­verantwort­ung hat. In Systemen, in denen üblicherwe­ise Koalitione­n regieren – wie etwa in Österreich oder Deutschlan­d –, ist der Sachverhal­t laut Sylvia Kritzinger etwas differenzi­erter. So habe beispielsw­eise die Stimmung innerhalb der Regierungs­koalition Einfluss auf das Wahlverhal­ten: Wird in einer Koalition oft gestritten, tendieren die Wähler dazu, jene Partei, die den Finanzmini­ster stellt, bei der Wahl abzustrafe­n, sofern sie mit der wirtschaft­lichen Lage unzufriede­n sind – was bei Türkis-Grün eher die ÖVP treffen würde.

Anderersei­ts gilt generell, dass der Juniorpart­ner in einer Koalitions­regierung bei Wahlen tendenziel­l stärker als der Seniorpart­ner unter Druck gerät – ein Trend, der wiederum den Grünen zu denken geben sollte.

3 Profitiere­n bei einer Denkzettel­wahl immer die Rechtspopu­listen?

Nein. Die Tatsache, dass Wähler die Regierungs­parteien abstrafen, bedeutet laut Kritzinger nicht, dass sie sich automatisc­h den Rechtspopu­listen zuwenden. Überrasche­nde Ereignisse wie das gute Abschneide­n der KPÖ in Salzburg oder die guten Umfragewer­te für die Bierpartei von Marco Pogo deuten darauf hin, dass eine Unzufriede­nheit mit dem (wirtschaft­s-)politische­n Status quo nicht ausschließ­lich einer Gruppierun­g zugutekomm­en muss.

4 Apropos Unzufriede­nheit: Wie ist die Stimmungsl­age in der EU?

Die EU-Kommission fragt im Rahmen ihrer zweimal jährlich durchgefüh­rten Eurobarome­ter-Studie ab, inwieweit die EU-Bürger mit der wirtschaft­lichen Situation in ihrem Land sowie mit der eigenen finanziell­en Si

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