Allein, aber nie alleingelassen
Rund 70.0000 Ein-Personen-Unternehmen bestehen in Wien. Das unternehmerische Alleinsein bringt viele Freiheiten, aber auch Herausforderungen.
Etwa 60 Prozent aller Wiener Betriebe sind Ein-PersonenUnternehmen (EPU) – der Chef oder die Chefin ist hier allein und ohne Mitarbeiter tätig. Insgesamt agieren in der Bundeshauptstadt rund 70.000 solcher Unternehmen. „Sie spielen eine entscheidende Rolle in Wiens Wirtschaft: Sowohl im B2B- wie auch im B2C-Bereich“, sagt Kasia Greco, EPU-Sprecherin und Vizepräsidentin der WK Wien selbstbewusst. Viele der Betriebe sind flexibel und agil und unterstützen mittelständische Unternehmen oft dort, wo diese erst umfassendere Prozesse etablieren müssten, die mit großer Ressourcenbindung und hohen Kosten verbunden wären, erzählt sie über eine der Stärken dieser Unternehmen: „EPU steigen in die Struktur ein, erledigen die Aufgaben und steigen wieder aus.“
Solch schnelle und effektive Unterstützung für andere Unternehmen bietet beispielsweise Michaela Benkitsch. Die Unternehmensberaterin bezeichnet sich als Markenstrategin und Positionierungsexpertin. „Ich unterstütze andere dabei, ihre Marke zu entwickeln und zu schärfen – das geht von der Findung der Zielgruppe bis zur Positionierung in der Öffentlichkeit“, berichtet sie. Das „Alleinsein“sieht sie als wichtiges Argument bei der Kundenakquise und formuliert diese Stärke ähnlich wie Greco: „Ich vergleiche EPU ganz gern mit einem Motorboot, damit ist man flexibel und schnell und man kann auch spontan einmal anlegen, innehalten – mit einem großen Unternehmen wäre das nicht möglich.“
Im ständigen Austausch
Auf einem ganz anderen Gebiet ist Simone Muck tätig. Sie betreibt seit 2022 als Ein-Personen-Unternehmen einen Salon für Fußpflege und Kosmetik in der Taborstraße 51. Selbstständig hat sie sich gemacht, um unabhängig zu sein: „Ich muss nicht von neun bis fünf im Geschäft
stehen, sondern kann mir die Kundentermine selbst einteilen. Das ist auch leichter vereinbar mit der Betreuung meiner einjährigen Tochter“, sagt sie. Ganz allein ist Muck aber auch als EPU nicht. In einem Netzwerk mit Branchenkollegen
hat sie Kooperationspartnerinnen kennengelernt, die ihr nicht nur mit Rat, sondern im Krankheitsfall oder bei Notfällen auch mit Tat zur Seite stehen: „Wenn ich ausfalle, betreut eine Kooperationspartnerin meine Kundinnen und Kunden mit derselben Qualität, das ist mir wichtig“, erzählt sie.
Geboten werden Möglichkeiten zum Netzwerken von der Wirtschaftskammer Wien, die EPU auch mit vielen anderen Leistungen unterstützt, wie Greco erzählt: „Wir bieten speziell auf EPU zugeschnittene Serviceangebote.“Als Beispiele nennt sie das Weiterbildungsformat EPU-Kompakt, kostenlose Workshops und Webinare oder die EPU-Sprechstunde, in der sie Wiener EPU persönlich berät (mehr dazu im Artikel rechts außen). Die Anliegen der EPU drehen sich meist um bürokratische Hürden, Verkaufsstrategien, Sozialversicherungsthemen und Finanzierungsmöglichkeiten,
berichtet Greco.
Und nicht nur zahlreiche kostenlose Serviceleistungen bietet die Wirtschaftskammer Wien den EPU, sie vertritt auch deren Interessen. In einer WK-Befragung im Herbst wurden dazu die am dringendsten notwendigen Verbesserungen erfragt. Demnach wollen 70 Prozent der befragten EPU eine Anhebung der Grenze für geringwertige Wirtschaftsgüter von 1000 auf 1500 Euro. Im Bereich soziale Absicherung werden ein Ausbau des SVS-Vorsorgeprogrammes „Selbständig gesund“und ein früherer Anspruch auf Arbeitslosengeld sowie Verbesserungen beim Arbeitslosengeldbezug gewünscht. Wichtige Forderungen sind auch die Erhöhung der Umsatzgrenze der Kleinunternehmerpauschalierung von 40.000 auf 85.000 Euro und die Erhöhung der umsatzsteuerrechtlichen Kleinunternehmergrenze von 35.000 auf 85.000 Euro.