Google spionierte Nutzer aus
Nutzer forderten fünf Milliarden Dollar von Google, weil der Browser Chrome im Inkognitomodus Daten gesammelt habe. Nun gibt es eine Einigung mit der Mutter Alphabet.
Wien. Wer im Internet nach einem Hotel für den nächsten Urlaub sucht, wird in den Wochen darauf mit Werbung für andere Hotels im gewünschten Zielland regelrecht bombardiert. Grund dafür ist das Geschäftsmodell der Anbieter von Suchmaschinen und Browsern. Sie sammeln die Daten der Nutzer und verkaufen sie an Unternehmen, die so gezielt Werbung schalten können. Eine Vorgangsweise, die nicht immer im Interesse der Nutzer ist.
Der Ausweg: der Inkognitomodus. Besonders beliebt ist er bei Suchanfragen, die am besten keine Spur im World Wide Web hinterlassen. Denn in diesem Modus sollen keine Daten gesammelt werden. Doch dieses Versprechen hat Google nicht gehalten.
Das geht jedenfalls aus der Ankündigung des Konzerns hervor, Milliarden von Datensätzen über die Browseraktivitäten seiner Nutzer zu löschen. Dieser Schritt ist Teil einer Einigung aufgrund einer Sammelklage aus dem Jahr 2020. Die Kläger warfen dem Unternehmen vor, das Browserverhalten von Menschen auch im Inkognitomodus zu verfolgen und die entsprechenden Daten ohne deren Wissen zu speichern. Konkret ging es dabei um Nutzer von Googles Webbrowser Chrome. Obwohl die Funktion des Inkognitomodus es den Benutzern ermöglicht, die Datenerfassung beim Verwenden des Chrome-Browsers zu deaktivieren, sammeln andere Google-Tools, die von Websites verwendet werden, dennoch ihre Daten, so die Klage.
Nutzer dürfen Cookies blocken
Google, das sich im Dezember zur Einigung bereit erklärte, wird nun „Milliarden“von Datensätzen löschen, die das private Browsen von Personen widerspiegeln. Das geht aus einer Einreichung am Bundesgericht in San Francisco hervor. Google sagte auch, es habe mehrere Änderungen an seinen Nutzungsbedingungen vorgenommen, um zu klären, wie die Daten von Personen gesammelt werden, sowie welche Aktivitäten für Websites sichtbar sind, wenn Benutzer im Inkognitomodus browsen. Das Unternehmen stimmte zudem zu, den Nutzern des Inkognitomodus für die nächsten fünf Jahre zu erlauben, Cookies von Drittanbietern zu blockieren.
„Wir freuen uns, diese Klage beizulegen, von der wir immer glaubten, dass sie unbegründet war“, sagte ein Google-Sprecher. „Wir verknüpfen niemals Daten mit Benutzern, wenn sie den Inkognitomodus verwenden. Wir freuen uns, alte technische Daten zu löschen, die nie mit einer Person in Verbindung gebracht wurden und nie für irgendeine Form der Personalisierung verwendet wurden.“
Obwohl die Kläger fünf Milliarden Dollar (4,65 Mrd. Euro) Schadenersatz forderten, beinhaltet die Einigung keine Zahlung von Google. Stattdessen können Einzelpersonen Schadenersatzansprüche geltend machen, indem sie eigene Beschwerden gegen Google einreichen. Etwa 50 Personen haben dies bereits getan, sagten die Anwälte der Kläger.
Einigung „bahnbrechend“
Die Anwälte nannten die Einigung „bahnbrechend“und einen „historischen Schritt“, um große Technologieunternehmen dazu zu verpflichten, transparent gegenüber den Nutzern darüber zu sein, wie sie ihre Daten sammeln und verwenden. Googles Zustimmung, Benutzerinformationen rückwirkend zu löschen, sei ein bedeutendes Zugeständnis.
Dieser Schritt erfolgt zu einer Zeit, zu der Google mit mehreren regulatorischen Herausforderungen in den USA und anderen Ländern konfrontiert ist, da es steigende Bedenken darüber gibt, wie die Technologiegiganten die riesigen Datenmengen nutzen, die sie von Nutzern sammeln.
Die Einigung verhinderte auch einen Prozess, der für Februar angesetzt war. Allerdings dürfte 2024 trotzdem ein sehr geschäftiges Jahr für die Anwälte von Google werden. So ist für den September ein Geschworenenprozess in Zusammenhang mit einer Klage des US-Justizministeriums anberaumt, bei der das Unternehmen beschuldigt wird, durch illegale Monopolisierung der digitalen Werbung gegen das Kartellrecht verstoßen zu haben.
Illegale Monopolisierung?
Eine ähnliche Klage aus Texas und anderen US-Bundesstaaten ist für März 2025 geplant. Und in einem dritten Fall soll ein US-Richter in Washington im Mai die Schlussplädoyers in einem Kartellrechtsprozess hören, in dem darüber verhandelt wird, ob das Unternehmen den Onlinesuchmarkt illegal monopolisiert habe. (Bloomberg/red.)