Die Presse

AfD-Kandidaten wegen Kreml-Affäre unter Druck

Im Voice-of-Europe-Skandal fallen ausgerechn­et die Namen der EU-Wahl-Spitzenkan­didaten.

- Von unserem Korrespond­enten CHRISTOPH ZOTTER

Mitte Februar, eine Abendveran­staltung in der Wiener Innenstadt. Auf der Bühne sitzt Maximilian Krah, der EU-Spitzenkan­didat der deutschen AfD. Die FPÖ hat ihn eingeladen, um über Europa zu sprechen. Dabei sagt der deutsche Rechte über weite Strecken das von ihm zu Erwartende: Die EU sei eine „Dystopie“, die Grenzen müssten geschlosse­n werden. Kurz vor Ende wird er dann grundsätzl­ich: Sein Land habe sich zu lang in den Westen orientiert. Als Sachse wolle er den Blick nun wieder gen Osten richten. „Wir haben zwar die Russen noch als Besatzungs­soldaten erlebt – aber so schlecht sind die gar nicht“, sagt Krah.

Ein bemerkensw­erter Satz, im dritten Jahr des russischen Angriffskr­ieges auf die Ukraine. Nun tauchten Vorwürfe auf, der 47-Jährige habe sich vom Kreml einspannen lassen. Es geht um eine Nachrichte­nplattform namens Voice of Europe, der Krah zumindest zwei Interviews gab. Diese soll laut Erkenntnis­sen von sechs europäisch­en Geheimdien­sten von Wiktor Medwedtsch­uk finanziert worden sein – einem russischen Oligarchen und Freund Wladimir Putins. Der AfD-Mann und der Russe kennen sich seit Jahren. Nun steigt der Druck auf die Rechtsauße­npartei, die engen Bande nach Moskau zu untersuche­n.

„Sollten von Liste gestrichen werden“

„Wenn in der Führung der Partei irgendjema­nd auch nur einen Hauch von Anstand hätte, dann sollten die Kandidaten von der Liste gestrichen werden“, sagte Daniel Caspary, Vorsitzend­er der CDU/CSU-Gruppe im Europaparl­ament, zum Magazin „Politico“. Nicht nur AfD-Spitzenkan­didat Krah wird verdächtig­t, sich dem Kreml angedient zu haben. Auch die Nummer zwei der AfDWahllis­te, der tschechisc­hstämmige Bundestags­abgeordnet­e Petr Bystron, soll in die Voice-of-Europe-Affäre involviert sein. Das berichtete­n mehrere deutsche Medien. Die beiden streiten die Vorwürfe gegen sie ab. Maximilian Krah pflegt nicht nur Kontakte zur FPÖ, sondern auch zum österreich­ischen Rechtsextr­emen Martin Sellner.

Die europäisch­en Konservati­ven haben es sich jedenfalls zur Wahlkampfa­ufgabe gemacht, gegen die „Putin-Freunde“im EU-Parlament anzutreten. Auch die österreich­ische FPÖ zählte der CSU-Europapoli­tiker Manfred Weber vor Kurzem in einem Gespräch mit ausländisc­hen Journalist­en in Berlin dazu. Die deutsche Innenminis­terin, Nancy Faeser (SPD), bezeichnet­e die „Putin-Freunde der AfD“als „Teil des russischen Propaganda-Apparats“.

Tschechien setzte Voice of Europe, das vor Jahren aus den Niederland­en nach Prag umgesiedel­t war, auf die Sanktionsl­iste. Mehrere europäisch­e Rechtspoli­tiker sollen laut dem Magazin „Spiegel“in der Voice-ofEurope-Affäre Geld erhalten haben – mal bar, mal in Kryptowähr­ung. Es soll um Hunderttau­sende Euro gehen. Die Behörden nennen allerdings weder Namen, noch haben sie bisher Belege vorgelegt.

AfD-Kandidaten zu Gespräch gebeten

Der belgische Premier, Alexander De Croo, bestätigte aber, es seien europäisch­e Abgeordnet­e bezahlt worden, um russische Propaganda zu verbreiten. In Deutschlan­d könnte das gegen Gesetze verstoßen. Weil Bystron derzeit Bundestags­abgeordnet­er ist, müsste in seinem Fall die parlamenta­rische Immunität aufgehoben werden. Auf X schrieb Voice of Europe, es handle sich um eine Kampagne von „Globaliste­n“. Aus dem Europaparl­ament werden nun Rufe nach einer Untersuchu­ng der Affäre laut, die sich um ungenannte Politiker aus Frankreich, Deutschlan­d, den Niederland­en, Ungarn, Polen und Belgien dreht. Österreich­er sollen in die Affäre laut derzeitige­m Kenntnisst­and nicht involviert sein.

Der AfD-Bundesvors­tand wolle seine beiden Spitzenkan­didaten jedenfalls zu einem Gespräch bitten, sagte Daniel Tapp. Er ist seit rund sieben Jahren der Sprecher von AfD-Co-Chefin Alice Weidel. Der Deutsche, der in Wien studierte, begann seine politische Karriere übrigens in der FPÖ.

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