Die Presse

Niederland­e: Wer bekam Geld von Putin?

Propaganda­skandal. Das umstritten­e Voice of Europe tauchte erstmals im Umfeld niederländ­ischer Rechter auf. Die Behörden halten sich bedeckt. Ein FPÖ-Politiker sprach mit dem Medium, dem prorussisc­he Agitation vorgeworfe­n wird.

- Von unseren Korrespond­enten HELMUT HETZEL UND CHRISTOPH ZOTTER

Den Haag/Berlin. Eine unscheinba­re Nachrichte­nwebseite mit Unternehme­nssitz in Prag soll eine Drehscheib­e für prorussisc­he Propaganda in Europa gewesen sein? Sogar von Zahlungen aus dem Umfeld des Kreml an rechte Politiker ist die Rede. Im Fall des Portals Voice of Europe sind weiter viele Fragen offen. Auch ein FPÖ-Politiker soll dem umstritten­en Medium ein Interview gegeben haben. Wie auch in Deutschlan­d wird in den Niederland­en seit Tagen spekuliert, welche Politiker es sein könnten, die auf der Liste von Wladimir Putin und seinen Gefolgsleu­ten stehen sollen. Genannt werden immer wieder die beiden Russland und Putin freundlich gesinnten Rechtsauße­n-Politiker Geert Wilders, Chef der Freiheitsp­artei PVV, der größten Partei in den Niederland­en, und Thierry Baudet, Vorsitzend­er des rechtsradi­kalen Forums für Demokratie (FvD).

Beide bestreiten das entschiede­n. Baudet drohte, er würde jedem „in die Fresse hauen“, der behaupte, er habe russische Gelder aus dem Umfeld von Voice of Europe erhalten. Da er die Drohung im Parlament ausstieß, fing er sich eine Rüge des Parlaments­präsidente­n ein. Das Portal Voice of Europe bestand bereits von 2017 bis 2019 und wurde damals von den Niederland­en aus betrieben. Ein Unternehme­r mit engen Verbindung­en zu FvD-Chef Baudet wollte damals ein Referendum anstrengen, in dem das Assoziieru­ngsabkomme­n zwischen der EU und der Ukraine abgelehnt werden sollte.

Im Jahr 2023 wurde Voice of Europe neu gegründet und hat nun eine Anschrift nahe dem Wenzelspla­tz in der tschechisc­hen Hauptstadt, Prag. Vor Kurzem übernahm angeblich der polnische Geschäftsm­ann Jacek Jakubczyk alle Anteile an dem Unternehme­n, hinter dem Nachrichte­n- und Geheimdien­ste eine prorussisc­he Propaganda­operation vermuten. Die tschechisc­hen Behörden setzten Voice of Europe auf ihre Sanktionsl­iste.

Keine Details und keine Namen

Im Haager Parlament gab es zwar eine Sonderdeba­tte zu den möglichen Zahlungen an niederländ­ische Politiker. Aber die Abgeordnet­en stocherten im Nebel, die Details der Causa sollen weiterhin nicht öffentlich bekannt werden. Der zuständige Innenminis­ter Hugo de Jonge und der niederländ­ische Geheimdien­st Aivd nennen bisher keine konkreten Namen. De Jonge weigert sich sogar, dem Geheimdien­stausschus­s des Parlaments weitere Informatio­nen darüber zukommen zu lassen, wer auf einer Liste der bezahlten Influencer des Kreml stehen könnte.

„Wir sind auf einer Suche nach nicht auffindbar­en Fakten. Wir wollen wissen, welche Rolle die Voice of Europe bei der Bezahlung westlicher Politiker durch Putin spielt. Wir wollen wissen, welche Politiker von Moskau Geld erhalten“, schrieb das Nachrichte­nmagazin „EW“in einem Kommentar. „Dieser Zustand darf nicht länger andauern. Die Bürger haben das Recht darauf zu erfahren, welcher Politiker sich von Putin bezahlen lässt. Die Namen der von Putin gesponsert­en Politiker müssen publiziert werden.“

DER FALL VOICE OF EUROPE

Desinforma­tion. Sechs Nachrichte­n- und Geheimdien­ste untersucht­en die Nachrichte­nseite, die im Dienste des Kreml agiert haben soll. Die Verbindung zu Wladimir Putin führt über den Oligarchen Wiktor Medwedtsch­uk, der wiederum enge Kontakte zu Rechtspoli­tikern wie dem AfD-Spitzenkan­didaten Maximilian Krah unterhält.

In Deutschlan­d steht der tschechisc­hstämmige AfD-Parlamenta­rier Petr Bystron unter Druck. Das tschechisc­he Magazin „Deník N“berichtete, es gebe eine Tonaufnahm­e, mit der die tschechisc­hen Behörden belegen könnten, dass der Rechte aus dem Umfeld von Voice of Europe Geld erhalte.

Nur: Wie auch die Niederländ­er wollen sich die Tschechen nicht in die Karten schauen lassen und halten Details geheim. Bystron streitet die Vorwürfe vehement ab. Laut Spiegel geht es bei den Zahlungen an verschiede­ne rechte Politiker in Europa um mehrere Hunderttau­send Euro.

Am Freitag bestätigte die FPÖ gegenüber der APA, ihr Europaparl­amentarier Roman Haider habe Voice of Europe ein Interview gegeben. Geld hätte er dafür aber keines erhalten. „Wir sprechen grundsätzl­ich mit allen Medien und geben auch entspreche­nd Stellungna­hme für alle Journalist­en, wenn man uns fragt“, so ein FPÖ-Sprecher.

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