„Restrisiko“bei Strabag-RBI-Deal
Laut OeNB-Chef Holzmann sei das Milliardengeschäft zwar sanktionskonform, aber einen Blankoscheck gebe es nicht.
Wien. Der Gouverneur der Oesterreichischen Nationalbank (OeNB) Robert Holzmann – gleichzeitig auch Rat der Europäischen Zentralbank – sieht Risiken im Zusammenhang mit dem geplanten Milliardendeal der Raiffeisen Bank International (RBI) rund um den russischen Oligarchen Oleg Deripaska. Es sei zwar davon auszugehen, dass das Geschäft sanktionskonform sei, es gebe aber unvermeidbare Risiken, sagte Holzmann in dem gestern veröffentlichten Interview mit der Nachrichtenagentur Reuters.
„Sowohl die USA als auch Europa oder Österreich, die Oesterreichische Nationalbank, wir können keinen Blankoscheck ausstellen. Wir können nicht sagen: ´Nur zu, Ihr habt grünes Licht, es gibt ein Restrisiko‘, so der Notenbanker. Er lehnte es ab, zu sagen, was er konkret damit meint. Die RBI müsse jedenfalls entscheiden, ob sich der Deal angesichts des Risikos lohnt oder nicht.
Komplexe Transaktion
Die RBI ist die größte westliche Bank in Russland. Seit Ausbruch des Ukraine-Krieges prüft sie Möglichkeiten des Rückzugs. Zuletzt fokussierte sie sich auf einen Verkauf oder eine Abspaltung des Geschäfts, doch wurden keine Schritte gesetzt. Bankchef Johann Strobl verwies stets auf die vielen nötigen Genehmigungen vor allem aus Russland. Die russische Tochterbank schreibt zwar satte Gewinne, doch fließen keine Dividenden nach Wien.
Um eingefrorene Gewinne aus dem Land zu holen, plant die RBI nun eine komplexe Transaktion: Sie will über ihre russische Tochter 28,5 Millionen Aktien des österreichischen Baukonzerns Strabag kaufen. Dieser Anteil entspricht heute rund 24 Prozent, für den die RBI rund 1,1 Mrd. Euro zahlen würde. Bisher wurde dieses Aktienpaket von der russischen MKAO Rasperia Trading gehalten, die von Deripaska kontrolliert wird. Deripaska gilt als Vertrauter des russischen Präsidenten Wladimir Putin und ist von den USA und der EU mit Sanktionen belegt. Deripaska erhielt deswegen für seine StrabagAktien keine Dividenden mehr. In der Vorwoche wurde Rasperia an einen russischen Investor namens Iliadis verkauft, der laut RBI nicht sanktioniert ist. Wer hinter Iliadis steht, ist allerdings unbekannt.
Compliance-Prüfung
Nun könnte die RBI zum Zug kommen. Bankchef Strobl wollte den Deal ursprünglich noch heuer im ersten Quartal unter Dach und Fach bringen. Die jüngste Aktionärsrochade bei der Strabag erfordere allerdings eine umfangreiche Compliance-Prüfung, teilte die Bank am Dienstagabend mit. „Vorbehaltlich dieser Überprüfungen sollte die neue Eigentümerstruktur von Rasperia der RBI die Gewissheit geben, dass keine sanktionierten Personen oder Unternehmen direkt oder indirekt von der angekündigten Akquisition der Strabag-Aktien durch die RBI oder von damit verbundenen Zahlungen für diese Aktien profitieren“, so die RBI.
Die RBI betonte, dass sie alle Sanktionen überprüft habe, und bleibt bei ihrer Einschätzung, der Deal stimme mit allen Vorschriften überein. Dennoch bekam die Bank Gegenwind für das Geschäft. Vertreter des US-Finanzministeriums drängten die RBI dazu, von ihren Plänen abzurücken, sagten kürzlich mehrere Insider zu Reuters. Sollte die RBI das Geschäft durchziehen und es sich dann herausstellen, dass gegen US-Sanktionen verstoßen wird, könnten die USA Strafen gegen die Bank verhängen, sagten zwei der Insider. (APA/Reuters)