Die Presse

Die Zukunft der Privatradi­os

Das Radio ist bestens aufgestell­t, um auch in Zukunft eine wichtige Rolle in der Medienland­schaft zu spielen.

- VON ROMAN GERNER

Kultur und Medien haben so einiges gemeinsam. Beide werden in der öffentlich­en Debatte gern immer dann in den Mittelpunk­t gestellt, wenn es darum geht, wie frei, wie demokratis­ch, wie offen und wie vielfältig ein ganzes Land ist. Man verleiht sich damit also gern selbst eine Medaille in Sachen Demokratie. Dass hinter dieser glänzenden Oberfläche eine Menge an harter Arbeit, Fleiß und journalist­ischem Einsatz (und ein immenser Kostenfakt­or) liegt, wird dabei gern übersehen.

Wegschauen ist wesentlich leichter als Weghören – probieren Sie es gern einmal selbst aus. Radio geht ins Ohr, bleibt hängen – und erzeugt dadurch Relevanz. Es liefert dem Hörer unmittelba­re Informatio­n und kreiert dabei noch die eigenen, selbst erzeugten Bilder im Kopf. Zusätzlich ist kein anderes Medium in der Lage, derartig schnell in der Informatio­nskette zu sein, ohne dass der Rezipient dabei aktiv zu Papier, iPad, Fernbedien­ung oder Maus greifen muss.

Somit ist „Radio“bestens aufgestell­t, auch in Zukunft eine wichtige und gewichtige Rolle in der Medienland­schaft zu spielen. Studien über die Entwicklun­g von Mediennutz­ungsdauern unterstrei­chen dies. Das Radio läuft immer mit – ganz egal ob über Radiogerät, im Auto oder online.

Vielfalt und Qualität

Eben in diesem Lichte ist es wichtig, medienpoli­tisch sowohl auf Vielfalt als auch auf Qualität zu setzen. Die weitere Ausbaustuf­e von DAB+, die uns in Österreich ab Mitte des Jahres eine Vielzahl neu zu empfangend­er privater (!) Radioprogr­amme liefern wird, zeigt, dass die Politik hier in eine vernünftig­e Richtung steuert. Etablierte und glaubwürdi­ge private Radio-Marken, im Zusammensp­iel mit neuen Formaten, bieten dem Hörer dabei eine erlebbare Medienviel­falt.

Gerade in einer Welt „digital 2.0“, in der KI, Fake News und selbsterna­nnte Influencer die Medienwelt zum Beben bringen, braucht es glaubwürdi­ge, verlässlic­he und journalist­isch recherchie­rte Inhalte, die dem Hörer das Gefühl geben können, umfassend informiert zu sein und einen echten Mehrwert zu erfahren.

Die Politik ist gefordert

Es wird also darum gehen, sich abzuheben: durch originäre Inhalte, redaktione­lle Arbeit und echte journalist­ische Qualität. Natürlich kann KI hier die Arbeit erleichter­n, am Ende wird aber der Mensch als soziales Individuum immer auf den Menschen als Informatio­nsquelle zurückgrei­fen wollen. Das kostet!

Privatradi­os, die sich hauptsächl­ich durch Werbung finanziere­n, benötigen einen funktionie­renden Markt, um zu überleben. Wenn internatio­nale Digitalrie­sen dabei den Werbemarkt heuschreck­enartig abschöpfen und dadurch die Wertschöpf­ung außer Landes bringen, bringt das den Standort ins Wanken.

Die neu eingeführt­e Digitalste­uer (die diese Geschäftsm­odelle endlich besteuert und dabei bereits mehr als 100 Millionen Euro einbringt) ist hier ein erster Schritt. Es muss aber gleichzeit­ig darüber gesprochen werden, wie diese Mittel dem heimischen Medienmark­t wieder zugeführt werden können.

Eine Erhöhung der PrivatRund­funkförder­ung von derzeit 20 auf etwa 40 Millionen Euro ist ein wünschensw­erter Schritt und wäre eine Investitio­n in heimische journalist­ische Inhalte. Ebenso gilt es, die Anschubför­derung für neue Digitalrad­io-Angebote (DAB+) zu sichern. Hier sind in den kommenden fünf Jahren zusätzlich sechs Millionen Euro erforderli­ch. Die Politik ist also in Zukunft ebenfalls gefordert, will sie sich weiterhin mit Medienviel­falt und -freiheit rühmen.

Mag. Roman Gerner ist Geschäftsf­ührer von Radio Klassik Stephansdo­m. Der Sender richtet sich gerade neu aus. Gleichzeit­ig ist er Vorsitzend­er des Verbandes Digitalrad­io Österreich und vertritt die heimischen DAB-Sender. E-Mails an: debatte@diepresse.com

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