AfD-Kandidaten wegen Kreml-Affäre unter Druck
Im Voice-of-Europe-Skandal fallen ausgerechnet die Namen der EU-Wahl-Spitzenkandidaten.
Mitte Februar, eine Abendveranstaltung in der Wiener Innenstadt. Auf der Bühne sitzt Maximilian Krah, der EU-Spitzenkandidat der deutschen AfD. Die FPÖ hat ihn eingeladen, um über Europa zu sprechen. Dabei sagt der deutsche Rechte über weite Strecken das von ihm zu Erwartende: Die EU sei eine „Dystopie“, die Grenzen müssten geschlossen werden. Kurz vor Ende wird er dann grundsätzlich: Sein Land habe sich zu lang in den Westen orientiert. Als Sachse wolle er den Blick nun wieder gen Osten richten. „Wir haben zwar die Russen noch als Besatzungssoldaten erlebt – aber so schlecht sind die gar nicht“, sagt Krah.
Ein bemerkenswerter Satz, im dritten Jahr des russischen Angriffskrieges auf die Ukraine. Nun tauchten Vorwürfe auf, der 47-Jährige habe sich vom Kreml einspannen lassen. Es geht um eine Nachrichtenplattform namens Voice of Europe, der Krah zumindest zwei Interviews gab. Diese soll laut Erkenntnissen von sechs europäischen Geheimdiensten von Wiktor Medwedtschuk finanziert worden sein – einem russischen Oligarchen und Freund Wladimir Putins. Der AfD-Mann und der Russe kennen sich seit Jahren. Nun steigt der Druck auf die Rechtsaußenpartei, die engen Bande nach Moskau zu untersuchen.
„Sollten von Liste gestrichen werden“
„Wenn in der Führung der Partei irgendjemand auch nur einen Hauch von Anstand hätte, dann sollten die Kandidaten von der Liste gestrichen werden“, sagte Daniel Caspary, Vorsitzender der CDU/CSU-Gruppe im Europaparlament, zum Magazin „Politico“. Nicht nur AfD-Spitzenkandidat Krah wird verdächtigt, sich dem Kreml angedient zu haben. Auch die Nummer zwei der AfDWahlliste, der tschechischstämmige Bundestagsabgeordnete Petr Bystron, soll in die Voice-of-Europe-Affäre involviert sein. Das berichteten mehrere deutsche Medien. Die beiden streiten die Vorwürfe gegen sie ab. Maximilian Krah pflegt nicht nur Kontakte zur FPÖ, sondern auch zum österreichischen Rechtsextremen Martin Sellner.
Die europäischen Konservativen haben es sich jedenfalls zur Wahlkampfaufgabe gemacht, gegen die „Putin-Freunde“im EU-Parlament anzutreten. Auch die österreichische FPÖ zählte der CSU-Europapolitiker Manfred Weber vor Kurzem in einem Gespräch mit ausländischen Journalisten in Berlin dazu. Die deutsche Innenministerin, Nancy Faeser (SPD), bezeichnete die „Putin-Freunde der AfD“als „Teil des russischen Propaganda-Apparats“.
Tschechien setzte Voice of Europe, das vor Jahren aus den Niederlanden nach Prag umgesiedelt war, auf die Sanktionsliste. Mehrere europäische Rechtspolitiker sollen laut dem Magazin „Spiegel“in der Voice-ofEurope-Affäre Geld erhalten haben – mal bar, mal in Kryptowährung. Es soll um Hunderttausende Euro gehen. Die Behörden nennen allerdings weder Namen, noch haben sie bisher Belege vorgelegt.
AfD-Kandidaten zu Gespräch gebeten
Der belgische Premier, Alexander De Croo, bestätigte aber, es seien europäische Abgeordnete bezahlt worden, um russische Propaganda zu verbreiten. In Deutschland könnte das gegen Gesetze verstoßen. Weil Bystron derzeit Bundestagsabgeordneter ist, müsste in seinem Fall die parlamentarische Immunität aufgehoben werden. Auf X schrieb Voice of Europe, es handle sich um eine Kampagne von „Globalisten“. Aus dem Europaparlament werden nun Rufe nach einer Untersuchung der Affäre laut, die sich um ungenannte Politiker aus Frankreich, Deutschland, den Niederlanden, Ungarn, Polen und Belgien dreht. Österreicher sollen in die Affäre laut derzeitigem Kenntnisstand nicht involviert sein.
Der AfD-Bundesvorstand wolle seine beiden Spitzenkandidaten jedenfalls zu einem Gespräch bitten, sagte Daniel Tapp. Er ist seit rund sieben Jahren der Sprecher von AfD-Co-Chefin Alice Weidel. Der Deutsche, der in Wien studierte, begann seine politische Karriere übrigens in der FPÖ.