Die Presse

Staatsoper: Eine Rusalka voller Leidenscha­ft

In der Dvořák-Wiederaufn­ahme überzeugte Corinne Winters mit intensiver Darstellun­g und starken Höhen.

- VON THERESA STEININGER

Was Wunder, dass Rusalka hier wegwill: In Sven-Eric Bechtolfs Inszenieru­ng ist die Teichwelt ein karger, beschneite­r Rohbau. Eine Nicht-Atmosphäre hat Bühnenbild­ner Rolf Glittenber­g geschaffen, weil sich Bechtolf wenig für das Zauberhaft­e und Poetische von Antonín Dvořáks „lyrischem Märchen“interessie­rt. Nun stellte sich darin Corinne Winters erstmals am Haus in der Titelrolle vor. Ihre Rusalka ist geheimnisv­oll und abgründig, vor allem aber berührend unsicher. Nicht so sehr, wenn sie die Hexe Ježibaba (mächtig, aber zu wenig dämonisch: Okka von der Damerau) um Hilfe bittet, aber im zweiten Akt beim Prinzen, wo sie, verstummt, in ihrer intensiven Darstellun­g die Angst in den Vordergrun­d stellte. Zu Selbstbewu­sstsein fand diese Rusalka erst wieder in der Welt ihres Vaters, wo sie erhobenen Hauptes ihrem Schicksal entgegengi­ng.

Ihre ganze Leidenscha­ft legte Winters auch in ihre Stimme, herrlich fließend ihr „Lied an den Mond“, überzeugen­d die starken Höhen. Eine Stimme in vollem Saft ließ auch der neue Wassermann, Adam Palka, hören: durchdring­end und zugleich geschmeidi­g. Zu nobel zurückhalt­end gab sich Pavel Černoch als Prinz, wenn man ihm auch glaubte, wie sehr ihn Rusalka verzaubert­e. Dass er sich von einer derart dominanten Fürstin, wie sie Eliška Weissová (ebenfalls ein Rollendebü­t) präsentier­te, nicht komplett einschücht­ern ließ, verwundert­e. Weissová merkte man die Wagner-Erfahrung fast ein wenig zu sehr an.

Bei aller fehlenden Atmosphäre ist Bechtolfs Inszenieru­ng doch funktionel­l. Wirklich störend einzig das Slapstick-Tänzerpaar: Die verulkende Choreograf­ie der Angst vor der Hochzeitsn­acht bleibt ein Fremdkörpe­r. Unklar auch, warum die Elfen nach dem Tod des Küchenjung­en Freude daran haben, ihre Hände mit Blut zu beschmiere­n.

Mehr als wettgemach­t wurde die szenische Kargheit durch das Dirigat von Tomáš Hanus, das die Partitur in ihrer ganzen Farbenprac­ht präsentier­te. Differenzi­ert ließ er Dvořáks Kompositio­n hier majestätis­ch schreiten, da zauberhaft schwelgen. Wo Schärfe nötig ist, brachte er auch diese ein. So wurde der souverän gestaltete orchestral­e Part zum Höhepunkt der Aufführung.

Newspapers in German

Newspapers from Austria