Im Flugzeug ist ein Spiel mit dem Feuer besonders gefährlich
Im Arbeitskampf bei der AUA ist eine Einigung nicht in Sicht. Dem Unternehmen und dem Standort Österreich könnte das unangenehme Folgen bringen.
Zumindest 92 Flüge werden heute, Donnerstag, bei der heimischen Fluglinie AUA aufgrund einer Betriebsversammlung ausfallen. Zumindest deshalb, weil es auch mehr sein könnten. So beschloss die AUA-Belegschaft bei einer früheren Betriebsversammlung im März spontan einen mehrstündigen Warnstreik. Für Passagiere, deren Flüge kurz nach der Versammlung angesetzt sind, bleibt es also eine Zitterpartie, ob sie ihr Ziel erreichen werden oder nicht.
Dieser Umstand zeigt bereits das Hauptproblem, das der Arbeitskampf der Fluglinie bringt. Denn bisher galt die AUA nicht unbedingt als günstig, auch nicht als sonderlich komfortabel. Und das Essen war ebenfalls schon einmal besser – wenn man überhaupt eines erhält. Aber als eines galt die AUA: als zuverlässig. Die Passagiere konnten bei der Buchung ihres Flugs also davon ausgehen, dass sie sicher am Bestimmungsort ankommen würden.
Dieses Image könnte durch die laufenden Betriebsversammlungen und Streiks nun Schaden nehmen. Und dieser Schaden könnte mittelfristig auch größer sein als der direkte finanzielle Schaden, der durch die ausgefallenen Flüge entsteht. Wobei auch dieser nicht zu unterschätzen ist. So beziffert das Management die bisher angelaufenen Kosten auf 24 Millionen Euro. Also beinahe auf ein Fünftel des Rekordgewinns von 127 Millionen Euro aus dem Vorjahr. Und um einmal die Relationen zu zeigen: In den Corona-Krisenjahren zuvor erwirtschaftete die AUA einmal eine schwarze Null und zweimal einen Verlust im dreistelligen Millionenbereich. Und selbst im letzten „Normaljahr“vor Corona, 2019, lag der Gewinn mit 19 Millionen unter den laut AUA durch den derzeitigen Arbeitskampf bereits entstandenen Kosten.
Aber natürlich ist es das gute Recht der Mitarbeiter eines Unternehmens, für höhere Gehälter zu streiken. Und es ist auch das Recht von Betriebsrat und Gewerkschaft, dazu aufzurufen. Ob es immer auch eine gute Entscheidung ist, steht aber auf einem anderen Blatt. Zwar ist der Grund für die Verärgerung der AUA-Mitarbeiter verständlich. Denn im direkten Vergleich verdienen sie wesentlich weniger als ihre Kollegen und Kolleginnen bei den anderen Fluglinien des LufthansaKonzerns in Zürich oder Frankfurt. Und vor allem Letztere zeichnen sich auch schon seit Jahren durch eine Streikfreudigkeit aus, die weniger an Hessen und mehr an Kampanien erinnert.
Dennoch gibt es objektive Gründe, warum bei der AUA keine Schweizer und auch keine deutschen Gehälter gezahlt werden. So lag die Marge der AUA auch im „Rekordjahr 2023“bei 5,4 Prozent und damit unter dem Lufthansa-Schnitt von 7,6 Prozent. Gründe dafür sind der heftige Preiskampf und die generell geringere Kaufkraft in Wien, aber auch die unterschiedliche Kundenstruktur. Während von Zürich oder Frankfurt viele Businesskunden ihre Reisen antreten, sind es von Wien vor allem Touristen.
Das ändert aber nichts daran, dass eine starke Heimatfluglinie für einen Wirtschaftsstandort eine wichtige Bedeutung hat. Und daher wurde die AUA in der Coronakrise auch mittels staatlicher Hilfen gerettet. Eine Entscheidung, die im Grundsatz richtig war, wie man an der seither gezeigten Entwicklung sieht. So soll die veraltete Langstreckenflotte nicht nur erneuert, sondern auch über den ursprünglichen Plan hinaus geringfügig vergrößert werden. Und gerade das Langstreckennetz galt immer als wichtigstes Plus für den Standort.
Sollte sich das fliegende Personal dank seiner im Verhältnis zu anderen Branchen wesentlich größeren Streikmacht weitgehend durchsetzen, dann müsse die AUA vielleicht „neu gedacht werden“, erklärte Firmenchefin Annette Mann jüngst in einem Interview. Das ist nicht unbedingt eine Drohung, aber jedenfalls ein Verweis auf die zahlenbasierte Kalkulation in der Lufthansa-Zentrale. Dass man dort kein Problem damit hat, Konzerngesellschaften zusammenzustutzen, wenn es ins Gesamtkonzept passt, hat die Vergangenheit gezeigt.
Insofern könnte der jetzige Arbeitskampf für die AUA-Mitarbeiter auch ein Spiel mit dem Feuer sein. Ein Konzept für eine Lösung abseits der Eskalation wäre nicht die schlechteste Idee.