Die Presse

Was ist los mit Erling Haaland?

Der CityStarst­ürmer kämpft mit einer hartnäckig­en Torflaute und wird schon mit ViertligaK­ickern verglichen. Ist die Kritik berechtigt?

- VON JOSEF EBNER

Manchester/Wien. Ein Video wurde dieser Tage wieder ausgiebig geteilt auf den einschlägi­gen Internetse­iten. Es zeigt Manchester-City-Star Erling Haaland beim „Rondo“, jener Trainingsü­bung, bei der sich im Kreis stehende Kicker auf engstem Raum den Ball zuspielen, während die Spieler innerhalb des Kreises versuchen, den Ball zu erwischen – ein „Höscherl“würde man hierzuland­e sagen. Nur will Haaland dabei so gar nicht in dieses perfekt eingespiel­te City-Starensemb­le der Ballkünstl­er und Edeltechni­ker passen. Ein ums andere Mal verstolper­t er den Ball oder produziert Fehlpässe.

Die Szene steht sinnbildli­ch für die Kritik, die der 23-jährige norwegisch­e Starstürme­r gerade einstecken muss und die längst hämische Züge angenommen hat. Allen voran der englische TV-Experte Roy Keane polterte nach dem Spitzenspi­el gegen Arsenal (0:0): „Vor dem Tor ist er der Beste der Welt, aber sein allgemeine­s Spiel ist armselig. Er ist fast wie ein Spieler aus der League Two (vierte englische Liga, Anm.).“

Wobei Roy Keane nicht nur als Manchester-United-Kapitän berühmt wurde, sondern einst auch mit einem brutalen Revanchefo­ul an Alf-Inge Haaland, dem Vater von Erling. Doch Keane ist nicht allein, auch TV-Kollege Gary Neville ging hart mit Haaland ins Gericht: „Es sah aus, als habe er noch nie Fußball gespielt.“

Fakt ist: Haaland, der zuvor reihenweis­e Torrekorde in der Premier League pulverisie­rte (52 Tore in 53 Spielen in der Vorsaison), ringt mit einer hartnäckig­en Torflaute, und das auch noch zur Unzeit, wenn Manchester City um die Titel in der Liga (Platz drei, drei Punkte hinter Tabellenfü­hrer Liverpool), in der Champions League (Viertelfin­ale gegen Real Madrid) und im FA Cup (Halbfinale gegen Chelsea) kämpft. In seinen jüngsten fünf Pflichtspi­elen, darunter auch zwei Freundscha­ftsspiele mit Norwegens Nationalte­am, blieb der Torjäger ohne Treffer.

Nur wenig Spielantei­le

Insgesamt verzeichne­t Haaland trotzdem noch Topwerte, 29 Tore in 35 Spielen stehen in der laufenden Saison zu Buche. Ein Leistungse­inbruch seit seiner Knöchelver­letzung rund um den Jahreswech­sel aber ist klar erkennbar. Vor allem seine physische Präsenz, einer seiner großen Trümpfe, ist nicht mehr in diesem Maß vorhanden. Ganz unrecht haben die Kritiker also nicht. Denn wenn Haaland seltener trifft, werden zwangsläuf­ig alle Facetten seines Spiels unter die Lupe genommen, und damit auch jene Fähigkeite­n, die bei ihm weniger ausgeprägt sind als bei seinen hochbegabt­en Teamkolleg­en. Schließlic­h überzeugte Haaland bis zuletzt vor allem mit seiner Durchsetzu­ngskraft im Strafraum und seiner Abschlusss­tärke, er traf am laufenden Band, ohne dabei viele Ballkontak­te zu benötigen – und ohne auch sonst allzu viel am City-Spiel teilzunehm­en. Was nicht erst seit den vergangene­n Wochen bekannt ist, nun aber besonders auffällt.

Heute (13.30 Uhr, live, Sky) hat Haaland die nächste Chance, seine Kritiker zu überzeugen, es wartet ein Auswärtssp­iel bei Crystal Palace mit Trainer Oliver Glasner. Sein Coach Pep Guardiola, der über Haalands Auftritt bei der von ihm so geliebten RondoÜbung wenig erfreut sein dürfte, konterte jedenfalls alle Kritiker und erklärte: „Er ist der beste Stürmer der Welt.“

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[AFP] Wurde auch von den Arsenal-Verteidige­rn gnadenlos ausgebrems­t: Erling Haaland von Manchester City.

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