Der zerbrechliche Riese
Auch sonst will der Norweger die Hilfe für die Ukraine langfristig aufstellen. Er lässt die Alliierten diskutieren, die Ukraine mit 100 Mrd. Euro in den nächsten fünf Jahren unterstützen. Etwa via Fonds. Bis zum Gipfel im Juli müssen die Beschlüsse stehen. Was die Verhandler von Stoltenbergs Ideen übrig lassen, ist völlig offen.
Sicher ist, dass die Ukraine auf absehbare Zeit nicht der Nato beitreten wird. Zwar ging am Mittwoch die Aussage von Stoltenberg um die Welt, dass die Ukraine eines Tages Nato-Mitglied sein würde. Aber das ist keine Neuigkeit. Der Satz steht so ähnlich auch schon im Beschluss des NatoGipfels 2008. Solang in der Ukraine aber Krieg herrscht, ist ein Beitritt ausgeschlossen.
Die Geld- und die Cheffrage
Die Amerikaner werden übrigens auch ohne Trump die Europäer drängen, mehr Lasten zu schultern, weil sie sich selbst noch stärker als bisher dem Indopazifik zuwenden. Europas Staaten wenden auch schon. Rund zwei Drittel dürften heuer das Zwei-Prozent-Ziel erfüllen, wonach zwei Prozent des BIPs in die Verteidigung gepumpt werden sollen. Allerdings deutet sich hier eine weitere Konfliktlinie an, genauer ein Ost-West-Gefälle. Denn mit der Distanz zu Russland nimmt innerhalb Nato-Europas tendenziell auch die Bereitschaft ab, kräftig aufzurüsten. Im Osten wiederum redet man schon von Drei-Prozentoder Vier-Prozent-Zielen.
Die Frage nach der Höhe der Verteidigungsausgaben ist ein Dauerbrenner in der Nato, und es ist gut möglich, dass sich bald Mark Rutte als Generalsekretär damit herumschlagen muss. Eigentlich hätte die Nachfolgefrage bis zum Jubiläumstreffen der Außenminister in diesen Tagen durch sein sollen, wie es heißt. Aber gegen den Niederländer gibt es Widerstand, auch aus Ungarn, und in der Person von Rumäniens Klaus Johannis auch Konkurrenz. Rutte habe aber noch immer die Big Four hinter sich, die Briten, die Franzosen, die Amerikaner und die Deutschen, sagt ein Diplomat zur „Presse“. Und zuletzt wechselte mit der Estin Kaja Kallas auch eine mögliche Mitbewerberin ins Rutte-Lager. Der Kandidatenprozess sei zwar völlig „unstrukturiert“und daher intransparent, meint der Diplomat: „Ich würde aber noch immer mein Geld auf Rutte setzen.“