Lektionen aus dem Süden Afrikas: Elefanten für Deutschland
Botswana will Deutschland 20.000 Elefanten schenken, weil Berlin die Einfuhr von Jagdtrophäen verbieten möchte. Über die naive Romantik mancher Naturschützer.
Ich musste das dreimal lesen, bis ich es verstand“, gesteht die flämische Autorin Gaea Schoeters im Gespräch mit der „Presse“: eine Facebook-Anzeige, die für die Trophäenjagd auf einen seltenen Steinbock in Pakistan Werbung macht, gleichzeitig aber damit wirbt, dass das Geld für die Jagdlizenzen der Erhaltung und dem Schutz ebendieser Art zugutekommt. Aufs Erste wirkt das widersinnig; sofern man nicht mit dem Prinzip „Schützen durch Nützen“vertraut ist, mit dem die Trophäenjagd in vielen Weltgegenden tatsächlich zum Erhalt von Arten und Lebensräumen beiträgt.
Auch bei uns wird dieses Prinzip diskutiert, auf höchster europäischer Ebene ebenso wie in den Niederungen der Rand- und Jagdgebiete Wiens – etwa wenn es um die umstrittene Bejagung balzender Auerhähne geht (oben in den Bergen) oder um bedrohte Rebhühner (in der Bundeshauptstadt). Zunächst scheint es ja absolut logisch, bedrohte Arten völlig unter Schutz stellen zu wollen. Warum sollte man gefährdete Tiere auch erlegen?!
Andererseits ergibt Jagd mit Augenmaß durchaus Sinn. Wenn jagdbares Wild für die lokale Bevölkerung und Grundeigentümer einen Wert hat, schützen sie es samt seinem Lebensraum. Solang erlegte Tiere, ihr Fleisch und Fell genutzt werden, ist diese Bewirtschaftung nicht weiter verwerflich. „Use it or loose it“, sagen manche Artenschützer pragmatisch. Als Prinzip bleibt „Schützen durch Nützen“gleichermaßen umstritten, wie es sich vielerorts bewährt hat.
Diese komplexen Zusammenhänge verdrängen gut meinende Naturschützer manchmal, wenn sie ihre romantischen Vorstellungen dem Rest der Welt aufdrängen wollen. Gaea Schoeters hat ihre aus Faszination, Schock und Recherche gewonnenen Einsichten in „Trophäe“festgehalten; ihrem klugen, gnadenlos konsequenten und auf der Leipziger Buchmesse zu Recht gefeierten Roman über Großwildjagd und Artenschutz, Menschenrechte und unseren immer noch kolonialistischen Blick auf Afrika. Der deutschen Bundesumweltministerin,
Steffi Lemke, hat ein unterkomplexer Problemlösungsansatz dieser Tage einen ideologischen Bauchfleck beschert.
Viele haben vermutlich an einen verspäteten Aprilscherz gedacht, als Botswanas Präsident, Mokgweetsi Masisi, in der „Bild“-Zeitung ausrichtete, Deutschland 20.000 lebende Elefanten schenken zu wollen. Weil die grüne Bundesministerin die Einfuhr von Jagdtrophäen verbieten wolle, würde das in seinem Land Armut und Wilderei fördern.
Durch den Wegfall des Jagdtourismus würden Botswana nicht nur Devisen fehlen. Auch die durch erfolgreichen Artenschutz zuletzt auf 130.000 Tiere angewachsene Elefantenpopulation wäre bedroht, weil die Dickhäuter für die Bevölkerung an Wert verlieren und nur noch als gefährliche Schädlinge in der Landwirtschaft erachtet würden. Die Deutschen sollten, zitiert „Bild“den Präsidenten der zwei Millionen Einwohner zählenden Republik, „so mit den Tieren zusammenleben, wie ihr es uns vorzuschreiben versucht“. Als Bedingung stellte er die „Freilandhaltung“der 20.000 Elefanten in Deutschland. Diese müssten bloß abgeholt werden.
Naturschützer verdrängen komplexe Zusammenhänge, wenn sie dem Rest der Welt ihre romantischen Vorstellungen aufdrängen wollen.
Das ist nicht nur komisch, sondern für die Ministerin bitter. Zumal Deutschland selbst auf vielen Ebenen versagt, wenn es um Artenschutz auf eigenem Staatsgebiet geht. „Wisente, Elche und Bären können in Deutschland keinen Fuß fassen. Aber Bundesministerin Lemke will Botswana und Namibia vorschreiben, wie sie ihre Elefanten und andere Wildtiere managen“, stellt Klaus Hackländer, Präsident der Deutschen Wildtierstiftung und Boku-Professor für Wildtierbiologie und Jagdwirtschaft, fest. Die Ministerin agiere ideologiegetrieben und negiere Fakten.
Die deutsche Bundesministerin sollte sich beim Thema Trophäenjagd eine Nachdenkpause gönnen, vielleicht Gaea Schoeters „Trophäe“lesen; nötigenfalls auch dreimal.