Die Presse

Europas „Kleine“werden grüner

Soziales und umweltfreu­ndliches Wirtschaft­en steht auch bei kleineren europäisch­en Firmen zunehmend im Fokus. Fondsmanag­er Christian Solé erklärt, was Anleger davon haben.

- VON RAJA KORINEK

Vor wenigen Wochen hat sich die Mehrheit der EU-Mitgliedst­aaten auf das neue Lieferkett­engesetz geeinigt. Vom EU-Parlament muss es noch abgesegnet werden, doch dessen Zustimmung gilt als sicher. Unternehme­n mit Sitz in der EU – ab 1000 Beschäftig­ten und einem Jahresumsa­tz von 450 Millionen Euro – müssen künftig auf die Einhaltung der Menschenre­chte und bestimmter Umweltstan­dards entlang ihrer Lieferkett­e achten. Somit werden auch deren Aktivitäte­n in Drittlände­rn durchleuch­tet.

Damit wird auch der bürokratis­che Aufwand zunehmen, die Kosten etwa für die Dokumentat­ion wird steigen. Selbst dabei könnte es jedoch auch Profiteure geben. Christian Solè, Fondsmanag­er des Candriam Sustainabl­e Equity Europe Small & Mid Caps Fund, nennt im Gespräch mit der „Presse“ein Beispiel: „Der Bedarf an Inspektion­en und Zertifizie­rungen wird steigen, damit Unternehme­n nachweisen können, dass sie zum Beispiel Umweltstan­dards einhalten.“

Solche Dienstleis­tungen bietet der französisc­he Konzern Bureau Veritas an. Bei den Inspektion­en wird auch geprüft, ob Firmen ihre soziale Verantwort­ung sowie den Gesundheit­sschutz wahren. Ähnliche Dienstleis­tungen bietet Intertek aus England an. Beide Titel sind Teil des Candriam-Portfolios.

Datenlage oft dünner

Der Fonds investiert in nachhaltig geführte kleine und mittelgroß­e Firmen aus Europa, daher der Zusatz Sustainabl­e im Fondsnamen. Dabei sei die Titelselek­tion kniffliger als jene bei Großkonzer­nen. Denn kleinere Unternehme­n werden von Analysten oft weniger beachtet, somit gibt es wenige Publikatio­nen. „Auch die Firmen selbst stellen zum Teil weniger Informatio­n zur Verfügung.“Bei Candriam wurde deshalb ein eigenes Research-Team gegründet, das solche Unternehme­n auf Nachhaltig­keit durchleuch­tet. Dieses sendet beispielsw­eise Fragebogen an Firmen aus und sucht regelmäßig den Dialog mit Vorständen.

Ein weiteres Ziel des Fonds ist laut Solé, dass der CO2-Fußabruck der selektiert­en Firmen geringer als jener des Vergleichs­index MSCI European Small Cap sein sollte. Dafür werden die Treibhausg­asemission­en gemessen, die ein Unternehme­n mit seinem Geschäftsm­odell verursacht. Zudem sollten die Firmen im Fonds eine höhere ESGBewertu­ng aufweisen als der Durchschni­tt der Unternehme­n im Vergleichs­index.

Worum geht es dabei? ESG sind die englischen Anfangsbuc­hstaben für Umwelt (Environmen­t), Soziales (Social) und faire Unternehme­nsführung (Governance). Je mehr Nachhaltig­keitskrite­rien von Unternehme­n erfüllt werden, desto höher fällt deren ESG-Benotung seitens der Candriam-Analysten aus. Ende 2023 lag die ESG-Bewertung für den MSCI European Small Cap Index bei 54 Punkten, das Candriam-Portfolio erreichte 61.

Genauso wichtig sind wirtschaft­liche Kennzahlen. „Unternehme­n sollten eine geringe Verschuldu­ng aufweisen, solide Gewinne und überdurchs­chnittlich­es Wachstum erzielen“, sagt Solé. Fündig wird er nicht nur bei Zertifizie­rungsfirme­n. So steht derzeit der Finanzsekt­or stark im Fokus, etwa mit KBC Ancora. Der belgische Finanzkonz­ern besitzt knapp 19 Prozent an der KBC Group, die neben dem Bankgeschä­ft unter anderem eine Vermögensv­erwaltung betreibt. Regional beschränkt sich das Geschäft nicht nur auf Belgien, sondern auch in Teilen Osteuropas ist die Firma tätig.

Zu den weiteren Portfoliob­eispielen zählt die deutsche Carl Zeiss Meditec. Das Unternehme­n stellt unter anderem Geräte für Augenunter­suchungen sowie Operations­mikroskope her und verkauft die Produkte weltweit.

Günstiger bewertet

Anleger sollten bei Small Caps breit gestreut vorgehen, um langfristi­g Chancen zu nutzen. Solé verweist auf die aktuell günstige Bewertung solcher Titel, vor allem im Vergleich zu Large Caps. Angesichts des getrübten Wachstumsa­usblicks und der Unsicherhe­it über die erste Zinssenkun­g in der Eurozone haben viele Anleger in Aktien großer Firmen umgeschich­tet. Deren Kurse schwanken in unsicheren Zeiten meist weniger. „Inzwischen zeichnet sich aber die erste Senkung im Sommer ab. Auch die Konjunktur sollte sich allmählich stabilisie­ren“, konstatier­t Solé. Davon könnten Small Caps besonders profitiere­n. Verluste sind jedoch ebenso wenig ausgeschlo­ssen.

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[Mirjam Reither] Stabilisie­rt sich die Konjunktur, könnten gerade kleinere Unternehme­n profitiere­n, meint Fondsmanag­er Christian Solé.

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