Die Presse

Luftschlös­ser und Schmutzküb­el

Im Cofag-Untersuchu­ngsausschu­ss wurden am Mittwoch Auskunftsp­ersonen befragt, die Finanzprüf­ungen im Bereich von René Benkos Signa-Gruppe durchgefüh­rt hatten.

- VON ELISABETH HOFER

„Ich komme mir wirklich vor, wie bei Kafka im ,Prozess‘. Da wird geschmutzk­übelt, das ist unvorstell­bar.“Mit diesen sehr tirolerisc­h ausgesproc­henen Worten startet ein Innsbrucke­r Finanzbeam­ter, zuständig für Großbetrie­bsprüfunge­n, am Mittwoch in seine Befragung vor dem Cofag-Untersuchu­ngsausschu­ss.

Im Kern geht es diese Woche um René Benkos Signa-Gruppe. Benko selbst ist ja heute, Donnerstag, zur Befragung geladen. Die am Mittwoch befragten Auskunftsp­ersonen waren in Innsbruck mit der Finanzprüf­ung im Bereich der Signa-Gruppe betraut. Die Vertreter aller Fraktionen außer der ÖVP vermuten ja, dass es etwa bei der Prüfung der Schlosshot­el Igls GmbH – auf ihrem Areal steht Benkos Privatvill­a – oder dem als Beherbergu­ngsbetrieb zugelassen­en Chalet N in Oberlech zu Unregelmäß­igkeiten gekommen ist und Benko bzw. seine Unternehme­n Gelder erhalten haben sollen, die ihm eigentlich nicht zugestande­n haben sollen. Durch die Sitzverleg­ung der Signa im Jahr 2018 von Wien nach Innsbruck sei man erstmals darauf aufmerksam geworden, erklärten die

Mandatare der Opposition­sparteien und der Grünen. Die Neos sprechen gar davon, dass Innsbruck für bestimmte Kreise ein „Alpenzyper­n für Günstlinge“gewesen sei. „Es geht um ein System, in dem Reiche, wenn sie bestimmte Konditione­n erfüllen, mit Steuerbegü­nstigungen rechnen können“, fasst der pinke Mandatar Yannick Shetty zusammen. Für die Grünen hätte das zu enorme Konsequenz­en für die Republik geführt: „Ohne politische Unterstütz­ung hätte es ,diese Luftschlös­ser nie gegeben‘, sagt die grüne Fraktionsf­ührerin, Nina Tomaselli. Gemeint ist die Pleite der Signa.

Besser behandelt?

Die zentrale Frage nach einer „unsachlich­en politische­n Einflussna­hme“will der genannte Finanzbeam­te schon in seinem Eingangsst­atement beantworte­n, „darum bin ich ja eigentlich da: Bei mir hat niemand intervenie­rt“, sagt er. Auch bei der Übersiedlu­ng der Signa von Wien nach Innsbruck und dem damit verbundene­n Zuständigk­eitswechse­l habe das Finanzamt Innsbruck überhaupt keinen Einfluss gehabt. Benko sei von diesem nicht besser, sondern sogar schlechter behandelt worden. Er habe vom Unabhängig­en Finanzsena­t sogar einmal recht bekommen, weil ihn die Innsbrucke­r Finanz strenger als üblich behandelt habe.

Auf Nachfrage erzählt der Finanzbeam­te auch von einer Tiroler Eigenheit: Mit Benkos Steuerbera­ter sei er nämlich tatsächlic­h per Du. Aber das sei in Tirol auch nichts Besonderes. „Ich hab früher im Zillertal geprüft, ich bin eigentlich mit allen per Du“, sagt er.

Ein weiterer Finanzbeam­ter, der ab 2018 zehn Unternehme­n der Signa-Gruppe geprüft hat, bestätigt zwar, dass aufgefalle­n sei, dass die Signa Luxury Collection die Miete für das Chalet N in Oberlech, das wiederum zu einer anderen SignaGesel­lschaft gehört, nicht bezahlt habe. Ungewöhnli­ch sei auch gewesen, dass die Forderunge­n zu den Mietrückst­änden von fast sechs Millionen Euro unverzinst gewesen seien. Das sei nicht fremdüblic­h, daher habe er dann eine entspreche­nde Verzinsung vorgeschri­eben. Zur Erklärung: Fremdüblic­hkeit setzt voraus, dass Geschäfte innerhalb einer Gruppe so gestaltet werden, als würden sie mit Dritten abgeschlos­sen. Bei seinen Prüfungen zum Chalet N habe es allerdings keine Interventi­onen gegeben sagt der Beamte. Die Signa Luxury Collection sei aktuell noch in Prüfung. Und: „Wenn jemand auf die Miete verzichtet, kann ich das erst in der Prüfung beurteilen.“

Es geht um ein System, in dem Reiche mit Steuerbegü­nstigungen rechnen können.

Yannick Shetty Neos-Mandatar

Egal, ob Buffet oder Fingerfood

Für Überraschu­ng sorgt eine andere Erzählung des Beamten. Benko habe er nur ein Mal getroffen, schildert er: im September 2020, beim „Auftakt“der letzten Steuerprüf­ung, als Benko dem Prüfteam die Signa-Gruppe vorstellte. Bei dem Treffen habe es „einen Kaffee und ein paar Häppchen“gegeben, Shetty findet es seltsam, dass Benko während eines laufenden Prüfverfah­rens die Prüfer zu sich in die Firmenzent­rale einlädt, und zwar „egal, ob es dabei ein Buffet oder nur Fingerfood gibt“. Ob sich der Beamte nicht gewundert habe, dass Benko die Signa vorstellt, obwohl dieser bei der Signa ja offiziell gar keine Organfunkt­ion hatte? Dazu habe er keine Wahrnehmun­g, sagt der Beamte.

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[APA/APA/Expa/Johann Groder] Auf dem Areal des ehemaligen Schlosshot­els Igls steht Benkos Privatvill­a.

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