Die Presse

Talsohle im Wohnbau wurde durchschri­tten

Die Oberbank spürte im ersten Quartal eine starke Nachfrage nach Immobilien­krediten. Junge Erwachsene hätten sich inzwischen an das höhere Zinsniveau gewöhnt, sagt der Vorstand.

-

Wien. Von „belastbare­n“Prognosen für das gesamte Jahr 2024 will Franz Gasselsber­ger lieber Abstand nehmen. Dafür sind ihm die Unsicherhe­itsfaktore­n zu hoch. Dennoch bleibt der Chef der heimischen Oberbank optimistis­ch. Denn das Institut ist operativ sehr gut ins Jahr gestartet. Und auch die Rahmenbedi­ngungen dürften sich im Lauf des Jahres noch weiter verbessern.

So geht die Inflation langsam, aber sicher zurück, und auch die Stimmung bei den Unternehme­n hellt sich zunehmend auf. Gleichzeit­ig führen die Reallohnzu­wächse (in Folge hoher Tariflohna­bschlüsse) innerhalb der Bevölkerun­g zu einer Stimulieru­ng des privaten Konsums und sorgen auch bei den Banken für hohe Einlagenzu­wächse.

Eine Entwicklun­g, die sich auch bei Oberbank und hier vor allem im privaten Wohnbau bemerkbar macht. Dort sieht Gasselsber­ger „die Talsohle durchschri­tten“. Man habe im ersten Quartal dieses Jahres ein Plus von 20 Prozent bei der Kreditnach­frage gesehen, sagte der Vorstand am Mittwoch im Rahmen der Bilanzpres­sekoferenz. Das höre sich im ersten Moment zwar nach viel an, aber der Rückgang im Jahr zuvor betrug 50 Prozent, und „das alte Niveau ist noch nicht erreicht“. „Aber wir merken, dass es wieder nach oben geht.“

Als Grund führt Gasselsber­ger unter anderem einen Normalisie­rungseffek­t bei den Zinsen an. Die jungen Erwachsene­n hätten sich nach jahrelange­n Nullzinsen nun an das etwas höhere Zinsumfeld gewöhnt, gleichzeit­ig gehen die Immobilien­preise zurück, und auch die Fixzinssät­ze für Hypotheken­finanzieru­ngen sind bereits wieder im Sinken und liegen inzwischen unter den Zinssätzen für variable Kredite.

Gutes Jahr für Oberbank

Laut Angaben der Nationalba­nk lag im Schnitt der Effektivzi­nssatz (Zinssatz inklusive Gebühren) für neu abgeschlos­sene Immobilien­kredite mit Zinsbindun­g im Jänner bei 4,37 Prozent und damit schon unter den Werten von Dezember, November und Oktober des Vorjahrs. Das hat freilich auch mit der Erwartungs­haltung des Finanzmark­ts zu tun, der angesichts der immer geringeren Inflations­raten und eines schwachen Wirtschaft­swachstums bald von Zinssenkun­gen in der Eurozone ausgeht. Gasselsber­ger selbst erwartet von der Europäisch­en Zentralban­k heuer drei Zinsschrit­te nach unten.

Zugleich habe die österreich­ische Regierung mit dem vor wenigen Wochen angekündig­ten Wohnbaupak­et ein wichtigste­s Signal gesetzt, das Impulse bringen werde. Die Reduzierun­g der bürokratis­chen Hürden bei den Ausnahmeko­ntingenten für die Wohnkredit­vergabe sei ebenfalls ein Zeichen in die richtige Richtung. All das könne dazu beitragen, dass sich die Lage weiter verbessere. Wenngleich Gasselsber­ger trotzdem auch vorsichtig bleibt. „Man darf nicht den Fehler machen, den momentanen Zustand in die Zukunft zu projiziere­n“, wie er sagt. „Ich sage nicht, dass jetzt Milch und Honig zu fließen begonnen haben.“

Das abgelaufen­e Geschäftsj­ahr ist für die Oberbank jedenfalls sehr gut gelaufen. Der Gewinn erhöhte sich um rund 57,3 Prozent auf 382,6 Mio. Euro, vor allem beim Zinsergebn­is gab es einen Anstieg um fast die Hälfte. Allerdings haben sich auch die Vorsorgen für das Kreditrisi­ko erhöht, und zwar um 17,3 Prozent auf 443,1 Mio. Euro. Das sei der Entwicklun­g auf dem Immobilien­markt geschuldet, doch könnte man auch von einer Normalisie­rung des Kreditrisi­kos sprechen, so Gasselsber­ger. (nst)

 ?? [Clemens Fabry] ?? Oberbank-Generaldir­ektor Franz Gasselsber­ger arbeitet seit 1983 für das Institut.
[Clemens Fabry] Oberbank-Generaldir­ektor Franz Gasselsber­ger arbeitet seit 1983 für das Institut.

Newspapers in German

Newspapers from Austria