Niederlande: Wer bekam Geld von Putin?
Propagandaskandal. Das umstrittene Voice of Europe tauchte erstmals im Umfeld niederländischer Rechter auf. Die Behörden halten sich bedeckt. Ein FPÖ-Politiker sprach mit dem Medium, dem prorussische Agitation vorgeworfen wird.
Den Haag/Berlin. Eine unscheinbare Nachrichtenwebseite mit Unternehmenssitz in Prag soll eine Drehscheibe für prorussische Propaganda in Europa gewesen sein? Sogar von Zahlungen aus dem Umfeld des Kreml an rechte Politiker ist die Rede. Im Fall des Portals Voice of Europe sind weiter viele Fragen offen. Auch ein FPÖ-Politiker soll dem umstrittenen Medium ein Interview gegeben haben. Wie auch in Deutschland wird in den Niederlanden seit Tagen spekuliert, welche Politiker es sein könnten, die auf der Liste von Wladimir Putin und seinen Gefolgsleuten stehen sollen. Genannt werden immer wieder die beiden Russland und Putin freundlich gesinnten Rechtsaußen-Politiker Geert Wilders, Chef der Freiheitspartei PVV, der größten Partei in den Niederlanden, und Thierry Baudet, Vorsitzender des rechtsradikalen Forums für Demokratie (FvD).
Beide bestreiten das entschieden. Baudet drohte, er würde jedem „in die Fresse hauen“, der behaupte, er habe russische Gelder aus dem Umfeld von Voice of Europe erhalten. Da er die Drohung im Parlament ausstieß, fing er sich eine Rüge des Parlamentspräsidenten ein. Das Portal Voice of Europe bestand bereits von 2017 bis 2019 und wurde damals von den Niederlanden aus betrieben. Ein Unternehmer mit engen Verbindungen zu FvD-Chef Baudet wollte damals ein Referendum anstrengen, in dem das Assoziierungsabkommen zwischen der EU und der Ukraine abgelehnt werden sollte.
Im Jahr 2023 wurde Voice of Europe neu gegründet und hat nun eine Anschrift nahe dem Wenzelsplatz in der tschechischen Hauptstadt, Prag. Vor Kurzem übernahm angeblich der polnische Geschäftsmann Jacek Jakubczyk alle Anteile an dem Unternehmen, hinter dem Nachrichten- und Geheimdienste eine prorussische Propagandaoperation vermuten. Die tschechischen Behörden setzten Voice of Europe auf ihre Sanktionsliste.
Keine Details und keine Namen
Im Haager Parlament gab es zwar eine Sonderdebatte zu den möglichen Zahlungen an niederländische Politiker. Aber die Abgeordneten stocherten im Nebel, die Details der Causa sollen weiterhin nicht öffentlich bekannt werden. Der zuständige Innenminister Hugo de Jonge und der niederländische Geheimdienst Aivd nennen bisher keine konkreten Namen. De Jonge weigert sich sogar, dem Geheimdienstausschuss des Parlaments weitere Informationen darüber zukommen zu lassen, wer auf einer Liste der bezahlten Influencer des Kreml stehen könnte.
„Wir sind auf einer Suche nach nicht auffindbaren Fakten. Wir wollen wissen, welche Rolle die Voice of Europe bei der Bezahlung westlicher Politiker durch Putin spielt. Wir wollen wissen, welche Politiker von Moskau Geld erhalten“, schrieb das Nachrichtenmagazin „EW“in einem Kommentar. „Dieser Zustand darf nicht länger andauern. Die Bürger haben das Recht darauf zu erfahren, welcher Politiker sich von Putin bezahlen lässt. Die Namen der von Putin gesponserten Politiker müssen publiziert werden.“
DER FALL VOICE OF EUROPE
Desinformation. Sechs Nachrichten- und Geheimdienste untersuchten die Nachrichtenseite, die im Dienste des Kreml agiert haben soll. Die Verbindung zu Wladimir Putin führt über den Oligarchen Wiktor Medwedtschuk, der wiederum enge Kontakte zu Rechtspolitikern wie dem AfD-Spitzenkandidaten Maximilian Krah unterhält.
In Deutschland steht der tschechischstämmige AfD-Parlamentarier Petr Bystron unter Druck. Das tschechische Magazin „Deník N“berichtete, es gebe eine Tonaufnahme, mit der die tschechischen Behörden belegen könnten, dass der Rechte aus dem Umfeld von Voice of Europe Geld erhalte.
Nur: Wie auch die Niederländer wollen sich die Tschechen nicht in die Karten schauen lassen und halten Details geheim. Bystron streitet die Vorwürfe vehement ab. Laut Spiegel geht es bei den Zahlungen an verschiedene rechte Politiker in Europa um mehrere Hunderttausend Euro.
Am Freitag bestätigte die FPÖ gegenüber der APA, ihr Europaparlamentarier Roman Haider habe Voice of Europe ein Interview gegeben. Geld hätte er dafür aber keines erhalten. „Wir sprechen grundsätzlich mit allen Medien und geben auch entsprechend Stellungnahme für alle Journalisten, wenn man uns fragt“, so ein FPÖ-Sprecher.