„Glorreiche sieben“sind nur noch fünf
Die Börsenzugpferde des Vorjahrs entwickeln sich auseinander: Nvidia ist heuer der zweitbeste S&P-500-Wert, Tesla der schlechteste.
Die „Magnificent Seven“(Glorreichen sieben) waren im Vorjahr hauptverantwortlich für den Anstieg der Aktienindizes S&P 500 und Nasdaq 100: Microsoft, Apple, Nvidia, Alphabet, Amazon, Meta und Tesla. Waren ihre steilen Kursanstiege angesichts des Durchbruchs von künstlicher Intelligenz gerechtfertigt? Kritiker fürchteten zu Jahresbeginn, dass sie hoffnungslos überzogen waren.
Sucht man die sieben Tech-Giganten ein Quartal später auf der Performanceliste des S&P 500, muss man lang scrollen. Die Glorreichen sieben verteilen sich auf die Plätze zwei (Nvidia) bis 503 (Tesla). Auf Platz eins liegt der Neuzugang Super Micro Computer, ein Hersteller für Computer von Rechenzentren, und insgesamt befinden sich im S&P 500 derzeit 503 Werte: Tesla ist tatsächlich der schlechteste. Was ist mit den Magnificent Seven in den vergangenen drei Monaten passiert?
Tesla enttäuscht mit Absatz
Die Aktie des E-Autobauers Tesla hat fast 30 Prozent verloren. Erst am Dienstag ging es weiter nach unten, nachdem das Unternehmen kundgetan hatte, dass es im ersten Quartal nur 386.810 Fahrzeuge verkauft hatte, um ein Fünftel weniger als im Vorquartal. Die Zahlen seien „erheblich schwächer als auf dem Markt angenommen ausgefallen“, schrieb die UBS. Dabei seien zuvor die Erwartungen bereits deutlich nach unten geschraubt worden.
Tesla leidet unter der schwächeren Nachfrage nach Elektroautos und der Konkurrenz aus China. Auch die Produktion sank um 13 Prozent auf 433.000 Autos. Gründe sind Ausfälle durch den Konflikt am Roten Meer und der Brandanschlag auf die Gigafactory bei Berlin. Bei Tesla kommen viele negative Faktoren zusammen – und positive Überraschungen gab es im ersten Quartal gar keine.
Ebenfalls im Minus, wenn auch nur zwölf Prozent, liegt Apple: Das Unternehmen hat jahrelang von der Treue seiner Kunden profitiert (wer ein iPhone hat, kauft wieder eines) – und seinen Innovationen. Beides lässt nun nach: Die kürzlich lancierte Datenbrille ist gefloppt, in China schwächelt die Nachfrage, doch auch in den USA ist die iPhone-Bindungsrate von 83 auf 79 Prozent gefallen, wie die UBS schreibt. Hinzu kommt, dass Wettbewerbshüter in Europa und den USA den weltgrößten SmartphoneHersteller strenger regulieren wollen. Mit einem Börsenwert von 2,6 Billionen Dollar liegt der jahrelang größte Börsenkonzern nun weit hinter Microsoft (3,1 Bio.).
Mit einem aktuellen Kurs-Gewinn-Verhältnis von 26 scheint Apple auf den ersten Blick billiger zu sein als etwa Microsoft (36) oder Nvidia (72), doch sind auch die Wachstumsaussichten deutlich schwächer.
Auch früher gab es harte Zeiten
Indes haben sowohl Tesla als auch Apple schon weitaus schwerere Zeiten und tiefere Kurseinbrüche hinter sich. Tesla war 2019 knapp an der Pleite vorbeigeschrammt, auch 2022 war ein Annus horribilis für den Aktienkurs, und Apple war im Schlussquartal 2018 zeit
weise um 39 Prozent abgestürzt – tiefer als die Technologie-Konkurrenten, sodass Microsoft beim Börsenwert kurzzeitig vor Apple zu liegen kam. So wie auch derzeit. Noch ist also nicht gesagt, dass die beiden Firmen nie wieder in den Kreis der Magnificent-Aktien zurückkehren werden.
Seit Jahresbeginn um 13 Prozent zulegen konnte Google-Mutter Alphabet. Vor Kurzem hat die Aktie ein Rekordhoch erreicht. Zweifler hatten zu Jahresbeginn gefürchtet, die Suchmaschine werde unter der KI-Konkurrenz leiden. Doch das sei eingepreist, meinen die Analysten von Jefferies. Google verfüge über eine starke Nutzer- und Datenbasis und über Toptalente im KI-Bereich, sprich Google sollte einer der Profiteure im KI-Bereich werden – und steht mit einem Börsenwert von 1,9 Billionen Dollar knapp davor, ein Zwei-Billionen-Konzern zu werden.
Microsoft schaffte ein Plus von 15 Prozent. Kürzlich hat auch die Aktie des weltgrößten Konzerns ein neues Rekordhoch hingelegt. Das Unternehmen entwickelt zahlreiche KI-Anwendungen, vor wenigen Monaten ging die Assistenz-Software Copilot an den Start.
Der Onlinehändler Amazon konnte seit Jahresbeginn gar um 22 Prozent zulegen: Dem Einzelhandel geht es gut, der Cloud-Sparte AWS sogar sehr gut. Vor Kurzem hat das Amazon-Papier fast unbemerkt ein Rekordhoch erklommen.
Mit einem Plus von 46 Prozent und ebenfalls einem zwischenzeitlichen Rekordhoch überraschte Facebook-Mutter Meta. Zu den Kurstreibern sorgten dabei gar nicht so sehr die Zukunftshoffnungen KI und Metaverse, sondern das hochprofitable und stark wachsende Werbegeschäft, das die Zukunftsvisionen finanziert.
Nvidia ist KI-Vorreiter
Bei Nvidia überraschte heuer lediglich, dass kein Ende des Wachstums in Sicht zu sein scheint. Das Unternehmen ist unangefochtener Marktführer bei GPU-Chips, die man für KI-Anwendungen benötigt. Die Rivalen AMD und Intel wollen zwar aufholen, sind aber weit davon entfernt, eine ernsthafte Bedrohung von Nvidia zu werden. Doch wie das Beispiel Apple zeigt, können auch Giganten wanken – oder zumindest zwischenzeitlich zu kämpfen haben. Bei Nvidia ist es noch nicht so weit.