Innsbruck: Was für Georg Willi spricht
Der grüne Bürgermeister hat die besten Chancen, wiedergewählt zu werden. Auch dank der – selbstverständlich unfreiwilligen – Unterstützung durch das konservative Lager. Eine Analyse.
Am 14. April finden in Innsbruck Gemeinderats- und Bürgermeisterwahlen statt, im Fall einer – sehr wahrscheinlichen – Stichwahl kommt es zwei Wochen später zum Showdown zwischen den beiden Bestplatzierten. Umfragen zufolge werden das Amtsinhaber Georg Willi von den Grünen und Markus Lassenberger von der FPÖ sein. Für den ÖVP-Spitzenkandidaten, Florian Tursky, wäre dieses Szenario eine Blamage. Andere Bewerber (insgesamt treten 13 Listen an) kommen für die Stichwahl ohnehin kaum infrage. Die besten Chancen, die Geschicke der Tiroler Landeshauptstadt auch in den kommenden sechs Jahren zu leiten, hat Willi.
Sein Märtyrer-Image
Die zur Halbzeit der Legislaturperiode geplatzte Koalition mit der ÖVP, Für Innsbruck und SPÖ, beschlossene, aber mangels Mehrheit nicht umgesetzte Projekte wie die Neugestaltung des Platzes vor der Hofburg, Ermittlungen der Wirtschafts- und Korruptionsanwaltschaft (WKStA) wegen des Verdachts der Untreue und des Amtsmissbrauchs aufgrund von Zulagen und Sonderverträgen für eine frühere Personalamtsleiterin, die aber letztlich alle eingestellt wurden. Trotz einer von Rückschlägen geprägten ersten Amtsperiode verfügt Georg Willi über bemerkenswerte Beliebtheitswerte – die auch und vor allem darauf zurückzuführen sind, dass seine Tätigkeit als Bürgermeister de facto von Anfang an sabotiert wurde: von der FPÖ, die den Grünen bei der Wahl 2018 unterlegen war, aber auch von der ÖVP und Für Innsbruck. Letztere Liste, eine ÖVP-Abspaltung, hat nie verkraftet, dass Willi Christine Oppitz-Plörer in der Stichwahl besiegt hat.
Ereignisse und Entwicklungen, die Willis Ansehen zwar teilweise beschädigt, die ihm aber auch ein Märtyrer-Image eingebracht haben. Gelang es ihm doch immer wieder recht geschickt, sich als denjenigen zu inszenieren, der gern Projekte umsetzen würde, daran aber von den anderen Parteien gehindert wird. Hinzu kommt, dass er das Thema Wohnen und Mieten (Innsbruck ist zum Wohnen zusammen mit Salzburg die teuerste Stadt Österreichs) sehr früh zu seinem wichtigsten erkoren hat – mit zahlreichen Vorstößen wie etwa einer Abgabe für leerstehende Wohnungen und der Nutzung sogenannter Vorbehaltsflächen. Das bedeutet, dass Baugrund, der größer ist als 3000 Quadratmeter und seit mindestens 15 Jahren nicht bebaut wurde, zur Vorbehaltsfläche erklärt wird. Wenn sich der Eigentümer dann zum Verkauf dieser Flächen entschließt, muss er die Hälfte davon um 416 Euro pro Quadratmeter an die Stadt oder einen gemeinnützigen Wohnbauträger verkaufen und damit dem geförderten Wohnbau zur Verfügung stellen – die andere Hälfte darf er weiterhin zu marktüblichen Preisen veräußern. Bekanntlich wurde daraus nichts, weil sich keine Mehrheit im Gemeinderat fand. Auch die Leerstandabgabe brachte bisher keinen nennenswerten Erfolg, weil der Großteil der Eigentümer ihre leerstehenden Wohnungen nicht angibt – und dazu auch nicht gezwungen werden kann. Oder aber die Leerstandabgabe (bis zu 430 Euro pro Monat) einfach bezahlt. Initiativen, von denen die Bevölkerung nicht profitiert hat, sehr wohl aber Willi selbst, weil sein offensichtlicher Einsatz gegen hohe Mieten in der Bevölkerung goutiert wird.
Erneute ÖVP-Spaltung
Dass das bürgerliche Lager in Innsbruck erneut nicht geschlossen antritt, ist ein weiterer Faktor, der Georg Willi in die Karten spielen könnte. Denn ÖVP-Vizebürgermeister Johannes Anzengruber tritt mit eigener eigenen Liste („Ja – Jetzt Innsbruck“) an und wird aller Voraussicht nach der Liste „das Neue Innsbruck“– bestehend aus ÖVP, Seniorenbund und Für Innsbruck – Stimmen wegnehmen. Spitzenkandidat dieser Liste ist Florian Tursky, bis vor Kurzem Staatssekretär für Digitalisierung und ehemaliger Pressesprecher sowie Büroleiter des langjährigen Tiroler Landeshauptmanns Günther Platter (ÖVP). Und weil der FPÖSpitzenkandidat Markus Lassenberger, ein Exekutivbeamter, ähnlich wie Willi über hohe Beliebtheitswerte verfügt und ein Nutznießer davon ist, dass die FPÖ seit Jahren geschlossen auftritt, wird es für Tursky schwierig, in die Stichwahl zu kommen. Realistischer ist eine Abstimmung zwischen Willi und Lassenberger – eine Konstellation, in der Willi, der sich stets als „bürgerlicher Grüner“positionierte und mit Stimmen von Sympathisanten aller anderen Parteien außer der FPÖ rechnen kann, der Favorit wäre. Tursky hat also nicht unrecht, wenn er sagt, dass eine Stimme für Anzengruber indirekt eine Stimme für Willi sein könnte.
Stabile Wählerbasis
2018 kamen die Grünen auf 24,2 Prozent der Stimmen, vor der FPÖ mit 18,6 Prozent und Für Innsbruck mit 12,2 Prozent. Innsbruck war – auch wegen der Tausenden stimmberechtigten Studierenden (rund 35.000 der 130.000 Einwohner sind Studierende, natürlich nicht alle stimmberechtigt) sowie des Dauerthemas Verkehr – schon immer ein gutes Pflaster für die Grünen. Willi kann sich also in jedem Fall auf eine stabile Wählerbasis verlassen.