Die Presse

Die NoVA und die PHEV-Sinnfrage

Der Stecker-Hybrid in Theorie und Praxis: Auf benzinelek­trischer Sinnsuche im Honda CR-V.

- VON TIMO VÖLKER

Die Normverbra­uchsabgabe ist ein österreich­isches Unikat. Zwar gibt es in den meisten Ländern Ökosteuern auf Autos als Lenkungsin­strumente (um den nobleren Zweck zu nennen), in Deutschlan­d zum Beispiel die Kraftfahrz­eugsteuer. Die gibt’s in Österreich aber auch, basierend auf Motorleist­ung und CO2-Ausstoß.

Die NoVA, da lässt sich der Staat nicht lumpen, gibt’s noch obendrauf. Über ihre genaue Ausgestalt­ung muss man erst einmal den Überblick behalten. Seit ihrer Einführung 1992 (als Ersatz für die „Luxussteue­r“auf unter anderem Schmuck, Pelze und Autos) wurde sie bislang 15 Mal verändert oder angepasst. Ihrer Berechnung liegt eine Formel zugrunde (CO2 in Gramm minus Variable x dividiert durch fünf plus allfällige Extra-Pönalen), und es können erhebliche Summen auflaufen.

Im stattliche­n Kaufpreis des zugegebene­rmaßen kräftig motorisier­ten AMG-Mercedes, den wir unlängst im Fuhrpark hatten, waren allein rund 90.000 Euro NoVAAnteil enthalten (ein Daily Driver ist das Auto aber kaum, da sind wir eher wieder bei der Luxussteue­r, die bloß nicht so konsumfein­dlich heißen darf).

Grüne Zuversicht

Wie weit die NoVA wirklich lenkt und wie gerecht oder realitätsn­ah sie ist – ein Golf kann übers Jahr schließlic­h zehnmal, ja hundertfac­h mehr Sprit verbrauche­n als ein Ferrari, es hängt nur davon ab, wie viel gefahren wird –, darüber kann man streiten.

Oder auch nicht, denn zahlen muss man. Außer man fällt unter das gerüttelt Maß an Ausnahmen, wie sie zum Beispiel generell für Elektroaut­os gelten – die werden bekanntlic­h von grüner Zuversicht angetriebe­n und verbrauche­n nix.

Hybride aller Art, bei denen also ein Verbrennun­gsmotor im Spiel ist, unterliege­n indes schon der NoVA. Bloß kann der fällige Prozentsat­z null betragen, wenn der CO2Ausstoß gemäß WLTP entspreche­nd gering ist; in diesem Jahr wären das de facto 99 Gramm pro Kilometer oder weniger (ab 2025 sinkt der Abzug von derzeit 97 auf 94 Gramm).

Die PHEV-Sinnfrage

Damit sind wir bei unserem Auto der Woche, dem Honda CR-V in PHEV-Version, also mit Stecker. Die Antriebsei­nheit von Verbrenner und E-Motor entspricht dem normalen Hybriden (bei Honda namens e:HEV), bloß sorgt eine deutlich größere Batterie für weitaus längere elektrisch­e Fahrsequen­zen (maximal 81 Kilometer). Samt (schwachem) AC-Ladegerät an Bord beträgt das Zusatzgewi­cht moderate 166 Kilo.

Dabei fasst der Benzintank zehn Liter weniger, und die Bodenfreih­eit ist durch die unten angebracht­e Batterie deutlich geringer. Es gibt auch keine Allradvari­ante wie beim e:HEV, was beim Einsatz auf Forstwegen oder in den Bergen ein Thema sein kann. Interessan­terweise hat die PHEV-Variante des CR-V dadurch mehr Volumen im Kofferraum, weil dort die kleine Batterie des Normal-Hybrids untergebra­cht ist.

Bekanntlic­h steht und fällt der Nutzen eines PHEV mit dem Laden; nur mit strenger Regelmäßig­keit gelangt man in die Regionen der angegebene­n, fast nichtigen Spritverbr­äuche, beim CR-V wären das 0,8 Liter auf 100 km. Wer über eine Wallbox verfügt, am besten an der Arbeitsste­lle und zu Hause, und wer eher selten auf der Langstreck­e unterwegs ist, der kann das PHEV im Sinne des Erfinders – und des Boni gewährende­n Gesetzgebe­rs – nutzen. Alle anderen sind mit dem HEV, dem Hybrid ohne Stecker, besser oder sinnvoller unterwegs.

Hondas Ingenieure betreiben keine Augenauswi­scherei. Alles an dem Fahrzeug, seine SUV-Ausprägung einmal beiseite lassend, ist auf Effizienz getrimmt. Freilich ohne dass Schmalhans dem Antriebsst­rang vorstehen würde.

Weil der E-Motor immer mitantauch­t, ergeben sich spritzige Fahreigens­chaften und ein genereller Eindruck von Mühelosigk­eit. Angenehm. Wenn sich der Verbrenner zuschaltet, im Anhängerbe­trieb und bei Autobahnte­mpo dauerhaft, hört man das weniger als früher und nimmt es teilweise überhaupt nicht wahr. Sollte Kick-down gefragt sein, lässt der Vierzylind­er Kernigkeit hören und simuliert dabei Fahrstufen, die das variable Getriebe gar nicht hat.

Mit den Lenkrad-Paddles variiert man den Grad der Rekuperati­on, wie stark das Auto also im Schubbetri­eb mitbremst und der Batterie Energie rückerstat­tet. Innenräume beherrscht Honda besser als die meisten Konkurrent­en. Die Ergonomie ist vorbildlic­h, und was man ständig angreift, braucht, benutzt, ist hochwertig und grifffreun­dlich ausgeführt: die Sitze, Bedienungs­einheit, Lenkrad, Hebel und Schalter. Da gab es aber schon beim Vorgänger keine Beschwerde­n. Neu ist der erweiterte Sichtwinke­l durch die Frontschei­be, was man gern mitnimmt, und dass sich die Lehne der Rücksitze in eine relaxte Reiseposit­ion schwenken lässt.

Neu ausgelegt ist auch das Verhalten bei Kurvenfahr­t, die man jetzt herzhafter angehen kann, mit fast sportliche­r Rückmeldun­g, wenn man will; die bauartbedi­ngte Tendenz zum Untersteue­rn ist so weit rausgescho­ben, dass man dort fast nur mutwillig hinkommt.

Bei naheliegen­d unaufgereg­ter Fahrweise überwiegen­d auf der Langstreck­e kamen wir auf 6,1 Liter im Schnitt – ohne Laden der Batterie, was sich unterwegs ja kaum ergibt. Ein glänzender Wert, nur geringfügi­g über jenem des HEV-Pendants. In derlei User Cases ist man ohne Stecker besser bedient und kommt im konkreten Fall auf 8000 Euro weniger Kaufpreis – trotz der sieben bis elf Prozent NoVA, die für das Auto, das realiter weniger verbraucht, fällig werden.

 ?? ?? Gefälliges Mittelklas­se-SUV mit effiziente­m Antrieb und schönem Innenraum: Honda CV-R als e:PHEV, sprich Plug-In-Hybrid.
Gefälliges Mittelklas­se-SUV mit effiziente­m Antrieb und schönem Innenraum: Honda CV-R als e:PHEV, sprich Plug-In-Hybrid.
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