Was dürfen ORF-Mitarbeiter eigentlich (verdienen)?
Der ORF veröffentlichte seine Top-Verdiener – und einen Ethikkodex, der Nebenbeschäftigungen und den Umgang mit Social Media regelt.
Jene Liste, die für politischen Zündstoff sorgt, findet sich auf Seite acht des „ORF Public Value“-Berichts: Erstmals musste das Unternehmen Mitarbeiter namentlich nennen, die mehr als 170.000 Euro brutto im Jahr verdienen. Manche der Namen sind aus Radio und Fernsehen bestens bekannt. Andere, etwa aus dem Verwaltungsbereich, hat man noch nie gehört. Das Spitzengehalt liegt bei rund 440.000 Euro. Vier Personen verdienen über 400.000 Euro, die anderen liegen unter 284.000 Euro. Insgesamt gelten 1,3 Prozent der Belegschaft laut der vom Gesetzgeber eingezogenen Marke als Topverdiener.
Vieles, was sich aus der Liste ablesen lässt, hat man so erwarten müssen: Drei Personen im ORF verdienen jeweils mehr als 300.000 Euro – allesamt Männer. Unter den 29, die zwischen 200.000 und 300.000 Euro im Jahr verdienen, finden sich nur acht Frauen. Erst in den unteren beiden Gehaltsklassen kippt das Verhältnis: Bei jenen, die bis 50.000 Euro im Jahr verdienen, steht es 2:1 für die Frauen. Der Gender Pay Gap wird den ORF also noch beschäftigen.
Auch kein Geheimnis: Je älter die Verträge, desto höher die Gehälter im ORF. Die drei Topverdiener auf der Liste sind alle über fünfzig. Nur ein einziger ORF-Mitarbeiter unter dreißig verdient zwischen 100.000 und 150.000 Euro. Die Kurve wird in Zukunft jedenfalls flacher: Für 2024 gab es im ORF eine Valorisierung der Gehälter und Honorare um moderate 4,6 Prozent. Einige freie Mitarbeiter, zu denen etwa die Topverdiener im Radiobereich zählen, kommen auf hohe Einkommen, weil sie ihre Gagen frei verhandeln – und jederzeit woanders anheuern könnten.
Die alten Dienstverträge stammen noch aus der Zeit (oder vor der Zeit) des dem SPÖDunstkreis zuzurechnenden Alexander Wrabetz, der von 2007 bis 2021 ORF-Generaldirektor war. Kritik kam zuletzt von der FPÖ. Am Dienstag meldete sich auch SPÖ-Mediensprecherin Muna Duzdar zu Wort, die meinte: „Solche Gagen darf es nicht geben.“
Mitarbeiter mit Markenwert
Das lässt freilich außer Acht, dass es im ORF journalistische Mitarbeiter gibt, die als Person an sich schon einen Markenwert haben, der beachtlich ist. Und: Nur ein gutes Dutzend der auf der Liste Genannten sind überhaupt der Redaktion zuzurechnen – alles andere sind Direktoren, Hauptabteilungsleiter, Geschäftsführer. Und ein Betriebsrat aus der Technik.
Neben Kritik am Gehaltsschema sind auch die Nebeneinkünfte der ORF-Mitarbeiter ein Thema: Wie kommt es, dass ein vollbeschäftigter ORF-Mitarbeiter mit zusätzlich 8500 Euro Nebenverdienst in der Liste steht? Manche hingegen haben keine Nebeneinkommen. Für die Erstellung des Transparenzberichts hat der ORF alle Mitarbeiter aufgefordert, ihre Nebeneinkünfte für 2023 offenzulegen. In einer Stellungnahme des ORF gegenüber der „Presse“heißt es dazu: „Der ORF kann die Vollständigkeit und Richtigkeit der Angaben nicht überprüfen.“
Als Nebeneinkünfte schlagen sich etwa Moderationen zu Buche, Werbeaufträge, Buchveröffentlichungen, Vorträge, Firmenbeteiligungen oder Lehraufträge – also Dinge, von denen auch der ORF profitiert. Ebenso aber auch „Einkünfte im privaten Umfeld (Bauernhof, Imkerei)“. Vor allem jene, die über ihre Arbeit für den ORF bekannt geworden sind, können auch so etwas vermarkten. SPÖ-Stiftungsrat Heinz Lederer forderte deshalb am Dienstag, dass ein „Gutteil“der Nebeneinkünfte in einen Sozial- und Weiterbildungsfonds des ORF fließen solle. Laut Kollektivvertrag müssen alle unbefristet angestellten ORFler ihre Nebenjobs vom Vorgesetzten genehmigen lassen – wie viel sie dort verdienen, mussten sie bisher nicht angeben.
Neue Regeln, auch für Social Media
Ebenfalls am Dienstag hat der ORF seinen neuen Ethikkodex veröffentlicht. Es geht darum, nach einigen fragwürdigen Vorfällen und Chat-Veröffentlichungen das Vertrauen in den ORF wieder zu stärken. Der Ethikkodex enthält u. a. strengere Regeln für Nebenbeschäftigungen: Diese werden künftig nicht erlaubt, wenn sie „geeignet sind, das Ansehen des ORF zu schädigen, in ihrem Umfang die Tätigkeit für den ORF beeinträchtigen oder auch einen Interessenskonflikt begründen“. Bei Aufträgen von politischen oder parteinahen Institutionen sei besondere Achtsamkeit geboten, heißt es weiter.
Der Kodex enthält auch Regeln über Antikorruption, Interessenskonflikte und politische Aktivitäten. In sozialen Medien seien ab sofort auch in privaten Posts von ORFlern die Werte des ORF – Objektivität, Unparteilichkeit, Unabhängigkeit – zu berücksichtigen, heißt es. Kritik an Dritten müsse „stets sachlich“und begründet sein. Sympathie oder Antipathie gegenüber politischen Institutionen ist nicht erlaubt. Nicht einmal ein Like.