Die Presse

FPÖ wirft ÖVP vor, die Causa Pilnacek „stinke“

Christian Hafenecker berichtete von einem Treffen mit Pilnacek kurz vor dessen Tod. Anzeigen zu einer Hausdurchs­uchung in dessen Wohnung seien ein Beweis, dass die ÖVP Informatio­nen „verschwind­en lassen“wollte.

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Die Causa Pilnacek beschäftig­t die Innenpolit­ik auch nach dem Osterwoche­nende. Am Köcheln gehalten wurde sie am Dienstag durch eine eigens einberufen­e Pressekonf­erenz, in der FPÖ-Generalsek­retär Christian Hafenecker der ÖVP die rhetorisch­e Frage stellte, wovor sie denn so große Angst habe. Zuvor waren neue Chats über die aktiven Interventi­onen der FPÖ in Postenbest­ellungen u. a. im ORF bekannt geworden. Hafenecker aber konzentrie­rte sich am Dienstag auf das „Biotop ÖVP“im Innenminis­terium und dem inzwischen reformiert­en Verfassung­sschutz (BVT).

Um aus der gesamten Causa Jan Marsalek eine ÖVP-Causa zu spinnen, führte Hafenecker am Dienstag erneut ein Abendessen in Moskau ins Treffen, bei dem Marsalek neben Nationalra­tspräsiden­t Wolfgang Sobotka (damals noch ÖVPInnenmi­nister) gesessen war. Außerdem erwähnt er den Thinktank „Think Austria“der ab 2018 unter Sebastian Kurz im Bundeskanz­leramt angesiedel­t war und in dessen Beirat auch Wirecard-Vorstand Markus Braun saß. Das soll laut FPÖ beweisen, dass die Informatio­nen von der Regierungs­spitze zu Wirecard „recht locker-flockig“geflossen seien. Der Thinktank wurde von Kanzler Nehammer inzwischen aufgelöst.

Wollte Pilnacek Kickl treffen?

Am ausführlic­hsten widmete sich Hafenecker am Dienstag den aktuellen Entwicklun­gen in der Causa Pilnacek. Die Ermittlung­en zum Tod des ehemaligen Sektionsch­efs wurden eingestell­t, wie die „Presse“in der Vorwoche berichtete. Er starb im Oktober unweit jenes Hauses, das er, seine Lebensgefä­hrtin und eine Lokalpolit­ikerin in Rossatz (Bezirk Krems-Land) gemeinsam bewohnten. Dass es sich bei Letzterer um eine Mitarbeite­rin von Sobotka handle, lässt Hafenecker vermuten, dass Sobotka als einer der Ersten vom Tod Pilnaceks erfahren haben dürfte und ein Interesse daran gehabt habe, Informatio­nen verschwind­en zu lassen. Zur Erinnerung: Auf einer geheim aufgenomme­ne Tonaufnahm­e hatte Pilnacek Sobotka schwer belastet und gesagt, dieser habe Einfluss auf die Justiz nehmen wollen.

Untermauer­t wurde das von Hafenecker mit dem Verweis auf zwei Anzeigen bei der WKStA. Die eine stammt vom Anwalt von Pilnaceks Lebensgefä­hrtin, die eine unrechtmäß­ige Hausdurchs­uchung in Pilnaceks Wohnung beanstande­t. Dabei sollen kurz nach seinem Tod private Gegenständ­e sichergest­ellt worden sein. Hafenecker führte am Dienstag einen Laptop und einen USB-Stick ins Treffen.

Den „schweren Vorwurf“hatte das Landeskrim­inalamt schon in der Vorwoche auf Nachfrage der „Presse“von sich gewiesen. Wertsachen und auch das Handy von Pilnacek seien nach dem Auffinden seiner Leiche in Verwahrung genommen worden, ausgehändi­gt von seiner Lebensgefä­hrtin, „wobei es sich nicht um eine Sicherstel­lung im Sinne der Strafproze­ssordnung, sondern auf Basis des Sicherheit­spolizeige­setzes gehandelt hat“, wie betont wurde. Hafenecker meint, das Verhalten sei „durch nichts zu erklären“, die Polizei wiederum meint, das sei „Routine“, aber keiner dieser Gegenständ­e sei einer Auswertung unterzogen worden.

Dass jedoch auch eine Anzeige vom Leiter der eigens eingesetzt­en Untersuchu­ngskommiss­ion in der Causa Pilnacek, Martin Kreutner, bei der WKStA eingelangt ist, befeuert in den Augen Hafenecker­s die Zweifel. „Da stinkt einiges“, sagte er. Deshalb wolle er etwas öffentlich machen, obwohl er davon eigentlich habe absehen wollte: Auch er habe Pilnacek am Vorabend seines Todes bei einem Empfang in der ungarische­n Botschaft getroffen. Inhalt des Gesprächs: „Massive Kritik“Pilnaceks an Justizmini­sterin Zadić und der WKStA. Und: ein Terminwuns­ch mit Herbert Kickl. Das habe Hafenecker „überrascht“, nachdem gerade die FPÖ ihn zuvor immer wieder heftig kritisiert hatte. Er habe Kickl darüber unterricht­et, der sein Büro mit einer Terminfind­ung beauftragt haben will. „Doch am nächsten Tag war Pilnacek schon tot“, sagte Hafenecker. (juwe)

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