Die direkte Route zu Olympiagold
Jakob Schubert ist schon jetzt einer der erfolgreichsten Kletterer seiner Zeit, im Wettkampf genauso wie am Fels. Nach einer famosen Saison ist er auch in Paris auf Großes aus.
Innsbruck/Wien. 112 Tage noch bis Paris und unvorhersehbare Olympiasensationen vorbehalten, steht ein Mann an der Spitze der rotweiß-roten Delegation: Jakob Schubert, 33-jähriger Kletterausnahmekönner aus Innsbruck, trägt die größten Hoffnungen auf eine österreichische Goldmedaille bei den Sommerspielen.
Doch Klettern ist ein komplexer Sport, umso erstaunlicher also, wie sich Schubert seine Route nach Paris zurechtgelegt hat. Ein Masterplan, der im olympischen Goldgriff gipfeln soll. Was für Schubert, den sechsfachen Weltmeister, spricht: Erstens das Reglement mit dem für ihn willkommenen Wegfallen des Speedteils in der neuen olympischen Boulder-und-Vorstieg-Kombination. Und der Umstand, dass Schubert die Qualifikation für Paris im Vorjahr mit seinem Kombi-WMTitel frühzeitig abgehakt hat.
Damit ist er gegenüber anderen Topathleten im Vorteil und kann die Trainings- und Wettkampfplanung bereits gezielter auf das Saisonhighlight abstimmen. Nach dem Boulder-Weltcupauftakt kommende Woche in Keqiao in China lässt er etwa den darauffolgenden ersten Vorstiegweltcup in Wujiang aus, seine Paradedisziplin eigentlich. Seine Hauptkonkurrenten hingegen müssen schon jetzt auch auf den Vorstieg setzen, um für die Olympia-Qualifikation-Events im Mai und Juni in Topform zu kommen. Schubert kann in der Zwischenzeit das Bouldern forcieren. „Nicht nur, weil die Saison damit losgeht, sondern auch, weil es trainingstechnisch mehr Sinn hat“, erklärt er. „Zuerst kommt die Maximalkraftphase, dann die Ausdauer. Die Maximalkraft ist die Basis.“Doch diese ist ohnehin schon gelegt. Der Innsbrucker, der 2021 bei der Olympia-Premiere der Kletterer in Tokio die Bronzemedaille gewonnen hat, fühlt sich bestens gerüstet. „Alles ist auf Schiene. Ich bin schon sehr zufrieden, wie es läuft“, sagte der Kombi- und Vorstiegsweltmeister. In der Vorbereitung auf die neue Weltcupsaison setzte er hauptsächlich auf Bewährtes. „Ich habe vieles ähnlich gemacht wie im Vorjahr. Aber ich habe auch gezielter versucht, an Schwächen zu arbeiten – an technischen Bouldern und Sprüngen.“
Historischer Herbst
Überhaupt habe er noch lang nicht genug. Dass er nach Paris noch eine Olympia-Periode anhängt, sei durchaus denkbar. Viel hänge davon ab, ob es bei den Sommerspielen 2028 in Los Angeles statt der Kombination eine eigene Medaillenentscheidungen im Vorstieg und Bouldern geben wird. „Wenn es eine Vorstiegsentscheidung gibt, schließe ich 2028 nicht aus. Mir taugt das Training. Es ist so eine komplexe Sportart. Ich habe immer noch das Gefühl, man kann besser werden. Das macht es extrem spannend. Ich will noch viel erreichen, auch im Felsen.“
Dort hat Schubert zuletzt sein Meisterstück abgeliefert – ein
Herbst, der sein Kletterjahr 2023 endgültig zu einem für die Geschichtsbücher gemacht hat. Erst durchstieg er „Project Big“(Höchstschwierigkeit 9c) in Flatanger in Norwegen, in der Szene als die vielleicht schwierigste Kletterroute der Welt eingestuft. Drei Monate später, kurz vor Weihnachten, wiederholte er den Boulder „Alphane“(9a) in Chironico im Tessin in der Schweiz. Damit ist Schubert der erste Kletterer, der eine Route und einen Boulder im derzeit schwierigsten Grad durchsteigen konnte. „Nach der Weltmeisterschaft war ich sehr viel am Felsen unterwegs. Das hat meinen Kopf wieder frei gemacht.“(joe)
‘‘ Als Athlet ist man sich natürlich bewusst, dass es das Event des Lebens sein wird. Es dreht sich alles um den Bewerb in Paris. Jakob Schubert