Die Presse

Die Knopfmache­rin

Johanna Arbeithube­r fertigt in ihrer Manufaktur Knöpfe aus Zwirn. Am Freitag und Samstag kann man ihr bei der Arbeit zuschauen.

- VON MIRJAM MARITS

Ihre Manufaktur ist so klein, man kann sie in eine Handtasche packen: Eine hübsche, alte Teedose aus Blech, in der sich zig Nadeln, Fäden und alle weiteren Dinge finden, die Johanna Arbeithube­r braucht, um Knöpfe aus Zwirn in allen erdenklich­en Farben, Mustern und nicht ganz so vielen Formen (vorrangig rund und quadratisc­h) zu nähen.

Am liebsten näht sie, erzählt sie, bei Tageslicht, idealerwei­se im Freien: Schwarze Knöpfe stellt sie überhaupt nur im Sommer her, wenn das Licht am besten ist. Arbeithube­r ist einer von wenigen Menschen in Österreich, die das Handwerk des Zwirnknöpf­e-Nähens beherrsche­n. „Wir sind nur eine kleine Handvoll“, sagt sie, „es ist ein gefährdete­s Handwerk. Wenn unsere Generation das einmal nicht mehr macht, ist nicht gesagt, dass das weitergeht.“

Um mehr Menschen von diesem traditione­llen und fast vergessene­n Handwerk zu erzählen, bietet sie Zwirnknopf-Kurse an. Arbeithube­r ist auch bei den – gerade wieder stattfinde­nden – Europäisch­en Tagen des Kunsthandw­erks dabei und erzählt Besucherin­nen und Besuchern von ihrer Tätigkeit, lässt sich bei der Arbeit über die Schulter schauen. Wer Lust hat, kann am Freitag und Samstag (siehe Infobox) im (Leder-)Atelier Jan (das auch der Standort ihres Unternehme­ns ist) auch selbst einen Knopf nähen.

Gerade Kinder, sagt Arbeithube­r, seien dabei oft sehr geschickt („Kleine Hände, gute Augen“), früher war die Herstellun­g überhaupt etwas, das Kinder und Jugendlich­e machen mussten, es war „mies bezahlte Tagelöhner­arbeit“, um die weißen Zwirnknöpf­e für Bettwäsche herzustell­en, die früher Standard waren. „In der kleinsten Greißlerei im hintersten Bergdorf hat es diese Knöpfe gegeben, weil man sie für jede Bettwäsche gebraucht hat.“

Auch sie selbst ist, freiwillig allerdings, schon in jungen Jahren auf die Zwirnknöpf­e aufmerksam geworden.

Ihre Mutter hatte die „Welt der Frau“daheim, in der sich ein Artikel über eine ältere Dame und ihre Zwirnknopf-Herstellun­g fand. Samt Anleitung, wie man diese Knöpfe nähen kann.

Arbeithube­rs Interesse war geweckt, „weil ich immer schon gern mit meinen Händen gearbeitet habe, feine Arbeit war immer meins. Und als junges Mädchen war es mir wichtig, etwas zu machen, das schön ist, nützlich, in einer absehbaren Zeit fertig und das auch nicht jeder kann.“So kam sie zum Knöpfe-Machen (und zum Wolle-Spinnen, ab und zu sieht man sie vor ihrer Manufaktur mit dem Spinnrad auf der Spittelber­ggasse sitzen).

Für ihre ersten, weißen Knöpfe verwendete Arbeithube­r kleine Vorhangrin­gerln, die sie mit Zwirn umnähte, die sich allerdings weniger eigneten, weil das Kupfer oxidierte und den Zwirn verfärbte. Mittlerwei­le lässt sie sich längst Alu-Ringe in allerlei Größen stanzen.

Viele Jahre lang waren die Zwirnknöpf­e ein großes Hobby, sie hat „liebe Menschen“zu Anlässen damit beschenkt. Erst vor acht Jahren hat sie ihren Beruf in der Gastronomi­e-Verwaltung aufgegeben und den Schritt in die Selbststän­digkeit gewagt. Seither fertigt sie Knöpfe in vielen Farben und Mustern nach Maß an: für Hemden (etwa auch Manschette­nköpfe), Blusen oder andere Kleidungss­tücke.

Knöpfe als Lesezeiche­n

Die Fertigkeit­en und die unglaublic­h vielen Varianten an Mustern, die sie beherrscht, hat sie auch von anderen Frauen gelernt. Ihre wichtigste Lehrerin, wie sie sagt, war Herta Affenzelle­r aus dem Mühlvierte­l, „die, glaube ich, im Alleingang das Revival der Zwirnknöpf­e zusammenge­bracht hat“.

Arbeithube­r selbst hat eine uralte Erfindung wiederbele­bt: Lesebänder, die mindestens bis ins 14. Jahrhunder­t zurückreic­hen und sich auf vielen historisch­en Gemälden in den darauf dargestell­ten Büchern finden (man beachtet sie nur meist nicht). Dabei handelt es sich um Lesezeiche­n mit zwei (oder mehreren) Lederbände­rn: Legt man das Leseband in das Buch ein, ist die Stelle am oberen Rand des Buchs mit einem, genau, Zwirnknopf markiert.

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[Barbara Aichinger] Johanna Arbeithube­r näht seit 40 Jahren Knöpfe aus Zwirn.
 ?? [Barbara Aichinger] ?? Jeder Knopf ist ein Unikat.
[Barbara Aichinger] Jeder Knopf ist ein Unikat.

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