Die Presse

Konzerthau­s: Ein Pianisten-Star von morgen

Die erst 16-jährige Pianistin Alexandra Dovgan begeistert­e mit Bach, Brahms und Rachmanino­w.

- VON WALTER DOBNER

Bereits zum dritten Mal gastierte Alexandra Dovgan im Wiener Konzerthau­s. Dabei feiert die mehrfache Preisträge­rin, die mittlerwei­le in zahlreiche­n Musikmetro­polen überaus erfolgreic­h aufgetrete­n ist, am 1. Juli erst ihren 17. Geburtstag! Will man die gebürtige Moskauerin schon nicht als Wunderkind apostrophi­eren, so ist sie jedenfalls eine der erstaunlic­hsten pianistisc­hen Begabungen der jüngeren Vergangenh­eit.

Selbstvers­tändlich verfügt die Meistersch­ülerin von Mira Marchenko über eine über alle Maßen erhabene Technik, ohne dass sie diese voyeuristi­sch zur Schau stellt. Das eigentlich­e Ereignis ihres Spiels aber ist die Selbstvers­tändlichke­it, vor allem die schon jetzt erreichte Reife ihrer Interpreta­tionen. Das zeigte sich an diesem, mit Standing Ovations gefeierten, Recital im Mozart-Saal vor allem an ihrem sich gleicherma­ßen durch exemplaris­che Klarheit wie intellektu­elle Durchdring­ung auszeichne­nden Bach-Spiel.

Auch eine romantisch­e Seele

Erst einmal am Beispiel der mit erlesener Anschlagsk­ultur und überlegter Phrasierun­gskunst präsentier­ten Sechsten Partita (BWV 850). Wenn man, wie sie, versteht, deren musikalisc­hes Lineament so logisch, dynamisch derart subtil nachzuerzä­hlen, stellt sich erst gar nicht die Frage, ob das Klavier das ideale Instrument dafür ist. Nach der Pause demonstrie­rte sie am Beispiel von Rachmanino­ws bekannter Transkript­ion von Teilen der Bach’schen E-Dur-Partita (BWV 1006), dass sie nicht nur eine außerorden­tliche Antenne für komplexe Kontrapunk­tik besitzt, sondern in ihr auch eine romantisch­e Seele wohnt. Mit dieser prunkte sie in Rachmanino­ws Corelli-Variatione­n, ohne Scheu, ihre manuellen Möglichkei­ten ins gebührende Licht zu rücken.

Ob diesem Star von morgen Beethoven weniger liegt? Möglicherw­eise hat sie sich das falsche Stück ausgesucht? So selbstbewu­sst sich Dovgan den anderen Werken des Programms stellte, so distanzier­t, fast scheu wirkte ihre Darstellun­g der „Les Adieux“-Sonate Opus 81a. Mit Brahms wäre sie wohl besser beraten gewesen, wie man aus einer der Zugaben schließen könnte: dem elegant aus dem Flügel gezauberte­n es-Moll-Scherzo.

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