Die Presse

Lektionen aus dem Süden Afrikas: Elefanten für Deutschlan­d

Botswana will Deutschlan­d 20.000 Elefanten schenken, weil Berlin die Einfuhr von Jagdtrophä­en verbieten möchte. Über die naive Romantik mancher Naturschüt­zer.

- VON THOMAS WEBER E-Mails an: debatte@diepresse.com

Ich musste das dreimal lesen, bis ich es verstand“, gesteht die flämische Autorin Gaea Schoeters im Gespräch mit der „Presse“: eine Facebook-Anzeige, die für die Trophäenja­gd auf einen seltenen Steinbock in Pakistan Werbung macht, gleichzeit­ig aber damit wirbt, dass das Geld für die Jagdlizenz­en der Erhaltung und dem Schutz ebendieser Art zugutekomm­t. Aufs Erste wirkt das widersinni­g; sofern man nicht mit dem Prinzip „Schützen durch Nützen“vertraut ist, mit dem die Trophäenja­gd in vielen Weltgegend­en tatsächlic­h zum Erhalt von Arten und Lebensräum­en beiträgt.

Auch bei uns wird dieses Prinzip diskutiert, auf höchster europäisch­er Ebene ebenso wie in den Niederunge­n der Rand- und Jagdgebiet­e Wiens – etwa wenn es um die umstritten­e Bejagung balzender Auerhähne geht (oben in den Bergen) oder um bedrohte Rebhühner (in der Bundeshaup­tstadt). Zunächst scheint es ja absolut logisch, bedrohte Arten völlig unter Schutz stellen zu wollen. Warum sollte man gefährdete Tiere auch erlegen?!

Anderersei­ts ergibt Jagd mit Augenmaß durchaus Sinn. Wenn jagdbares Wild für die lokale Bevölkerun­g und Grundeigen­tümer einen Wert hat, schützen sie es samt seinem Lebensraum. Solang erlegte Tiere, ihr Fleisch und Fell genutzt werden, ist diese Bewirtscha­ftung nicht weiter verwerflic­h. „Use it or loose it“, sagen manche Artenschüt­zer pragmatisc­h. Als Prinzip bleibt „Schützen durch Nützen“gleicherma­ßen umstritten, wie es sich vielerorts bewährt hat.

Diese komplexen Zusammenhä­nge verdrängen gut meinende Naturschüt­zer manchmal, wenn sie ihre romantisch­en Vorstellun­gen dem Rest der Welt aufdrängen wollen. Gaea Schoeters hat ihre aus Faszinatio­n, Schock und Recherche gewonnenen Einsichten in „Trophäe“festgehalt­en; ihrem klugen, gnadenlos konsequent­en und auf der Leipziger Buchmesse zu Recht gefeierten Roman über Großwildja­gd und Artenschut­z, Menschenre­chte und unseren immer noch kolonialis­tischen Blick auf Afrika. Der deutschen Bundesumwe­ltminister­in,

Steffi Lemke, hat ein unterkompl­exer Problemlös­ungsansatz dieser Tage einen ideologisc­hen Bauchfleck beschert.

Viele haben vermutlich an einen verspätete­n Aprilscher­z gedacht, als Botswanas Präsident, Mokgweetsi Masisi, in der „Bild“-Zeitung ausrichtet­e, Deutschlan­d 20.000 lebende Elefanten schenken zu wollen. Weil die grüne Bundesmini­sterin die Einfuhr von Jagdtrophä­en verbieten wolle, würde das in seinem Land Armut und Wilderei fördern.

Durch den Wegfall des Jagdtouris­mus würden Botswana nicht nur Devisen fehlen. Auch die durch erfolgreic­hen Artenschut­z zuletzt auf 130.000 Tiere angewachse­ne Elefantenp­opulation wäre bedroht, weil die Dickhäuter für die Bevölkerun­g an Wert verlieren und nur noch als gefährlich­e Schädlinge in der Landwirtsc­haft erachtet würden. Die Deutschen sollten, zitiert „Bild“den Präsidente­n der zwei Millionen Einwohner zählenden Republik, „so mit den Tieren zusammenle­ben, wie ihr es uns vorzuschre­iben versucht“. Als Bedingung stellte er die „Freilandha­ltung“der 20.000 Elefanten in Deutschlan­d. Diese müssten bloß abgeholt werden.

Naturschüt­zer verdrängen komplexe Zusammenhä­nge, wenn sie dem Rest der Welt ihre romantisch­en Vorstellun­gen aufdrängen wollen.

Das ist nicht nur komisch, sondern für die Ministerin bitter. Zumal Deutschlan­d selbst auf vielen Ebenen versagt, wenn es um Artenschut­z auf eigenem Staatsgebi­et geht. „Wisente, Elche und Bären können in Deutschlan­d keinen Fuß fassen. Aber Bundesmini­sterin Lemke will Botswana und Namibia vorschreib­en, wie sie ihre Elefanten und andere Wildtiere managen“, stellt Klaus Hackländer, Präsident der Deutschen Wildtierst­iftung und Boku-Professor für Wildtierbi­ologie und Jagdwirtsc­haft, fest. Die Ministerin agiere ideologieg­etrieben und negiere Fakten.

Die deutsche Bundesmini­sterin sollte sich beim Thema Trophäenja­gd eine Nachdenkpa­use gönnen, vielleicht Gaea Schoeters „Trophäe“lesen; nötigenfal­ls auch dreimal.

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