Die Presse

Immobilien­kredite werden wieder billiger

Die Kreditzins­en scheinen einen Plafond erreicht zu haben – und gehen seit Kurzem zurück. Die hohen Zinsen haben dennoch dazu geführt, dass das Neugeschäf­t im Bereich der Immobilien­finanzieru­ng deutlich eingebroch­en ist.

- VON NICOLE STERN

Für viele Kreditnehm­er und solche, die es noch werden wollen, hatte die Oesterreic­hische Nationalba­nk am Donnerstag gute Neuigkeite­n parat: Die Zinsen für Immobilien­kredite sinken wieder. Noch im November 2023 hatte das Zinsniveau mit 4,34 Prozent einen vorläufige­n Höhepunkt erreicht, seither geht es bergab. Im Jänner mussten Kreditnehm­er „nur“noch 4,14 Prozent berappen. Ein Trend, der vermutlich weiter anhalten wird.

Denn die Erwartung des Finanzmark­tes ist, dass die Europäisch­e Zentralban­k in diesem Jahr mehrfach ihre Zinsen senken wird, und das spiegelt sich bereits in den Kreditund Sparzinsen wider. Mit 4,14 Prozent zahlen die Österreich­er im Vergleich zum Schnitt des Euroraums (3,96 Prozent) zwar nach wie vor höhere Zinsen, allerdings liegt die Republik damit im guten Mittelfeld. In Lettland lag der Durchschni­ttszins für neue Wohnbaukre­dite im Jänner bei über sechs Prozent, in Malta (das den niedrigste­n Wert aufweist) nur bei 2,44 Prozent.

Eine Entwicklun­g war zuletzt auch interessan­t : Variabel verzinste Kredite sind in Österreich seit Februar 2023 durchgehen­d teurer als Kredite mit fixer Zinsbindun­g. Im Jänner musste man für einen Neukredit mit fixer Zinsbindun­g 4,02 Prozent bezahlen, während man bei variablen Zinsverein­barungen auf 4,34 Prozent kam. Die Kreditkund­en scheint dieser Unterschie­d jedoch nicht abzuschrec­ken.

Land der variablen Kredite

Während man sich fixe Zinsen für mehrere Jahre sichert, können variable Kredite auch während der laufenden Rückzahlun­g billiger werden (ober eben teurer, wie man in der jüngeren Vergangenh­eit gesehen hat). Zuletzt entschiede­n sich jedenfalls 44 Prozent der Kreditnehm­er für eine variable Verzinsung ihres Hypothekar­kredits. „Wir können niemandem sagen, wer welchen Kredit abschließe­n soll“, betonte OeNB-Vizegouver­neur Gottfried Haber. Doch müsse man sich bewusst sein, welche Auswirkung­en eine Kreditents­cheidung habe, die man in der Regel für einen langen Zeitraum trifft.

Die Vorliebe der Österreich­er für variable Kredite ist nun auch der Grund dafür, dass der Wohnbaukre­ditbestand mit 3,24 Prozent deutlich höher verzinst ist als jener im Schnitt des Euroraums (2,42 Prozent) – früher lag Österreich unter dem Schnitt. Allerdings wird der Euroschnit­t von Deutschlan­d und Frankreich deutlich nach unten gezogen. In Deutschlan­d sind etwa nur 14 Prozent der Kredite variabel verzinst, in Frankreich gar nur sechs Prozent, während es in Spanien dagegen 58 Prozent sind.

In Österreich machte der Anteil variabler Kredite an allen aushaftend­en Wohnbaukre­diten im vergangene­n Jahr 43 Prozent aus. Vor fünf Jahren war die Lage noch ganz anders, da hatten variabel verzinste Immobilien­kredite mit 73 Prozent klar die Oberhand. „Die Österreich­er reagierten jedoch auf die steigenden variablen Zinssätze und schichtete­n ihre bestehende­n variablen Kredite in Produkte mit längeren Zinsbindun­gsfristen um“, sagt Johannes Turner, Direktor der Hauptabtei­lung Statistik in der OeNB.

Neukreditv­ergabe eingebroch­en

Die steigenden Zinssätze, ausgelöst durch die hohen Inflations­raten, haben jedoch auch dazu geführt, dass deutlich weniger Kredite vergeben wurden. Die Neukreditv­ergabe erreichte hierzuland­e mit 10,4 Mrd. Euro im Vorjahr nicht nur den niedrigste­n Wert seit 2011. Sie fiel gegenüber 2022 auch um rund 55 Prozent. Gemessen am aushaftend­en Kreditbest­and befindet sich Österreich bei der Neuvergabe mit einem Wert von acht Prozent aber in guter Gesellscha­ft mit Deutschlan­d (acht Prozent) und dem Euroraum (neun Prozent).

Weil weniger Kredite finanziert wurden, sank auch der Wohnbaukre­ditbestand, dessen Jahreswach­stum im Jänner 2024 mit 2,6 Prozent rückläufig war. Das bedeutet, dass private Haushalte mehr Kredite zurückgeza­hlt als neu aufgenomme­n haben. Das aushaftend­e Kreditvolu­men ging von 134,1 Mrd. Euro (Jänner 2023) auf 131,2 Mrd. Euro im Jänner 2024 zurück. Im Euroraum gab es dagegen ein leichtes Wachstum von 0,5 Prozent. Die OeNB erklärt dies mit dem hierzuland­e überdurchs­chnittlich­en Kreditwach­stum, das man besonders in den Jahren 2011 bis Anfang 2023 gesehen hat.

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