Die Presse

„Bei Arsenal lebt jeder für Fußball“

Manuela Zinsberger, 28, hütet seit 2020 Arsenals Tor, sie schwärmt von London und den „Gunners“. Österreich wird sich in der EM-Qualifikat­ion gegen Deutschlan­d behaupten.

- VON MARKKU DATLER

Nicht nur das Nationalte­am von Ralf Rangnick hat das beschaulic­he Windischga­rsten lieb gewonnen als Ort der Einstimmun­g auf Länderspie­le, auch die ÖFB-Auswahl von Irene Fuhrmann. Sie bereitet sich hier vor, um in der am Freitag anhebenden Qualifikat­ion für die EM 2025 in der Schweiz gewappnet zu sein. Zum Auftakt wartet das Prestigedu­ell in Linz mit Deutschlan­d (20.45 Uhr, live in ORF1). Die weiteren Gegner sind Polen und Island, die besten zwei Teams jeder Gruppe qualifizie­ren sich direkt für das Event.

Leicht sei das keineswegs, sagt Manuela Zinsberger und fügt voll der Überzeugun­g an, dass es „gelingen“könne. Sie muss es wissen: Österreich­s Torhüterin, die seit 2020 für Arsenal spielt, gilt als eine der Besten ihrer Zunft. Was einst „im Spiel mit den Burschen“als Achtjährig­e in Niederfell­abrunn begann und von der Mutter mit dem Anmeldefor­mular zum Klub und ins LAZ Stockerau führte, fand Stationen 2009 in St. Pöltens Akademie und 2012 im „Nationalen Zentrum für Frauenfußb­all“. Weil der Papa Torhüter war, fiel die Wahl leicht. Es folgten Titel mit Neulengbac­h, der Wechsel zum FC Bayern (Meister 2015, 2016), mit dem ÖFB-Team sorgte Zinsberger für ungeahnte Popularitä­t des Frauen-Spiels. Man stand im EMHalbfina­le, die Torhüterin wurde 2017 von „Presse“und ORF als „Österreich­erin des Jahres“(Kategorie internatio­nal) geehrt.

Mentalität, nein: Hingabe

Seit 2020 spielt sie in England, hütet Arsenals Tor und erlebt, „wie uns bei manchen Spielen im Emirates Stadium sagenhafte 60.000 Zuschauer anfeuern“. Das bleibe unvergesse­n, wie „jeder Titel, den du gewinnst“. Wie der aktuelle im LigaCup. Oder die erste ÖFB-Einberufun­g. Die kam einst für das U17Team per Post. Als sie den Brief öffnete, kullerten die Tränen.

England sei irre, nicht bloß im Fußball eine andere Welt. London sei ob Größe, Kultur, „extremen Kosten in der Lebenshalt­ung“und großartige­m Lifestyle extrem lebenswert. Sie fühlt sich wohl, obschon der Begriff der „Freizeit“zurückfäll­t und Augenblick­e mit ihrer Frau (seit Juni 2023 mit Madeleine verheirate­t, das erste Kind wird im Juni erwartet) oder Freunden selten sind. Die (naive) Frage, ob sie schon Oliver Glasner, er trainiert Crystal Palace, getroffen habe, verneint die Bürokauffr­au lächelnd.

Zinsberger wohnt außerhalb Londons und arbeitet im Norden, im Stadtteil Holloway. Dort thronen die „Gunners“, und „wer die aktuelle Aufregung nicht mitbekommt, lebt in seiner eigenen Blase“. Die Frauen sind Dritte der Super-League, die Männer spielen erstmals seit 2004 so richtig wieder um den Premier-League-Titel mit, die Chance auf den ersten Erfolg (13 Titel, 14 Siege im FA-Cup) nach Arsène Wenger ist real. „Die FanBasis ist unglaublic­h, die Entwicklun­g ist super. Jeder lebt hier für den Fußball.“Auf dem Platz, im Emirates Stadium oder im 4500 Zuschauer fassenden Meadow Park, wo das Gros der WSL-Partien steigt. „Arsenal hat die besten Fans. Diese Mentalität spürst du.“

ÖFB-Trio in England

Natürlich, im Sport gibt es nicht immer nur Hochs. Auch muss man Vergleiche, vor allem zu Österreich­s Liga, nicht zwingend bemühen, um Unterschie­de, Profession­alismus und Niveau zu deuten. Arsenal „will immer mehr“, der Frauenfußb­all entwickle sich hier schneller weiter. Verband und Gewerkscha­ft seien mit Dampf dahinter: „In London sind wir als Frauenteam längst eine echte Einnahmequ­elle. Mit Live-TV auf Sky oder BBC, Ticketing und Sold-outSpielen.“Der Weg dorthin sei weit, verlange Business-Ideen, System, also mehr als nur guten Kick.

Man-City, Chelsea, Arsenal, United und Liverpool schmücken die zwölf Klubs starke „WSL“. Aktuell spielen mit Marie Höbinger (Liverpool), Laura Wienroithe­r (Arsenal) und ihr drei Österreich­erinnen mit, auch das Nationalte­am profitiere. Wie jetzt, im Duell mit Deutschlan­d? Wie sie ihre Rolle beschreibe­n würde? „Ich habe Erfahrung, zeige Präsenz, kann Rückhalt sein, auch ohne etwas zu sagen.“Ob linker oder rechter Fuß, Reflexe, das besonnene Zuwarten auf die Aktion der Stürmerin; die 1,77 Meter große Zinsberger zählte es schnell auf. Ohne Schlagwört­er wie Team, Zusammenha­lt und Einheit außer Acht zu lassen. Die Vision? „Ich versuche, jeden Ball zu halten, der auf das Tor kommt!“

Da war es wieder, dieses laute Lachen, das keinen Zweifel daran lässt, dass Spaß bei der Sache ist, dass das Selbstvert­rauen stimmt. Dass das Stadion in Linz keinesfall­s ausverkauf­t sein wird, bleibt jedoch ein Wermutstro­pfen. Österreich ist eben nicht London.

Wer die aktuelle Aufregung um die Gunners nicht mitbekommt, lebt wirklich in seiner eigenen Blase.

Manuela Zinsberger Arsenal-Profi

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[Getty Images/Matt McNulty] Katie McCabe und Manuela Zinsberger zelebriere­n Arsenals Triumph im Ligacup.

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