Rapid und der Tanz mit dem Hochofen-Ballett
Treffen Rapid und Leoben im Cup aufeinander, denkt man an 1995, den letzten SCR-Triumph. Was passiert 2024?
Nostalgie und Verklärung sind gängige, fortlaufende Stilmittel im österreichischen Fußball. Geht es um Rapid, rollt auch flott Melancholie einher, denn die Erinnerung an vergangene Tage birgt unwidersprochen auch die kalte Wahrheit, dass Hütteldorf seit Jahrzehnten keinen Titel mehr gewonnen hat. 2008 gelang mit Trainer Peter Pacult die letzte Meisterfeier, die ist also nunmehr 16 Jahre her. Und der bis dato letzte Cupsieg ist gar 29 Jahre alt. 1995 besiegte Rapid, betreut von Ernst Dokupil, DSV Leoben dank eines Tores der Leoben-Ikone Peter Guggi mit 1:0.
Jetzt treffen sich die beiden Klubs im Halbfinale des ÖFB-Cups wieder. Doch ganz so klar ist die Rollenverteilung längst nicht mehr. Die Hütteldorfer kicken in der Meisterrunde, sind dort nach einer holprigen Saison vorerst Vierter. Der Gewinn des Meistertellers ist aber weiterhin bloß ein naives Wunschkonzert. Leoben, charmant weiterhin als „Hochofen-Ballett“gepriesen ob seiner Wurzeln – die Stadt ist bekannt für Hüttenwesen und Bergbau; der Vorgängerverein WSV Donawitz galt als Werkssport der Alpine, die zur Voestalpine fusionierte und zwei Hochöfen in Donawitz pflegt –, glänzt in der zweiten Liga. Man wird allerdings den erhofften Aufstieg verpassen, weil mit GAK ein weiterer Steirer-Klub in dieser Saison eher nichts mehr anbrennen lässt und nach 21 Runden mit 14 Punkten Vorsprung führt in dieser 16er-Liga.
DSV, also der Donawitzer Sportverein Leoben, ist der einzige Zweitligist im Cup-Semifinale und damit in Österreich die Ausnahme im Vergleich zu Deutschland, wo gleich drei unterklassige Vereine nach der Sensation gieren. Auf dem medial kolportierten Finanzskandal lasten Fragezeichen, die sportliche Zukunft scheint trotzdem vorgezeichnet. Im zweiten Halbfinale treffen Sturm Graz und Salzburg aufeinander, das Endspiel steigt am 1. Mai in Klagenfurt.
Rapid sollte besser vorgewarnt sein, in der „Monte Schlacko“-Arena entfacht der Gastgeber aktuell eine Glut. Mit WSG Tirol, WAC und Altach wurden bereits drei Erstligisten niedergerungen, der Cup liebt hier offenbar seine anderen Gesetze und auch Stürmer Deni Alar will davon profitieren. Der 34-Jährige erlebt seinen x-ten Frühling, der einstige Rapid- und Graz-Stürmer trifft am laufenden Band. Er führt in der Torschützenliste mit 14 Treffern, bei den CupSensationen traf er insgesamt fünf Mal. Zur Vollständigkeit: Der Leobener war beim epischen Finalspiel 1995 erst fünf Jahre jung.
Dass Alar später in Hütteldorf seltene Höhen und unzählige Tiefen erlebte ist Teil der österreichischen Fußballkultur. Ohne Titel überwiegt immer die Unmut. Schießt er Leoben jedoch am Mittwoch weiter, öffnet sich womöglich der Weg in den Europacup. Für das Hochofen-Ballett wäre es eine Sensation, also Nostalgie. Für Rapid wäre es eine Ernüchterung, weil es wieder eine Saison ohne Titel wird. Gewinnt aber Hütteldorf, blüht die verträumte Verklärung. Vom ersten Cupsieg seit 29 Jahren …
Schießt ein Ex-Rapidler Grün-Weiß aus dem Cup? DSV Leoben will hoch hinaus.