Luftschlösser und Schmutzkübel
Im Cofag-Untersuchungsausschuss wurden am Mittwoch Auskunftspersonen befragt, die Finanzprüfungen im Bereich von René Benkos Signa-Gruppe durchgeführt hatten.
„Ich komme mir wirklich vor, wie bei Kafka im ,Prozess‘. Da wird geschmutzkübelt, das ist unvorstellbar.“Mit diesen sehr tirolerisch ausgesprochenen Worten startet ein Innsbrucker Finanzbeamter, zuständig für Großbetriebsprüfungen, am Mittwoch in seine Befragung vor dem Cofag-Untersuchungsausschuss.
Im Kern geht es diese Woche um René Benkos Signa-Gruppe. Benko selbst ist ja heute, Donnerstag, zur Befragung geladen. Die am Mittwoch befragten Auskunftspersonen waren in Innsbruck mit der Finanzprüfung im Bereich der Signa-Gruppe betraut. Die Vertreter aller Fraktionen außer der ÖVP vermuten ja, dass es etwa bei der Prüfung der Schlosshotel Igls GmbH – auf ihrem Areal steht Benkos Privatvilla – oder dem als Beherbergungsbetrieb zugelassenen Chalet N in Oberlech zu Unregelmäßigkeiten gekommen ist und Benko bzw. seine Unternehmen Gelder erhalten haben sollen, die ihm eigentlich nicht zugestanden haben sollen. Durch die Sitzverlegung der Signa im Jahr 2018 von Wien nach Innsbruck sei man erstmals darauf aufmerksam geworden, erklärten die
Mandatare der Oppositionsparteien und der Grünen. Die Neos sprechen gar davon, dass Innsbruck für bestimmte Kreise ein „Alpenzypern für Günstlinge“gewesen sei. „Es geht um ein System, in dem Reiche, wenn sie bestimmte Konditionen erfüllen, mit Steuerbegünstigungen rechnen können“, fasst der pinke Mandatar Yannick Shetty zusammen. Für die Grünen hätte das zu enorme Konsequenzen für die Republik geführt: „Ohne politische Unterstützung hätte es ,diese Luftschlösser nie gegeben‘, sagt die grüne Fraktionsführerin, Nina Tomaselli. Gemeint ist die Pleite der Signa.
Besser behandelt?
Die zentrale Frage nach einer „unsachlichen politischen Einflussnahme“will der genannte Finanzbeamte schon in seinem Eingangsstatement beantworten, „darum bin ich ja eigentlich da: Bei mir hat niemand interveniert“, sagt er. Auch bei der Übersiedlung der Signa von Wien nach Innsbruck und dem damit verbundenen Zuständigkeitswechsel habe das Finanzamt Innsbruck überhaupt keinen Einfluss gehabt. Benko sei von diesem nicht besser, sondern sogar schlechter behandelt worden. Er habe vom Unabhängigen Finanzsenat sogar einmal recht bekommen, weil ihn die Innsbrucker Finanz strenger als üblich behandelt habe.
Auf Nachfrage erzählt der Finanzbeamte auch von einer Tiroler Eigenheit: Mit Benkos Steuerberater sei er nämlich tatsächlich per Du. Aber das sei in Tirol auch nichts Besonderes. „Ich hab früher im Zillertal geprüft, ich bin eigentlich mit allen per Du“, sagt er.
Ein weiterer Finanzbeamter, der ab 2018 zehn Unternehmen der Signa-Gruppe geprüft hat, bestätigt zwar, dass aufgefallen sei, dass die Signa Luxury Collection die Miete für das Chalet N in Oberlech, das wiederum zu einer anderen SignaGesellschaft gehört, nicht bezahlt habe. Ungewöhnlich sei auch gewesen, dass die Forderungen zu den Mietrückständen von fast sechs Millionen Euro unverzinst gewesen seien. Das sei nicht fremdüblich, daher habe er dann eine entsprechende Verzinsung vorgeschrieben. Zur Erklärung: Fremdüblichkeit setzt voraus, dass Geschäfte innerhalb einer Gruppe so gestaltet werden, als würden sie mit Dritten abgeschlossen. Bei seinen Prüfungen zum Chalet N habe es allerdings keine Interventionen gegeben sagt der Beamte. Die Signa Luxury Collection sei aktuell noch in Prüfung. Und: „Wenn jemand auf die Miete verzichtet, kann ich das erst in der Prüfung beurteilen.“
Es geht um ein System, in dem Reiche mit Steuerbegünstigungen rechnen können.
Yannick Shetty Neos-Mandatar
Egal, ob Buffet oder Fingerfood
Für Überraschung sorgt eine andere Erzählung des Beamten. Benko habe er nur ein Mal getroffen, schildert er: im September 2020, beim „Auftakt“der letzten Steuerprüfung, als Benko dem Prüfteam die Signa-Gruppe vorstellte. Bei dem Treffen habe es „einen Kaffee und ein paar Häppchen“gegeben, Shetty findet es seltsam, dass Benko während eines laufenden Prüfverfahrens die Prüfer zu sich in die Firmenzentrale einlädt, und zwar „egal, ob es dabei ein Buffet oder nur Fingerfood gibt“. Ob sich der Beamte nicht gewundert habe, dass Benko die Signa vorstellt, obwohl dieser bei der Signa ja offiziell gar keine Organfunktion hatte? Dazu habe er keine Wahrnehmung, sagt der Beamte.